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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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gelehrte, sehr gelehrte würdige Mann, hat mir auf fünf Folioseiten seinen Standpunkt in dieser Sache entwickelt.«
    »Ich verstehe, Ehrwürden.«
    »Ich glaub’ nicht, Herr Trautmannsdorf. Dann hat erneut ein gewisser Pfalzgraf von Neuburg – Ihr erinnert Euch der Skandalaffäre – seinen Kammerdiener mit Gründen, schriftlich niedergelegten, mündlich zu diskutierenden Gründen in mein Haus geschickt. Wie es dann noch mit Herrn Oñate, diesem trefflichen Mann des spanischen Königs, in dieser Sache enden wird, läßt sich nicht absehen; ich habe Vorkehrungen getroffen, daß er mich nicht allein spricht und daß mich rechtzeitig zwei oder drei Musketiere schützen können gegen ihn.«
    »Ich verstehe, Ehrwürden. Ist nicht bequem, die pfälzische Angelegenheit zu bearbeiten.«
    Abt Anton seufzte: »Wißt, Herr, ich gebe nach. Gewiß. Ich gebe nach. Einmal muß es geschehen. Wozu das Sträuben!«
    Da lachte Trautmannsdorf heftig: »Tut es, Ehrwürden. Es fiel mir schon vorhin ein. Der Kammerdiener des Pfalzgrafen von Neuburg soll nicht unverrichteter Dinge heimkehren; sagt zu.«
    »Von ihm ist nicht die Rede. Er hat Gründe, ich kann sie Euch im Moment nicht entwickeln; es sind jedenfalls so viele, daß sie ein besonderes Fach in meinem Schranke füllen.«
    »Nun?« lachte spitzbübisch der kleine Herr, als er sah, daß der Abt behaglicher wurde.
    »Wahrhaft, ein volles großes Fach; Ihr könnt es besehen, bevor Ihr geht; ich zeig’ es jedem unserer Freunde, die mich besuchen und in diesen Angelegenheiten befaßt sind. Staunen alle; sind alle erschlagen von der Fülle dieser Argumente.«
    »So gebt ihm recht und Ihr habt Ruhe. Laßt das Gericht beschließen.«
    »Was seid Ihr für ein loser Vogel, mein Trautmannsdorf.«
    »So habt Ihr die Sache vom Hals.«
    »Wo bleiben wir, wenn wir jedem wie ein Salomo recht geben wollten. Sie disputierten mir den Stuhl unter den Beinen weg, auf dem ich sitze; von Gründen würde mir die Kappe weggeblasen werden. Recht, Recht ist nur eine Begleiterscheinung.«
    Trautmannsdorf rieb sich vergnügt die Hände: »Wenn es so ist, so würde ich in der Lage von Ehrwürden gar nicht, aber gar nicht nach Gründen fragen und mein Gehirn strapazieren lassen, meine Schränke vollstopfen lassen. Tut, was Euch beliebt, bleibt auf Eurem Stuhl, nehmt für die Kur den Bayern, den Pfalzgrafen –, nehmt meinetwegen mich.«
    »Nicht doch«, quietschte Anton, »ich würde Euch gewiß gern nehmen, Ihr verdientet den Kurhut, Trautmannsdorf, Euch würde ich ihn am liebsten geben. Aber seht, es muß alles ein gewisses Ansehen haben, daher kann ich von Gründen nicht ablassen, so gern ich es wollte. Das Wichtigste bleibt immerhin: das Recht muß erkämpft werden. Wird es das nicht –«
    »So ist es kein Recht.«
    Der Abt lachte heftig, fing wieder an, aus einem Blumenkorb, der auf einer riesigen Truhe stand, Rose nach Rose zu entblättern, an den Blättern zu saugen, sie zu zerkauen und auszuspucken: »Nein, keineswegs, durchaus nicht. Wir wollen niemandem Gewalt antun. Es bleibt Recht. Nur: es geht uns nichts an. Sagt selbst, Trautmannsdorf, wen geht denn jedes Recht in der Welt an? Und wenn ich denke, wie viel Unrecht in der Welt geschieht. Die Unsumme Böses: ja, es ist so viel Böses von Haus aus in der Welt, daß der Heiland erscheinen mußte, um alles auf sich zu nehmen. Es ist die größte Tat, wir wissen es, die in der Welt geschehen ist. Was soll da ein kaiserliches Hofgericht, und selbst wenn es auf der Doktoren- und Adligenbank Männer hat wie Euch? Von mir zu schweigen.«
    Der Abt saß auf seiner Truhe, hielt den Korb auf dem Schoß und schaukelte sich wie ein kleines Mädchen. Trautmannsdorf beobachtete ihn von unten, blies sich über den Handrükken: »Im Grunde ist es das Richtigste, man schickt die Leute, die Recht suchen, die glauben, daß ihnen ihr Recht nicht geschieht, beten.«
    »Freilich.«
    »Dazu ist der Heiland erschienen.«
    Sie lachten eine Weile zusammen, während der Abt kauend mit dem Finger zu seinem Gast herüberdrohte, der aber nicht aufsah.
    »Und was bleibt für das Hofgericht, Ehrwürden?«
    »Zählt es Euch selbst ab.«
    »Demnach nur die, die nicht –«
    »Freilich, freilich, die Bayern.«
    »Ich meine die Gottlosen, Ehrwürden.«
    »Aber, Trautmannsdorf«, er war heruntergerutscht und umschlang die Schultern des Kleinen von rückwärts, »was führt Ihr für lästerliche Redensarten. Eure Gedanken sind jetzt nicht klar, Ihr entbehrt gänzlich der Logik. Man

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