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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Gideon, Mattathias; man berief sich auf die Apokalypse, sprach davon, er solle nach Rom gehen und die Stadt zerstören. Um die nürnbergischen Herren wogte der Schrecken, sie hörten demütig zu. Der schmerbäuchige Riese stand vor ihnen mit einem mächtigen schmucklosen Hut, unwiderstehlich sicher wie Lämmern blickte er ihnen ins Gesicht: was Bayern und die katholischen Erblande früher vermocht hätten! Wenn sich alles zusammentäte: Pommern, Mecklenburg, Ober- und Niedersachsen, die Pfalz, Franken, Schwaben, Reichs- und Hansastädte. Sie waren froh, entlassen zu werden.
    Und wie vor den ausruhenden Löwen immer neue Gesandte der deutschen verängstigten Stände zogen, bündnisbeladen, kontributionspflichtig abrückten, der Herzog von Celle, Bischof von Minden, Grafen von der Wetterau und vom Westerwald, Räte der Stadt Braunschweig, Ulm, Lübeck, Lüneburg, Bremen, der vertriebene Herzog von Mecklenburg, da nahm auch der schöne feine Friedrich von der Pfalz Abschied von den Hochmögenden im Haag. Der Stein sollte wieder auf einen Wagen gehoben werden. Die ganze Versammlung stand auf von den Bänken, als er an der Tür erschien, den buntfedrigen Hut zog, sein schlaffes leicht gedunsenes sehr ernstes Gesicht bot und den linken Arm schwenkend über sie mit strengen blauen Augen blickte, die wie Glocken läuteten. Nun gehe er glücklichen Zeiten entgegen, nickte schwer der greise Vorsitzende, der, den Hut auf dem Kopfe, sitzen blieb; sie freuten sich, seine Wirte, ihren Gast und Freund so nahe an der Erfüllung seiner Wünsche zu sehen; wer ausharre, werde gekrönt. Friedrich bewegte stumm die Lippen. Er war mit den Gedanken nicht anwesend, nickte nur; hörte, daß man ihm eine Ehrengabe von fünfzehntausend Talern zudachte. Niederländische Reiter nahmen ihn, die englische jubeljauchzende Elisabeth und den Hof in ihre Mitte; bis in das wintervergrabene Hessen gaben sie das Geleit. Das war Hessen, das war Frankfurt, das war Mainz. Die Karossen fuhren hinter den Trompetern in die Stadt. Vor der fahnenschwingenden teppichbehängten Martinsburg, zwischen den Ruinen der Häuser, wimmelnden Schweden und Finnen, auf einem gepanzerten Pferd der ungeheure, Gelächter abprotzende Gustav Adolf. Schnee fiel über ihre Schultern. Am Arm der schwedischen königlichen Würde kletterte die aufblühende üppige Engländerin in den weiten Speisesaal, auf dessen Kredenzen der Raub deutscher Landschaften prunkte. Hinterher schleifte verschwiegen und wehrlosen Blicks der schlanke Winterkönig, die gehobenen Finger einer mageren langen Frau berührend, hektische Wangen, purpurner schwerer Brokat, die von Minute zu Minute vor Hysterie schrie, das Weib des Fremden.
    Ein leichter Schwindel befiel den Pfälzer bei Tisch, als der Fremde ihn »Majestät« nannte. Woran wurde er erinnert; man reichte Waschbecken und Handtuch, der Fremde wollte sich erst nach ihm waschen, der König aus Schweden: warum tat er das? Man wollte ihn mit Kunst lebendig machen. Maskenball. Pechfackeln auf vier Ecksäulen in allen Sälen; Halbdunkel in der Flucht der geöffneten Säle. Geigenmusik von bischöflichen Kapellen, Trompetenbläser, Hatschiere. Der König tanzte im russischen Kleid plumpe Nationaltänze; sein Kaftan aus Goldstoff, sein Kopf unter der weißen eiförmigen Mütze versank im hohen Zobelkragen, die Füße traten und stampften in stumpfen roten Schuhen, vorn mit Perlen besetzt; die Arme warf er nach rechts und links, sie steckten in röhrenförmigen weiten Ärmeln. Die pfälzische Dame sprang als türkischer Krieger daneben, wies ihre dicken Beine in schwarzsamtenen Strümpfen, geschlitzten Schuhen; bis auf die Knie fiel ihr weitfaltiger violettgeblümter Rock; der grüne Turban schlang sich um die Ohren; man sah die blonden Haare nicht, nur das sprühende glührote volle Gesicht. Unkostümiert mattäugig der Pfälzer, trinkend in einem dunklen Erker, allein einen Tisch rundum umfassend. Der kleine spitze Rusdorf trat grüßend an. »Rusdorf! Was willst du, Rusdorf? Tanz mit, Rusdorf!« »Ich bin nicht geladen, Kurfürstliche Gnaden.« »Ksss-s, tanz! Der König ist auch nicht geladen, er tanzt auch.« »Der König? Der König ist Wirt.« »Laß mich in Ruhe. Er ist nicht geladen.« Rusdorf hielt seinen Herrn für betrunken, suchte ihm über den Tisch ins Gesicht zu sehen. »Ihr hetzt mich, Ihr hetzt mich, Ihr laßt mir keine Ruhe.« »Der Herr Kurfürst ist so allein, ich rufe die durchlauchtige Frau.« »Ich sag’s dir laut: ich lebe und

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