Wallenstein (German Edition)
Schweden.
Und?
Und? Vermöchte er, der beliebige Fürst, sich anzumaßen, sich in die Händel solcher Potentaten einzumischen und ihnen in den Weg zu treten.
Gewiß nicht, grunzte es von drüben.
Warum also wolle man es ihm verargen, wenn er seiner Wege gehen wolle.
Was, was wolle er mit seinem Heere.
Man lasse das doch mit seinem armseligen, unglückseligen Heerchen, es wäre ihm lieber, er hätte es nicht.
Also gebt mir euer Heer. –
Wieder wartete der Sachse, ob er mehr hörte. Zog sachte, ängstlich plärrend auf Torgau. Gustav Adolf hatte sich mit kleiner Kavalkade da eingefunden, er empfing schmunzelnd in seinem Quartier den alten betrübten Herrn. Der jammerte, dies sei der Dank dafür, daß er sich neutral habe halten wollen. – »Habt Ihr das wollen?« drohte mit einer sehr lauten Stimme der riesenhafte Schwede. »Nicht doch, nicht doch. Nur sozusagen, vor dem Kaiser. Wißt doch, was ich meine.« Ratlos winselte der betrübte Mann.
Gütig gab ihm der Schwede zu verstehen, es sei das beste, gerade Wege zu gehen; man könne nicht dem Kaiser dienen und der evangelischen Kirche Beschützer sein wollen. – »Er hat mich nie angegriffen.« Grob der Schwede: »Also rund: was hat der Herr vor?« Nach langem Drücken brachte der Sachse seinen Kummer heraus: ob Gustav schon vernommen habe, daß der Kaiser ihm Meißen, Naumburg, Merseburg abnehmen wolle auf Grund des Restitutionsedikts. – Kalt bejahte der Schwede. Die Finte stammte von seinen Unterhändlern. Traurig legte Johann Georg seinen Kopf auf den Tisch, weinte. Er saß rechts und links in der Klemme.
Man brachte Bier, um ihn zu besänftigen. Er schwur Stein und Bein, daß er treu zum Kaiser gestanden habe und dies nicht verdient habe. Vom Schweden und seinen zudringenden Begleitern wurde ihm auseinandergesetzt, daß Tilly nichts weiter vorhabe im Augenblick, als ihm die Stifter wegzunehmen. Lange zögerte Johann Georg. Man gab ihm viel zu trinken, um ihm den Entschluß zu erleichtern. Plötzlich stand er auf: Zum Schaden den Spott wolle er nicht tragen; er wolle später nicht mit Schimpf in der Geschichte seines Hauses genannt werden; man solle ihm noch einmal sagen, was der Kaiser von seinem Besitz fordere. Wortlos schüttelte darauf lange Minuten der Sachse den dicken Kopf unter der Pelzkappe, während er starr vor sich glotzte: »Es soll ihm nicht gelingen!« Den begleitenden Herren seines Hofes rief er zu, ob sie gehört hätten; ihr Vaterland sei in Gefahr; die evangelische Sache werde bedroht. Lebzelter brachte ihn zu Bett.
Am nächsten Morgen schloß er, den die Unruhe um seine Treue zum Kaiser und um seine Stifter die Nacht schlecht hatte schlafen lassen, mit dem Schweden einen Vertrag. Mit resignierten Blicken erklärte er seinen Räten: es sei dahin gekommen, daß er sein Haus gegen den Römischen Kaiser verteidigen müsse. Sie bestätigten es; Gustav Adolf hatte ihnen goldene Ketten und Geld geschenkt.
»Wie ein Mann wollen wir zusammenstehen«, sagte Johann Georg zum Schweden, als sie sich die Hände reichten. Rührungstränen vergoß der weiche Sachse, segnete beim Abschied den Schweden.
Der stand mit Oxenstirn, einem kümmerlichen Menschengestell, das ein Schädelmonstrum auf dem Hals vorsichtig balancierte, und dem hinkenden Grubbe, seinem Sekretär, hinter der abfahrenden sächsischen Karosse. Schaute die beiden abwechselnd an, perplex. »Ist es wahr oder ist es nicht wahr? Der Kursachse hat sich mir verschworen? Ist es wahr?« Und dann ins Haus steigend: »Ich hätte eher geglaubt, der Bayer verbündet sich mit mir als der Sachse. Was hat er denn für einen Vorteil davon?« »Aber Meißen, Naumburg, Merseburg! « »Mein Gott, Allmächtiger. Er fragt nicht einmal nach beim Kaiser, er glaubt es mir!« Grubbe grinste: »Eure Majestät wirken sehr überzeugend.« »Oxenstirn, was sagt Ihr dazu. Er glaubt das mit Meißen. Ist die Welt verrückt?« »Wir können ruhig sagen, Eure Majestät ist von Gott gesegnet. Ihr könnt füglich noch ganz andere Sachen sagen, man wird sie glauben.« »Da fährt er hin. Erlaubt, Herren, ich muß mich erst beruhigen.« Grubbe kraulte sich am Kinnbart: »Wenn man es recht ansieht: was bleibt dem Sachsen weiter übrig als Euch zu glauben. Wir hätten ihm die Insel Bornholm anbieten können; er hätte es glauben müssen.« Der Schwede staunte noch: »Um dreier Stifter willen fällt ein deutscher Kurfürst von seinem Kaiser ab und verrät ihn. Was für ein Reich.« »Längst reif, von schwedischen
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