Wanderer im Universum
dann holte sie die Pistole, die aus der Untertasse gefallen war, unter ihrer Jacke hervor. Jetzt hatte sie zum erstenmal Gelegenheit, ihren Fund eingehend zu betrachten. Die Pistole bestand aus einem grauen Metall – dem Gewicht nach Aluminium oder Magnesium – und wies keine erkennbare Öffnung auf, aus der eine Kugel oder ein anderes Geschoß hätte kommen können. Der Griff mit dem Feuerknopf schien für eine Hand mit drei Fingern und einem Daumen vorgesehen zu sein. An der linken Innenseite des Griffes sah Margo einen violetten Streifen, der fünf Achtel der gesamten Länge einnahm und sie an ein Thermometer erinnerte.
Margo wog die Pistole nachdenklich in der Hand. Dann zielte sie auf einen der kleineren Felsbrocken, der am Rand der Klippe lag, und drückte langsam auf den roten Knopf an der Vorderseite des Griffes. Ihr Herz schlug rascher. Zunächst geschah gar nichts, aber als sie fester auf den Knopf drückte, schoß der Felsbrocken plötzlich förmlich davon, ohne daß Margo einen Rückstoß bemerkt hätte. Im Rand der Felsklippe gähnte jetzt ein breites Loch; der Felsbrocken und die losen Steine waren zwanzig Meter weiter fast geräuschlos in den nassen Sand gefallen. Ein kurzer Windstoß wehte Margo die Haare ins Gesicht, dann rutschten noch einige Steine hinter den anderen her nach unten.
Margo holte tief Luft und grinste zufrieden. Der violette Streifen hatte sich nicht merklich verkürzt. Sie steckte die Pistole in die Innentasche der Lederjacke zurück und zog den Reißverschluß bis oben zu. Dabei runzelte sie nachdenklich die Stirn.
Als sie über die Böschung zurückkletterte, sah sie dort zu ihrer Überraschung Hunter stehen, der auf sie gewartet zu haben schien.
»Professor Hunter!« sagte Margo scharf. »Das hätte ich Ihnen wirklich nicht zugetraut!«
»Was?« fragte Hunter.
»Daß Sie hinter mir her spionieren.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie irren sich, das war keineswegs beabsichtigt«, antwortete er dann. »Ich habe nur einen kleinen Erdrutsch gehört und wollte nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«
»Ein Felsbrocken ist zum Strand hinabgerollt«, erklärte Margo ihm. Sie ging an ihm vorbei. »Aber das Geräusch kann nicht weit zu hören gewesen sein.«
»Ich habe es aber gehört«, meinte Hunter und ging neben ihr her. »Warum ziehen Sie nicht die Jacke aus? Es wird allmählich heiß.«
»Ich könnte mir geschicktere Annäherungsversuche vorstellen«, versicherte Margo spöttisch.
»Ich auch«, sagte Hunter.
»Wahrscheinlich«, stimmte Margo sofort zu. Sie blieb stehen und sagte: »Ross, nennen Sie einen führenden Wissenschaftler, besonders einen Physiker, der nobelpreisverdächtig ist und trotzdem nicht vergißt, daß der Mensch unmöglich alles wissen kann.«
»Das ist gar nicht so leicht«, meinte Hunter nachdenklich. »Da wäre zunächst Drummond zu nennen, aber auch Stendhal – der allerdings kein wirklicher Physiker ist – und Rosenzweig ... und selbstverständlich auch Morton Opperly.«
Margo nickte langsam. »Genau diesen Namen wollte ich von Ihnen hören«, sagte sie dann. »Vielen Dank, Professor.«
General Spike Stevens planschte durch das kalte Salzwasser an dem Fahrstuhlschacht vorbei, aus dem mit jeder Sekunde größere Wassermassen drangen, unter deren Druck die Metalltür erzitterte. Die Lampe auf seiner Brust leuchtete auf das hüfthohe Wasser hinab und ließ die historischen Schlachtszenen deutlich hervortreten, mit deren Abbildungen die Wand vor ihm tapeziert war.
Der General tastete die Wand ab, legte die Hand auf einen versteckt angebrachten Griff und riß eine Klappe auf, die hinter der Tapete verborgen gewesen war. Jetzt wurde eine dunkle Öffnung sichtbar, in der nur ein riesiger schwarzer Hebel waagerecht aus der Wand ragte.
Stevens drehte sich nach den anderen um. »Verstehen Sie mich richtig«, sagte er rasch. »Ich weiß nur, wo der Notausgang anfängt. Wo er aufhört, weiß ich ebensowenig wie Sie, weil ich offiziell nicht einmal ahnen darf, wo wir uns im Augenblick befinden – und ich habe auch keine Ahnung. Wir können nur hoffen, daß der Ausstieg zu einer Art Turm führt, weil wir wissen, daß wir fast zweihundert Meter unter der Erde sind und daß von oben irgendwie Salzwasser herunterkommt. Verstanden? Okay, ich öffne jetzt den Ausgang.«
Er wandte sich um und zog den schwarzen Hebel nach unten. Oberst Mabel Wallingford stand dicht hinter ihm, Oberst Griswold und Captain Kidley wiederum dicht hinter ihr.
Der Hebel bewegte
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