Wallenstein (German Edition)
Sache ja so gut. Euer Wagen fährt so rasch, wie Ihr nur wünschen könnt.«
Das bestätigte der kleine Rat mit kurzem Nicken.
Leuker setzte sich, sah die Herren an; er war vor Angst völlig perplex, hätte am liebsten die Herren um irgendeinen Rat gefragt.
»In zwei drei Monaten hat Euer Herzog den pfälzischen Kurhut; die Wittelsbacher in München haben die in Heidelberg geschlagen. Es kommt nur darauf an, die Kurfürsten zur Zustimmung zu bringen. Ich habe weiter nichts gesagt – vor allen Ohren, hört es –: die Sache ist, was den Kaiser anlangt, entschieden, nämlich für München. Ich hab’ es laut gesagt, damit im Reich niemand daran zweifelt, daß wir uns hier gebunden erachten. Und ich hab’ es weiter darum gegen jedermann offenbart, damit es nicht heißt, wir handeln im dunkeln. Die andern lesen heraus, daß wir gerecht sein wollen; Ihr müßt erkennen, daß auch für Euch diese Meinung von Wert ist. Öffentlicher Deputationstag, öffentliche vorherige Erklärung. Es kommt uns auf Gerechtigkeit an.«
Beruhigt und doch beunruhigt hakte Leuker ein, der sich tief atmend im Stuhl zurücklehnte, was das heißen solle, Gerechtigkeit, was er damit gesagt haben wolle; er rieb sein krankes Bein, das ihm plötzlich wieder einfiel: »Nicht doch, Gerechtigkeit, laßt das Wort. Der Schein der Gerechtigkeit, wollen wir so sagen. Wir kommen ohne den Schein nicht aus. Ihr auch nicht.«
Die beiden schwiegen undurchdringlich.
Mit entschlossenem würdevollem Brustton entgegnete der Bayer: »Uns liegt durchaus an der Gerechtigkeit. Wir scheuen sie nicht. Wir wollen nur nicht gar zu spitzfindiges Eingehen auf juristische Kompliziertheiten; man kommt damit nicht weiter. Die Realitäten müssen durchdringen, Anerkennung finden.«
»So und nicht anders verstehe ich Gerechtigkeit«, bestätigte der Abt.
Bevor Leuker ging, befriedigt und doch mißtrauisch, ein Duplikat der heutigen Kammermitteilung in der Hand, unklar zweifelnd, sagte er noch einmal halb fragend, es stände also alles gut.
»Für wen?« meinte Trautmannsdorf.
»Ich meine«, verbesserte sich der an der Tür, »es lag ein Mißverständnis vor.«
»Von wem?« schüttelte ernst Trautmannsdorf den Kopf.
Anton schüttelte dem Bayer die Hand: »Ihr werdet, besonders lieber Herr, vornehmlich wenn Ihr die Sache nachher in Ruhe überlegt, zugeben, daß Euch nichts Übles widerfahren ist von mir.«
Dann saßen Anton und Trautmannsdorf sich allein gegenüber, und Trautmannsdorf blickte den Abt an.
Der hatte auf der Truhe plötzlich einen ernsten Ausdruck, als wenn er eine Maske ablegte, einen verdrossenen harten Blick; winkte ab, bevor der Kleine die Stimme erhob.
»Ihr gesteht, Trautmannsdorf, nachdem Ihr zu meiner Freude dies mit angehört habt, daß ich nicht zu weit gegangen bin. Ließ ich es gehen, wie Leuker und sein Herr es wollten, so wären wir Knechte und Schürzenträger der Bayern. Sie glauben, wir seien dazu verpflichtet. Das ist zu viel, überschreitet das Maß. Was wir geben, muß geachtet werden. Forderungen an die Römische Majestät dulde ich nicht.«
Still der Kleine: »Ihr sprecht aus meiner Meinung.«
»Schließlich kann ich, und ich weiß, kann der Kaiser und der Erzherzog nicht die Verantwortung für das Folgende übernehmen. Mag sie der Bayer selbst tragen. Wir nehmen sie ihm nicht ab. Niemals. Wir haben keinen Grund dafür, gegen ihn milde zu sein. Denkt an, Herr, ich will es Euch nicht verhehlen, ich habe ihn nach Rücksprache mit Eggenberg anfragen lassen sub rosa, wodurch und wie sich die Römische Majestät von ihm freikaufen könnte, von ihren Pfälzer Verbindlichkeiten. Ich habe den Erzherzog nichts davon wissen lassen. Ich wollte einen runden Betrag. Den hat er genannt.«
»So sprecht doch, Ehrwürden.«
»Das Herz kann es mir zerreißen. Ich bin ein Christ, Katholik, und dazu bin ich geweihter Priester. Mir steht kein Haß oder Abscheu gegen Menschen zu. Schon gewiß nicht gegen einen andern, der Christ, Katholik ist und – ein Verwandter unseres Herrn. Aber die Wut zerreißt mir die Eingeweide, wenn ich es bedenke. Noch nie ist dieser getreue gerade Kaiser so geschmäht und infernalisch gehöhnt als durch diese Antwort.«
»Ein unerschwinglicher Betrag. Und Ihr?«
»Dreizehn Millionen Gulden. Hört, denkt«, der Abt fast schreiend, dann erschreckt hinter sich blickend, mit heftiger Flüsterstimme und Gesten auf den Grafen eindringend, der im Nachdenken die Augen schloß, »dreizehn Millionen Gulden. Man muß es sich
Weitere Kostenlose Bücher