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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Finsternis konzentrierten sich ganz und gar auf mich, der König starrte weiterhin gebannt auf Susans Lightshow. Dabei kroch ihm gerade die abgetrennte Hand das Bein hoch und dockte am verwundeten Arm an. Gesundes und verletztes Fleisch sonderten gummiartige Fäden aus schwarzem Schleim ab, die sich ineinander verwoben.
    Die Szene, die Martin da vor sich sah, dürfte der feuchte Traum eines jeden Aktivisten der Bruderschaft gewesen sein: direkt vor ihm der ungeschützte Rücken des Roten Königs und niemand da, um einen brutalen Angriff zu verhindern. Niemand da, um den Führer dieser barbarischen Mord- und Terrormaschine zu verteidigen, die sich Roter Hof nannte.
    Leise zog er die Machete aus ihrer Hülle, weder Stahl noch Nylon gaben auch nur das geringste Geräusch von sich. Lautlos holte er zum alles entscheidenden Schlag aus, so gesammelt, so konzentriert, wie ich es noch nie bei einem Menschen erlebt hatte.
    Die letzten beiden Schritte, die ihn von seinem Ziel trennten, legte er mit atemberaubender Geschwindigkeit hin, man sah kaum mehr als ein Schimmern in der Luft. Er sprang hoch, wirbelte in einer Drehung herum, und ich hatte schon Luft für den Freudenschrei geholt …
    ... als er einen gezielten Fußtritt gegen die Luft unter dem weißglühenden Licht landete.
    Ich hörte Susan schreien, als sie fiel. Martin bewegte sich mit geschlossenen Augen, wie ein Schlafwandler, der genau wusste, was er tat, wo er war. Seine Arme holten aus, bekamen etwas zu packen, er riss mit der linken Hand, schwang mit der rechten die Machete – und plötzlich war Susan erkennbar. Martin hielt ihre Haare in festem Griff, ihr Rücken war schmerzhaft nach hinten gebogen. Der Federumhang war ihr von den Schultern geglitten, und an ihrer Kehle ruhte die Klinge von Martins Machete.
    Ich brüllte meinen Zorn hinaus, unverständliches Zeug, als explodiere ein Vulkan aus Tönen.
    Martins Vorstoß hatte den Roten König zurückweichen lassen. Als Susan auftauchte, legte er den Kopf schräg, musste erst einmal verarbeiten, was er da sah.
    „Bitte entschuldigt, mein Herr.“ Martin senkte den Kopf als Gruß für den Roten König. „Fallenlassen!“ befahl er Susan mit ruhiger Stimme, riss ihren Kopf zurück und drückte die Machete fester an ihren Hals, bis Susans Finger schlaff wurden und das Licht ihres Schwertes erstarb, als es auf den Boden fiel.
    „Ein Trick.“ Der Rote König hatte sich gefangen, jede Faser seiner Gestalt strahlte bodenlosen Zorn aus. „Der Taschenspielertrick eines Scharlatans.“ Sein Blick glitt zwischen Susan und Martin hin und her. „Du hast dich zu erkennen gegeben!“
    „Ich bitte um Vergebung, es schien mir der richtige Zeitpunkt“, sagte Martin. „Auf meine Initiative hin haben vor zwei Stunden Kampfgruppen angefangen, das Personal und die Unterschlupfe der Bruderschaft auszutilgen. Morgen um diese Zeit wird es südlich der USA keine Einheit der Bruderschaft mehr geben. Unsere Finanzabteilung wird bis dahin neunzig Prozent ihrer Konten übernommen oder vernichtet haben.“
    „Du abscheulicher Schweinehund!“ Susan war außer sich vor Schmerz. „Du verdammter Verräter.“
    Ein Ausdruck, den ich nicht zu deuten vermochte, huschte blitzschnell über Martins Gesicht, aber er ließ den Roten König nicht eine Sekunde lang aus den Augen. „Ich lege Euch die Bruderschaft von St. Giles zu Füßen, mein Herr“, sagte er, „und bitte Euch, mir meine Belohnung zuteilwerden zu lassen.“
    „Belohnung!“ Susan legte all ihre Abscheu, ihre Verbitterung in dieses Wort. „Was geben sie dir, Martin? Was ist er wert, dein Verrat?“
    Der Rote König fixierte Susan nachdenklich. „Erklär es ihr“, befahl er Martin.
    „Das mit dem Verrat siehst du falsch.“ Martin klang ruhig und sachlich wie immer. „Ich habe die Bruderschaft nie verraten, ich habe mich ihr vorsätzlich angeschlossen, mit genau dem Ziel, das ich heute erreicht habe. Denk nach: Du kennst mich jetzt noch nicht einmal zehn Jahre, du hast oft genug miterlebt, wie knapp wir bei manchen unserer Eskapaden davongekommen sind. Glaubst du wirklich, das hielte man einhundertfünfzig Jahre lang durch? Glaubst du wirklich, ich hätte aus eigenem Verdienst länger überlebt als jeder andere Aktivist, der sich je der Bruderschaft anschloss?“ Er schüttelte den Kopf. „Man hat mir Fluchtmöglichkeiten gestellt, auch meine Angriffsziele waren abgesprochen. Es hat fünfzig Jahre gedauert, und ich musste persönlich zwei Freunde und Gefährten töten,

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