Wandel
einen wütenden Seitenblick auf den Kerl und konzentrierte mich wieder auf die Papiere in meiner Hand. „Wenn ich herausfinde, wozu dieses Zeug benutzt wird, lässt sich ein Zusammenhang möglicherweise ausschließen. Vielleicht braucht man das alles für einen Regentanz, was weiß denn ich?“ Ich klopfte mir nachdenklich mit den Papieren aufs Knie. „Daran setze ich mich also zuerst, und ich möchte, dass du, Molly, dich währenddessen mit Pater Forthill unterhältst, und zwar persönlich – wir müssen davon ausgehen, dass jemand unser Telefon abhört. Forthill hat Kontakte in den Süden. Sag ihm, ich wüsste gern, ob von denen jemand etwas Außergewöhnliches gemeldet hat. Nimm Mouse mit, der kann auf dich aufpassen.“
„Ich kann selbst auf mich aufpassen, Harry. Es ist doch noch hell.“
„Deine Waffen, Grashüpfer“, sagte ich mit meiner Yoda-Stimme. „Nicht du sie brauchen wirst.“
Sie warf mir einen verärgerten Blick zu und sagte: „Weißt du, Boss, ich glaube, man kann andere Dinge zitieren als immer nur Krieg der Sterne .“
Ich kniff die Augen zusammen wie eine weise Puppe aus der Muppets-Show. „Genau deswegen scheitern du wirst.“
„Das war noch nicht mal … ach! Was rege ich mich überhaupt auf, es nützt ja doch nichts. Dein Wunsch sei mir Befehl.“ Seufzend stand sie auf und streckte mir die Hand hin. Ich warf ihr den Käferschlüssel zu. „Komm, Mouse“, sagte sie. „Wir gehen.“
Mouse erhob sich von seinem angestammten Platz in der Küche und kam herübergeschlendert.
„Warte kurz, Kleine“, sagte ich. „Susan? Irgendetwas an dieser Sache verschafft mir so ein Kribbeln im Nacken. Letzte Nacht wussten die bösen Buben, wo sie uns finden können. Sie lassen mindestens einen von uns überwachen, und es ist echt nicht nötig, dass wir alle mit Riesenzielscheiben auf dem Rücken rumlaufen. Martin und du – könntet ihr versuchen, unsere Beschatter zu erwischen?“
„Sobald wir die Wohnung verlassen, sehen die uns und sind spurlos verschwunden“, gab Martin zu bedenken.
„Oh!“, sagte Molly plötzlich, und ihre Augen leuchteten. „Klar!“
***
Ich ging hinaus, um die Post zu holen und Mouse eine kleine Runde im Gärtchen hinter dem Haus zu gönnen, während Molly Susan und Martin unter dem Schutz eines ihrer erstklassigen Schleier aus dem Haus schmuggelte. Das mit den Schleiern hatte der Grashüpfer echt drauf, das konnte man nicht anders sagen. Mouse durfte noch fünf Minuten im Garten schnüffeln, dann rief ich ihn und wir kehrten in die Wohnung zurück.
Molly wartete schon auf mich. Sie hatte Susan und Martin begleitet, bis sie sicher sein konnten, den Bewachern meiner Wohnungstür entkommen zu sein. „Na?“, fragte sie. „Wie war das?“ Sie gab sich große Mühe, die Frage beiläufig klingen zu lassen, aber ich kannte sie inzwischen gut genug, um zu wissen, wie wichtig ihr meine Antwort in diesem Fall war.
„Lässig“, sagte ich. „Ich bin stolz auf dich.“
Sie nickte zufrieden und nachdrücklich, ein Nicken, das über bloße Zustimmung weit hinausging. Ich erinnerte mich nur allzu gut an die Zeiten, als ich mich selbst so verzweifelt nach Anerkennung gesehnt hatte, als ich meinem Lehrmeister gegenüber so gern mein Talent, meine Disziplin und meine Fertigkeit unter Beweis hatte stellen wollen, dass es schon wehtat. Erst zehn Jahre später war langsam die Erkenntnis durchgesickert, wie heilfroh ich sein konnte, meine Lehrzeit halbwegs unversehrt überstanden zu haben. Ohne Verlust von Fingern oder gar Augenlicht.
Es grämte mich nicht allzu sehr, die Kleine auf eine Solomission zu schicken. Der Auftrag an sich war relativ moderat, und Forthill konnte Molly gut leiden. Der Grashüpfer mochte in Kampfsituationen zwar keine Leuchte sein, verstand es aber hervorragend, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, wenn sie rechtzeitig davon Wind bekam. Dafür war Mouse zuständig, der Aufmerksamkeit des großen Hundes entging so schnell nichts. Wenn Molly irgendwo Feindseligkeiten drohten, würde Mouse sie warnen, und schon wären beide verschwunden.
Nein, Mollys wegen brauchte ich mir nicht den Kopf zu zerbrechen.
„Kein Herumtrödeln!“, mahnte ich. „Sei wachsam und geh keine Risiken ein.“
Molly strahlte mich an. Ihr ganzes Gesicht strahlte. „Du bist nicht mein Boss.“
Wie stolz sie darauf war, ihr Talent für meine Sache einsetzen zu dürfen – ich konnte ihre Freude fast schmecken. „Was zum Teufel bin ich nicht?“, brummte ich finster.
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