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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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kleinen schon ängstlichen Arzt noch unsicherer vor dem Herzog machten und daß er beim Beginn mit dem geistlichen Sermon ein heftiges Gelächter seines Patienten auslöste.
    Sie brandeten vor den Mann, den sie für den kompetentesten hielten, den Präsidenten des Kriegsrates, Collaltos Nachfolger, den plumpen Schlick. Der wie ein Stier gläubig fragend sie anblickte. Er stimmte ihnen bei, es kam kein Leben in ihn. Was er tun sollte; der Herzog werde Gründe angeben. – Er muß herbeigezogen werden, es muß jemand ins Lager. – Schmerzlich runzelte sich die Stirn des Mannes in breite Querfalten: ihn herbeiziehen; es konnte sein, daß er käme – mit der gesamten Armee; sie durchschauten die Verhältnisse nicht. – Sie drangen tiefer in ihn; er wies sie reglos an den Abt von Kremsmünster und Breuner, die Finanzkammer. Die sagten ihnen vieles. Und mit dieser Beute zogen sie knirschend raschelnd ab, planend, sich betäubend, aufstachelnd, begierig nicht nachzugeben, von neuem ausschwärmend, fielen über die Herren des zivilen Hofstaates. Die wollten sich nicht einreden lassen, daß sich der Herzog gegen Wien selbst wende, wichen von den Vätern, die ihnen folgten. An die Herren des Geheimen Rates wagten sich die Jesuiten nicht. Eisiges Schweigen um die Herren. Ein paar böse Worte warf Fürst Eggenberg hin; er werde sich von den Vätern nicht das Heft aus der Hand winden lassen.
    Ein Schauern ging durch die kontinentalen Hauptstädte, als der Herzog unbeweglich der sächsischen Armee gegenüberlag. Der Herzog hatte den Kampf aufgenommen. Der letzte Akt des Stückes hatte begonnen.

    IN GANZ loser Fühlung mit dem kaiserlichen Hofe hatte der Friedländer den Feinden einen förmlichen Friedensvorschlag zugehen lassen. Er werde verhandeln, hatte er nach Wien melden lassen, nicht was wie warum. Auf diese erschütternde Selbständigkeit war niemand vorbereitet. Im Kirchlein zu Heidersdorf Arnim begegnend, enthüllte Wallenstein: die Feindseligkeiten zwischen kursächsischem und kaiserlichem Heer sollen aufhören; beide werden vereint die Waffen gegen den richten, der sich unterfange, das Reich weiter zu stören und die Religionsfreiheit zu hemmen. Sie saßen mit Trzka auf der vordersten Kirchenbank nebeneinander; Arnim machte Notizen auf seiner Schreibtafel. »Der Herr Bruder sieht das Heer, das ich aus Prag mitgebracht habe, und das des Feldmarschalls Gallas. Er weiß, wie es Sachsen im vorigen Jahr ergangen ist. Ich kann ihn heute und morgen zerschlagen. Er kennt, da er mein Freund ist, meine Meinung; daß ich zum Frieden kommen will. Der Kaiser läßt sich von Pfaffen anführen.« Noch einmal: sich zusammenwerfen, rasch und ohne Lärm; jeden fesseln, der Friedensverhandlungen widerstrebe. Im Gespräch rührte Arnim mit keinem Wort an Friedlands Stellung zum Kaiser. »Ich habe keine Lust«, sagte der Herzog, mit steifem Kreuz am veilchenbestellten Marienaltar entlangschleichend, »nur einen Heller und einen Soldaten noch für fremde Interessen zu opfern. Sagt der Kurfürstlichen Durchlaucht in Sachsen und in Brandenburg: meine Vollmacht ist ausreichend groß, ich tue kein Unrecht; ich habe gewußt, was ich festsetzte, als ich mein Kommando übernahm.« Später wagte der Herzog einen Vergleich mit dem Bernhard von Weimar: »Seit ich Reichsfürst bin und vor dem Römischen Kaiser mich bedecke, bin ich selbstherrlich. Ich stehe dem Reich bei, nicht mehr und nicht weniger als meinen Absichten entspricht. Zwischen mir, Bernhard und dem Bayern, der dem König in Schweden Neutralität angeboten hat, ist kein Unterschied; Hundsfott, wer mir das bestreitet.« Auf diesen Punkt, erklärte Arnim, wolle er nicht eingehen.
    Bei der Tafel an diesem Tage, zu der Arnim und der Oberst Duwall zugezogen waren, verfolgte Wallenstein noch zäh diesen Gedanken. Sowohl der schwedische Oberst wie Arnim hatten, soweit sie bei der schallenden Trompetenmusik verstehen konnten, den Eindruck, daß sich der Herzog festbiß in seiner Wut auf den kaiserlichen Hof. Während die anderen den Luxus des herzoglichen Tisches speisten, saß der Herzog selbst hinter gerösteten Semmeln, bröckelte daran, schluckte mit angewiderter Miene einen Brunnen, den man ihm eingoß. Er bohrte an dem schwachen Punkt der kaiserlichen Politik, den habsburgischen Hausmachtinteressen; das Reich sei verfehlt konstruiert, werde darum verfehlt regiert. Man solle offen sagen, ob man ihn mit dem Titel eines Reichsfürsten zum besten habe. Er werde wie ein Löwe um seine Rechte

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