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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ihn zu hören, denn auch er hielte zu ihrer heilsamen Lehre. – Ja, kam aus dem schweren Block, die Gewalt entstehe überall niedrig; man müsse sich an das Bessere anlehnen überall, um sich zu rechtfertigen. – Abbrechend begann der trinkende Herzog, der sich ganz beruhigt hatte, auch die verlegene Isabella zum Tanzen hinausschickte, von Bernhard von Weimar zu sprechen, der nach dem dänischen Krieg beim Kaiser wieder anklopfte, ein tapferer junger Fürst, und jetzt hinge er am Oxenstirn. Es sei leicht, von Verrat zu sprechen. Schlick möchte am Hof dafür sorgen, daß man Leute nicht zur Verzweiflung treibe durch starrsinniges Behaupten von Gehässigkeiten. – Was der Herr Bruder meine. – Das Aufflackern der religiösen Politik. Man müsse die Protestierenden anerkennen im Reich. – Er hätte davon gehört. – Man müsse nicht alte Dinge aufrühren. – Verbrechen verjähren nicht. – Damit komme man nicht vorwärts. Sie hätten einen kaiserlichen und keinen katholischen Krieg zu führen. Sollen die Jesuiten den Sack selber tragen, statt einen Esel treiben zu wollen. Und als Schlick nicht antwortete, rückte Wallenstein lippenbeißend von ihm ab: die Lügen der Federfuchser; ob Schweden nicht mehr vorhanden sei, Frankreich nicht abseits warte. – Schlick lächelte zum erstenmal: der Herr Bruder möge die Jesuiten wohl nicht recht. – Friedland kaute an seinem Schnurrbart. – Stumpf blickte der graue Mensch vor sich: jedenfalls werde, den Bernhard anlangend, ein Reichsfürst wissen, was Verrat sei.
    Friedland schob, die Stöcke gegen die Tischkante fallen lassend, die Arme an seinem Säbel nach vorn: nun, auch er sei Reichsfürst. Er habe ehrlich und legitim die Gewalt vom Kaiser erhalten, vertrete, wie man ihm ja nachschreie, die Monarchie und habe in Regensburg verspürt, was die Reichsfürsten könnten. Am eigenen Leibe habe er ihre, ihre Kraft verspürt. Und so singe er mit aller Ehrerbietung auch dies Lied: es möchte ihm keiner zu nahe treten und seine Reichsfürstenschaft für nichts achten; es sei begründet: das Reich ist nichts ohne den Kaiser, aber auch nichts ohne die Fürsten. – Als Wallenstein nach langer Pause nichts zufügte, sagte Schlick, der Herzog habe in der Tat früher anders gesprochen; er wünsche ihm, daß er sein Herzogtum Mecklenburg bald von den Schweden erobere. – Dieses oder ein anderes werde ihm durch kaiserliche Gnade zufallen; er dränge auf den Frieden, nichts, nichts sei wichtiger. Sie wollten gemeinsam daran denken, dem lieben Frieden näher zu kommen.
    Die Herzogin und ihre Schwester schlüpften, von Trzka geführt, heran, hatten noch Gesichtsmasken vor, kicherten von den Späßen im Saal. Der Herzog griff nach einem Stock, schrie im ersten Augenblick: »Fort mit euch!«
    Finster saß er nach Schlicks Abgang neben Isabella: »Sie zahlen es mir heim. Feinde, Feinde, immer mehr Feinde. Und so soll ich zum Ende kommen.« Im Gefühl der Schwäche senkte er den Kopf, blinzelte: »Du hältst mich für böse, Isabella. Ich sehe es dir an. Ich habe Schlimmes in meinem Leben getan. Gott wird viel Gnade an mir üben müssen. Ich will meine Bosheit jetzt eine gute Zeit fahren lassen und den Frieden für die gequälte Welt befördern.«
    Er ließ das Frühjahr anbrechen, den April vergehen, ohne sich aus Böhmen zu rühren. Es hieß, daß er seine Geldgeber und sich selbst bis zum Letzten erschöpfe. Man wußte, daß die Börsen erzählten, so könnten die Rüstungen nicht lange fortgehen; alles dränge auf den Ruin des Reiches; der Herzog werde versuchen, einen entscheidenden Schlag zu tun und dem Krieg eine entscheidende Wendung zu geben, weil er die Verhältnisse überblicke und weil besonders das Haus Habsburg vor dem nahen Bankrott stehe; er werde sich dann mit seiner gebietenden Macht als Reichsfürst und finanzielles Oberhaupt des Kontinents zurückziehen, so oder so. Dies war bekannt von ihm wie von seinen Freunden Michna und de Witte und den hinter ihnen stehenden mächtigen Geldhäusern, die gedachten, dem Krieg den Faden abzuschneiden durch Verweigerung der Kredite. Der Druck, den diese Finanzleute mit den befreundeten Börsen ausübten, sollte die Friedensneigung zum Durchbruch bringen; in ungeheurer Spannung sahen die Informierten den Dingen des Jahres entgegen; es hieß allgemein, die Würfel würden fallen. Und die Spannung wuchs um so mehr, als die Jesuitenpartei am Hofe ihren Einfluß täglich vermehrte, mit ihrem Drang, dem alleinseligmachenden Glauben zum

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