Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
einigen italienischen Oberinnen solcher Klöster, deren Frömmigkeit einen überwältigenden Eindruck auf sie gemacht hatte bei einer Reise nach der Heiligen Stadt. Die Dame wußte jetzt nichts Wichtigeres, als den beiden andern Damen ihres Komitees das unglaubliche glückliche Geschehen zu berichten, das aus dem Büchlein sich ergab, welches ihr auf so merkwürdige Weise zugestellt war. Auch die hohen ihr wohlwollenden Würdenträger des Hofes wollte sie aufsuchen, lebendig und erregt wie sie war, ihnen danken und Glück wünschen für diesen großen Erfolg und sich mit ihnen aus voller Seele freuen über diesen Gewinn für die heilige Kirche. Denn nichts andres ließen diese einfachen, vielleicht indiskret veröffentlichten Briefe erkennen: man hatte am Kaiserhof einen großen katholischen Entschluß gefaßt, folgerichtig wie das Vorgehen gegen die gottlosen und aufrührerischen Böhmen: man wollte das katholische Deutschland um eine große Zahl abgefallener verführter Seelen bereichern, mit der Fürsorge des Landesvaters unlöslich und energisch die Sorge um das Seelenheil verbinden. Die calvinischen Landesteile des Majestätsverbrechers Friedrich von der Pfalz sollten in katholische Hände kommen, in die allersichersten kurfürstlichen Hände, die des bayrischen Maximilian. Wer, der selbst Ferdinands edle religiöse Gesinnung kannte, hätte dieses von ihm erwartet, das ihn in die Reihe der gottseligsten Herrscher stellte.
    In der schwülen Wärme des Nachmittags fuhr die von Muschingen mit ihrer Kutsche bei der Reichsgräfin Auguste von Abensberg-Traun vor, die Kutsche der Dame schloß sich ihr an; alsdann bei der Gräfin Kollonitsch. Die drei alten Damen stiegen am Kienmarkt aus, dort lagen Bretter vor einem Haus; von ihren Kammerfrauen geführt, rauschten sie seidig, tiefverschleiert in den Flur, der sehr breit, niedrig, aber ganz leer war. Und so auch die Treppen Stiegen Höfe Dielen Säle; es war das verlassene Haus des Hans von der Seligstadt, welcher als Magister der sieben freien Künste hier gehaust hatte; sieben Bücher waren auf das Hausschild gemalt. Hier sollte den Karmeliterinnen ein Heim bereitet werden. In der Stube, wo den Damen Sessel bereitgestellt waren, konnten sie ihr überschwellendes Herz nicht bezähmen; der Raum wurde zum Zeugen der hohen Freude der Damen, welche sich gegenseitig zum Weinen rührten. Man hatte noch das Glück, den galanten alten Grafen Harrach, dessen erkrankte Gemahlin an dem Werke für die Nonnen teilnahm, zu erwarten. Und wie er kam, wurde er von Freudenausbrüchen überschüttet und konnte in seiner frischen vergnügten Art dankend lange nicht zu der Ursache dieser Freude vordringen. Dann wurde er verlegen, einsilbig, bat um das Büchlein, mußte rasch zu seiner Gemahlin, deren Zustand ihn nicht befriedigte. Er suchte abends noch den Fürsten Eggenberg auf, der gerade ausgefahren war, um ihn zu besuchen; es stellte sich bei der Begegnung auf dem Hohen Graben heraus, daß die Gräfin Muschingen schon bei ihm gewesen war, um auch ihm Glück zu wünschen. Als noch bei der gemeinsamen Fahrt zum Abt von Kremsmünster sich ergab, daß die Dame auch hier gewesen war, dankend und jubelnd, schrieb ihr Harrach einen Zettel, sie möchte Verschwiegenheit über die besprochene wichtige Sache bewahren, er bäte sie darum aus einem bestimmten Grund, steckte aber den Zettel auf das Lächeln der Herren resigniert zu sich.
    Der Inhalt des Büchleins war nicht mißverständlich. Es enthielt unter dem Namen »Spanische Kanzlei« eine kleine Anzahl von Briefen aus der Hand des Kaisers, des Bayernherzogs, eines Kapuziners, der als Unterhändler agierte, als Anhang eine summarische Aufstellung der aus dem Briefwechsel hervorgehenden Beschlüsse und Tatsachen. Die Briefe waren nach Datierung Stilfeinheiten Intimitäten zweifellos echt. Die pfälzische Kur war mündlich dem Bayern zugesagt, über einen Teil der kurpfälzischen Länder war anscheinend in bindender Weise verfügt zugunsten des Herzogs. Weder Kammer noch Kurfürstenkolleg war gefragt. Man mußte sich morgen in der Frühe zu einer Besprechung zusammenfinden.

    ES KAM nicht zu dieser Besprechung. Als sie zu Hause eintrafen, fanden sie kaiserliche Hatschiere vor, welche Einladungen zu einer morgen stattfindenden Beratung in der Burg überbrachten. Ferdinand wußte nichts von dem kursierenden Büchlein; eine Unruhe und plötzlicher Entschluß waren die Veranlassung zur Anberaumung der Sitzung. Jetzt mußte Digby in München schon

Weitere Kostenlose Bücher