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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Maulesel. Um die Seele des Kaisers mühten sich neben dem Beichtvater der Pater Johann Weingartner, der Hofkaplan Paul Knorr von Rosenrot. Eine starke Hofkapelle erfreute ihn mit Musik, Johann Valentini war ihr Kapellmeister; es sangen für ihn berühmte Sänger; Peter de Naghera sang Alt, Diskant Luca Salvatori, Graf Ossasco. Seinen Leib hatte er großen Ärzten anheimgegeben, Managetta war Doktor der vier Fakultäten, dazu Mingonius, Mahlgießer, Johann Junker.
    Während er noch schlief, traten am grauen Morgen mächtige Herren seiner Regierung aus ihren Schlafkammern, nahe der Burg, am Petersplatz, bei Sankt Michael, am Bischofshof. Langsame Reitrosse, knirschende Karossen, Roßbahren trugen sie aus der wenig klappernden Stadt zusammen gegen die Burg vor ein zurücktretendes Haus, hochgieblig mit Fachwerk, vielfenstrig, mit geschwungener Gesimsverzierung. Um das Haus lief eine Vorhalle, von bunten eckigen Holzsäulen getragen. Weit schwang darunter der Torbogen mit fürstlichem Wappenschild, öffnete das Dunkel zur Stiege: das Haus Eggenbergs. Dann standen lange die Sänften und Karossen vorhangwehend auf dem regenweichen Platz, die Pferde nickten mit ihren Puscheln, schüttelten die Klingeln an ihren geflochtenen Mähnen, wetzten die Hufe, während der Regen über sie floß.
    In der trüben Ritterstube lag Eggenberg auf dem Faulbett, das schräg gegen die Mitte des Raumes gedreht war; er lag im dicken Schlafrock darauf, rotwangig, lebendig, mit schalkhaften Augen, hatte eine blaue Seidenmütze bis über die Ohren gezogen und begrüßte jeden Herrn mit beiden Händen. Sie schoben sich um den schlankfüßigen Eckofen, unter den Holzsims und seine Geweihe und Pokale, an die Fensterbank, beklopften erregt im Gespräch die runden Butzenscheiben.
    Dröhnend fuhr nach einigen ruhigen Äußerungen Eggenbergs der untersetzte bärbeißerische Questenberg heraus: »Stehen wir hier nach dem unerhörtesten Sieg der Geschichte? Das heißt den Siegespreis aus der Hand geben. Das heißt: nicht Habsburg hat gesiegt, sondern Wittelsbach. Und nicht Wittelsbach, sondern England, Dänemark, die Protestanten, denen wir billigen Kriegsgrund geben und die wir gegen uns vereinen.« Wilde Beschuldigungen warf er gegen Trautmannsdorf, der still, klein, verwachsen, als wenn er nicht dazu gehörte, auf der Fensterbank saß, daß dieser Graf und Beauftragte des hohen Rats und der Kammer dabei war, als jene unseligen Beeinflussungen des Kaisers durch den Bayern stattfanden, ohne daß er sich gemüßigt gefühlt hätte, den hohen Rat wenigstens nachträglich zu informieren. Begütigend meinte Eggenberg, dies sei wohl nicht möglich gewesen, wegen der sehr geheimen Natur der Besprechungen; hätte doch Questenberg selbst, sein lieber Gast, bei vielen Gesprächen mit Herrn Doktor Jesaias Leuker nicht vermocht, etwas Sonderliches aus ihm herauszuziehen. Der verwachsene kleine Mann sah nicht auf; er danke Herrn von Questenberg für den Hinweis, er hätte manches vermutet, wie der ehrwürdige Abt Anton auch; doch beteure er, auf der Krönungsreise oft mit der Römischen Majestät gesprochen und sie nach Vermögen beeinflußt und beraten zu haben; insbesondere sei der Erbschaft des Pfälzers gedacht worden und daß in München nicht Endgültiges vorgenommen werden sollte. Ferdinand sei nach der Krönung im Rausch gewesen, sein Glück, seine Gehobenheit hätte die ganze Reise bis München gedauert, mit Entzücken hätte er das deutsche Land gesehen, hätte mit vielen ehrenwerten Deputationen Abgeordneten Ständen verkehrt; einen wahrhaften Kaiser, Mehrer des Reichs hätten sie alle in ihm erblickt. Aus Dankbarkeit hätte es ihn zuletzt zu seinem hohen Schwager Maximilian gedrängt. Und dann – Trautmannsdorf sah die nachdenklichen Herren mit seinen großen samtbraunen Augen an. Sie schwiegen. Der graziöse zarte Harrach schüttelte sich entsetzt: »Wittelsbach steht wieder auf.«
    Als wenn er mit sich spräche, schloß Trautmannsdorf die ruhigen Augen: »So bliebe nur zu bedenken, ob man jene auch mir bis jetzt verborgene Maßnahme des Kaisers als einen Regierungsakt aufzufassen gewillt ist.« Hans Ulrich Eggenberg schob sich die Mütze hoch, er traute seinen Ohren nicht. »Wir können dem hohen Rat«, fuhr der Verwachsene im schwarzen Seidenwams fort, »nicht anders helfen, als indem wir auf eine gute Weise jene Maßnahme annullieren. Es läßt sich anscheinend nicht leugnen, daß die Maßnahme unliebsam, ja gefährlich ist. Alsdann wollen wir weiter

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