Wallenstein (German Edition)
sterbe als der ich bin. Das hättest du hier mir nicht zeigen sollen, dazu hättest du mich nicht holen sollen, daran hab’ ich kein Teil.« Leise Rusdorf: »Dann blieb Euch nichts als Euch dem Kaiser zu unterwerfen.« »Hätt’ es sollen. Ihr habt es mir nicht geraten.« »Der König!« flüsterte Rusdorf; die Schwedenmajestäten näherten sich. Friedrich trank, trank, stöhnte; seine Augen begannen zu glitzern.
NICHT EINMAL, als die erschütternden Nachrichten aus dem Westen kamen, konnten sich die Wiener Räte zu der Wiederberufung des Friedländers verstehen. Man nahm zu der Schreckensnachricht von Mainz die Botschaft hin, daß sich der Trierer Philipp Sötern unter den Schutz des Franzosenkönigs gestellt, die Festungen Koblenz und Ehrenbreitstein aus Entsetzen vor dem Schweden den Franzosen übergeben hatte. Eine tief beschämende Kunde lief ein aus Köln; dorthin hatten sich die Fürstbischöfe von Mainz Würzburg Osnabrück Worms geflüchtet; sie versicherten durch den Mund des Kölners Ferdinand, in kaiserlicher Devotion zu verharren. Aber der Kaiser sei weit, ihre Lande, die Kirche, ihr eigenes Leben in furchtbarster Gefahr; sie hätten, ohne die kaiserliche Zustimmung abwarten zu können, sich entschlossen, den Allerchristlichsten König Ludwig um Hilfe anzugehen. Ihre Vertreter seien nach Paris unterwegs.
»Was kann uns noch geschehen?« fragte Trautmannsdorf, »wir sind in Deutschland ein wurmstichiger Apfel; Habsburg ist faul, der Schwede ist der Wurm und der Franzose ist der Wurm. Hilft nur schneiden.« »Was bleibt von dem Apfel übrig.« »Es wird uns bald nichts übrigbleiben, mein lieber Freund Eggenberg, als der Schwedentrunk oder ein schmerzloser Schwertschlag durchs Genick von unserem alten Gönner Wallenstein.« »Ich weiß, daß Ihr den Friedländer wollt, und der Kaiser ist nicht abgeneigt. Und wie lange dauert es, bittet der bayrische Maximilian ihn wieder zu bestallen. Wir werden ihn holen müssen. Es ist kein Gut daran, Trautmannsdorf.« »Nun dacht’ ich, mein liebwerter Freund sei von seiner Abneigung durch das Breitenfelder Treffen befreit.« »Der Friedländer ist stark wie der Teufel; ich hab’ es von Anbeginn gewußt. Wir hätten gewiß den Schweden nicht gehabt, wir hätten aber ein anderes Unheil gehabt. Wer weiß, ob der Kaiser noch in Wien säße, ob Ihr und ich uns über Reichsangelegenheiten unterhalten könnten.« Der Graf lachte: »Wär’ es ein Schade? Ihr meint, der Friedländer säße dann hier. Ihr wißt, ich konnte mich auch nicht dafür begeistern. Aber ich meine: ist es angenehm, den Schwedentrunk hier zu schlucken? Angenehmer als sich vom Friedland den Kopf schmerzlos abschlagen zu lassen?«
Es blieb Rettung bei Spanien und dem Papst zu suchen. Spanien war zu jeder Leistung bereit. Zum Papst Urban reiste aus Preßburg Pázmány, der Erzbischof von Gran, die Leuchte des Glaubens. Liebevoll hatte Ferdinand seinen alten Ratgeber Eggenberg empfangen, hatte angehört, was er unternehmen wollte, den Brief gelesen, den er für den Heiligen Vater entworfen hatte. »Wir werden verlassen von denen, deren Sache mit der unsrigen gleich sein sollte. Und nicht bloß das: der König, der den Namen ›der Allerchristlichste‹ führt, gibt dem Schweden Geld und andere Mittel, uns zu bekriegen. Es betrifft nicht nur uns, sondern den Bestand der Kirche und damit Eurer Heiligkeit. Zu Eurer Heiligkeit strecken die Angehörigen der Kirche in Deutschland um Hilfe flehend die Hände empor. Wir bitten, daß Eure Heiligkeit den Allerchristlichsten König abmahne von dem schwedischen Bündnis, das er geschlossen hat wider den Regensburger Vertrag, und ihn auffordere, gegen den Zerstörer der Kirche an unsere Seite zu treten.«
»Wie könnt Ihr schöne Briefe schreiben, Eggenberg. Schön stilisieren! Schlau setzen. Welcher Advokat ist an Euch verlorengegangen.« »Unsere Not ist groß, gnädigster Herr, sie ist ungeheuerlich, kaum aussprechbar. Das Reich war noch nie in solcher Gefahr.« »Und ist es nicht recht beschämend für uns, dem Heiligen Vater solchen Brief zu schreiben.« »Nur eins bitte ich Eure Kaiserliche Majestät: mir diesmal willfahren zu wollen.« »Warum so ernst, Eggenberg; will Euch ja gern willfahren.« Und als Eggenberg ihm nur stumm die Feder hinhielt: »Sieh da, wie Ihr zittert!« Steif hielt Eggenberg die Feder, wortlos schrieb Ferdinand nach einer Weile.
Und lautlos, als er unterschrieben hatte, stand Ferdinand, wie von einer Eingebung berührt, von seinem
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