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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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müssen, wäre der Trip nach Edinburgh und zurück ein ziemliches Problem geworden. Magier und Düsenflugzeuge passten nämlich ungefähr so gut zusammen wie Tornados und Wohnwagenplätze – man konnte sich die verheerenden Folgen einer Begegnung leicht ausmalen. Am sichersten fuhr unsereins noch mit dem Schiff, aber auf die Weise war es dann von Chicago bis nach Schottland doch ziemlich weit.
    Was wiederum tat ein guter Magier, wenn es schwierig wurde? Richtig: Er schummelte.
    Das Niemalsland, die Geisterwelt, existierte parallel zu unserer Welt, ungefähr wie eine andere Dimension. Sie war aber nicht wie die Welt der Sterblichen geformt. Punkte im Niemalsland und bei uns berührten einander, wenn sie irgendwelche Gemeinsamkeiten hatten, Energieresonanzen sie verbanden. Wenn also Punkt A im Niemalsland ein dunkler, unheimlicher Ort war, dann berührte er einen dunklen, unheimlichen Ort in der realen Welt – sagen wir mal, die Kellerräume der Universität von Chicago. Aber bei Punkt B im Niemalsland konnte es schon wieder ganz anders aussehen als an Punkt A, auch wenn die beiden keine anderthalb Meter auseinanderlagen. Punkt B war vielleicht nur düster und traurig, aber nicht eigentlich angsteinflößend und sein Gegenpart in der realen Welt vielleicht ein Friedhof in Seattle.
    Als Magier hätte man demnach folgende Reise planen können: Man öffnete in den Kellerräumen der Uni von Chicago ein Tor zum Niemalsland, maß dort angekommen anderthalb Meter ab, öffnete ein weiteres Tor und tauchte auf diesem Friedhof in Seattle wieder auf. Welche Entfernung man auf diese Weise in der realen Welt zurückgelegt hatte? Mehr als zweitausendsiebenhundert Kilometer .
    Nicht schlecht, was?
    Zugegeben, es ging bei Reisen im Niemalsland selten nur um diese anderthalb Meter, und bei jedem noch so kleinen Spaziergang dort lief man Gefahr, irgendwelchen gigantischen Schreckensgebilden mit meterlangen Tentakeln über den Weg zu laufen, bei deren bloßem Anblick man schon den Verstand verlor. Das Niemalsland war ohne Zweifel ein schauriger Ort, und man sollte nie ohne sorgfältige Planung und Rückendeckung dorthin aufbrechen. Aber wenn man die sicheren Pfade kannte, die Wege eben, brachte man erhebliche Strecken sehr angenehm und vor allem schnell hinter sich und musste nur mit einem Minimum an Vorfällen rechnen, die einen spontan in den Wahnsinn stürzen konnten.
    Früher hätte ich das Niemalsland nur im äußersten Notfall betreten. Inzwischen fand ich die Aussicht auf einen Spaziergang dort nicht anstrengender als den Gedanken daran, die nächste Bushaltestelle ansteuern zu müssen. So änderte sich der Lauf der Welt.
    Wir waren noch vor der Mittagszeit wieder in Chicago, wo wir in einer dunklen Gasse hinter einem großen, alten Gebäude auftauchten, in dem sich früher einmal ein Schlachthof befunden hatte. Ich hatte meinen geliebten, alten Käfer ganz in der Nähe abgestellt, weswegen wir zügig weiter zu meiner Wohnung fahren konnten.
    Susan und Martin hatten wohl bereits auf uns gewartet. Wir waren kaum zwei Minuten in der Wohnung, als es auch schon klopfte, und als ich nachsehen ging, standen die beiden Halbvampire vor der Tür. Martin hatte eine Lederreisetasche über die Schulter gehängt.
    „Wer ist das Mädchen?“, wollte er ohne weitere Vorrede wissen, den Blick starr auf die hinter mir stehende Molly gerichtet.
    „Danke, ich finde es auch schön, dich wiederzusehen, Kumpel“, sagte ich. „Ach, und gern geschehen. Ich rette dauernd Leuten das Leben.“
    Inzwischen unterzog Susan Molly lächelnd einer kurzen, aber gründlichen Musterung von Frau zu Frau. Das war, wie ich erfahren hatte, ein Prozess, in dessen Verlauf eine Frau in rasender Geschwindigkeit auf der Grundlage unzähliger winziger Details bezüglich Kleidung, Schmuck, Make-up und Körperbau ein genaues Profil einer anderen Frau erstellte, um danach blitzschnell zu entscheiden, ob ihr diese andere Frau gesellschaftlich gefährlich werden konnte oder nicht. Männer kannten ein ähnliches Verfahren, das allerdings nicht annähernd so komplex war: „Hat er Bier im Haus und wenn ja, gibt er mir eins ab?“
    „Harry.“ Susan küsste mich auf die Wange. Ich kam mir vor wie eine Kiefer im Berglöwengebiet und konnte nur hoffen, territoriumssicherndes Kratzen stünde nicht auf der Tagesordnung. „Wer ist das?“
    „Mein Lehrling, Molly Carpenter“, sagte ich. „Grashüpfer, das sind Susan Rodriguez … und Marvin Soundso.“
    „Martin“, korrigierte

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