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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Säule erblickte, konnte er lange betrachtend davor stehen bleiben, dieses tadelnd, jenes lobend in seinem heißen Inneren. Er fühlte, wie er vor manchem Bilde Hochachtung empfinden mußte, wie er aber im ganzen alles, was er bis jetzt gesehen, übertreffen zu können sich wohl bewußt sein durfte. Schon waren die Straßen in nächtliches Dunkel gehüllt, schon sickerte der Goldstrahl des Mondes um die Säulen der Paläste, ihren riesigen Leibern eine unheimliche Majestät verleihend. Der kühle Wind, der vom Nil herüber zu wehen begann, zeigte Menes an, daß er sich dem Hafen von Memphis näherte. Er umschritt den pylonartigen Vorsprung eines großen Handelshauses, ging eine kleine, enge Straße entlang und stand nun sogleich den Schiffen des Hafens gegenüber. Da lag der alte Nil und trug geduldig seine Last. Außer ägyptischen Fahrzeugen waren es hauptsächlich phönizische, die hier vor Anker lagen. Töpferwaren, Getreide und Haustiere an das Land zu schaffen, waren die Sklaven vornehmlich beschäftigt; auch Öl oder Gold aus den Bergwerken Äthiopiens war zu sehen. Doch näherte sich der Betrieb des Handels seinem Ende. Nur hier und da schritt noch gravitätisch ein reicher Kaufherr, nachdem er die Seetüchtigkeit seines Schiffes, den Wert seiner Ladung geprüft, der inneren Stadt zu. Bald trat Ruhe ein auf dem sonst so belebten Platze; kleine Lichter erglänzten auf den Schiffen, kleine Rauchsäulen schlängelten sich aus den Kajüten, wo die Familie des Schiffers sich ihr Abendmahl bereitete. Zuweilen ließ sich vom Maste herab die Stimme eines fremden Vogels, der dem inneren Afrika entstammte, vernehmen; zuweilen streckte eine Antilope, die für den Ziergarten irgendeines hohen Beamten bestimmt war, ihren zierlichen Kopf durch die Luke, oder es landete das letzte Boot eines größeren Schiffes, seine Ladung Papyrusballen oder an Seilen hängende Fische ans Land befördernd. Alles schwieg, nur der alte Nil rollte seine kostbaren Wellen durch die Ufer, die ihr reiches Kleid von Blumen und Ähren heiter in seinen heiligen Fluten wuschen. Menes schritt dicht an den Fluß heran, tauchte seine Hand in das heilige Wasser und kühlte sich seine heiße Stirne mit der Flut, die kostbarer denn Gold ist. Vor ihm erhob sich der Bauch eines phönizischen Kauffahrers. Auf demselben spielten mehrere Matrosen das Fingerspiel, worunter auch ein schwarzer Äthiopier. Anfangs wurde das Spiel schweigend fortgesetzt, allmählich aber, als die Finger heftiger flogen, entspann sich ein lebhafter Zank zwischen den Spielenden. Eben wollte sich Menes, angeekelt von dem kindischen Gezänke der Matrosen, abwenden, als einer derselben ihn aufforderte, als Schiedsrichter aufzutreten. Menes lehnte bescheiden ab, er verstehe das Spiel kaum, er kenne den Zusammenhang der Streitigkeit nicht. Der derbe Phönizier sprang die Schiffstreppe hinab, packte ihn am Arm und setzte ihm mit lauter Stimme auseinander, er habe die Zahl der Finger richtig geraten, die ihm sein Nachbar entgegengestreckt, dieser aber leugne nun, wolle ihn betrügen.
    »Zwei Finger hielt ich empor,« beteuerte der andere, »du aber sprachst: drei!«
    »Nein,« tobte der erste, »du hieltest drei empor. Nicht wahr, Herr, es waren drei! Ihr saht es?« – Dabei warf er Menes einen Blick schlauen Einverständnisses zu.
    »Meinetwegen hieltet ihr tausend Finger und die Fußzehen dazu empor,« lachte Menes ärgerlich, »ich sah und hörte nichts!«
    Er entwand sich der Hand des Phöniziers und ging. Kaum aber hatte er den Ort des Zankes verlassen, als er neben sich eine weiche Stimme vernahm. Erschrocken sah er sich um; die Dunkelheit, die bereits eingebrochen war, ließ ihn zwei weiße, weibliche Gestalten undeutlich erkennen, von welchen eine, die andere mit sich fortziehend, auf ihn zu schritt.
    »Myrrah,« lachte das Mädchen, »tritt näher, fürchte dich nicht, du darfst nicht so bescheiden tun, Kleine. Biete deine Blumen dem jungen Herrn an, er kauft dir gewiß einen Strauß ab – weil – nun, weil du hübsch bist!«
    Menes sah, wie die Angeredete, ein zierliches Judenmädchen, ihm verlegen ein Sträußchen entgegenhielt.
    Die andere drängte sich an ihn heran. Kaum hörbar flüsterte sie ihm in die Ohren:
    »Sie ist jung, unerfahren, Herr! laßt die Gelegenheit nicht vorübergehen, ich werde Euch unterstützen.«
    Dann lachte sie laut, sich zu der Verschämten wendend.
    »Ei wie! ei was!« polterte sie grämlich, »stecke es dem Herrn an die Verzierungen seines

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