Wanderer zwischen drei Ewigkeiten
Lichtjahre. Man hätte Sie vor noch hundert Jahren gelyncht, wenn Sie das als einen Katzensprung bezeichnet hätten.“
Günter grinste schwach.
„So ändern sich die Zeiten – Gott sei Dank! Heute sind wir in der glücklichen Lage, innerhalb weniger Sekunden Strecken von 200 Lichtjahren zurückzulegen. Anders scheint es unvorstellbar.“
Maxwell grinste zurück.
„Wenn diese Sprünge eben gut verlaufen. Aber manchmal mache ich mir doch Gedanken darüber, was wohl mit den Schiffen geschehen ist, die während eines solchen Sprunges abhanden kamen. Sie sind einfach verschollen und tauchen niemals wieder auf. Das scheint mir eins der großen Geheimnisse unserer Zeit zu sein. Man sollte versuchen, es zu lösen.“
„Danke, ich verzichte!“ wehrte Günter entsetzt ab, als habe man ihm den Vorschlag gemacht, sich als Versuchskaninchen zur Verfügung zu stellen. „Vielleicht kehrt eins der verschollenen Schiffe einmal zurück und die Mannschaft berichtet, wo sie inzwischen gewesen ist. Dann wüßten wir Bescheid.“
Der Kommandant des irdischen Überwachungskreuzers warf einen schnellen Blick auf die selbstleuchtende Instrumententafel, die eine ganze Wand der Zentrale ausfüllte. Scheinbar beruhigte ihn das Ergebnis seiner Kontrolle ungemein, denn er wandte sich aufatmend wieder an seinen Ersten Offizier.
„Wir haben noch einige Minuten Zeit, Günter. Wirklich, ich begreife mich selbst nicht. Mindestens schon hundert Raumsprünge liegen hinter mir, aber noch niemals war ich so skeptisch wie dieses Mal. Woran mag das liegen?“
Günter winkte ab.
„Purer Aberglaube, Captain, mehr nicht. Wir haben eine lange Reise hinter uns und statteten den einzelnen Stützpunkten der Raumflotte einen Besuch ab. Sie kamen mit vielen Menschen zusammen und alle waren froh, wieder mal ein neues Gesicht zu sehen. Es wurde viel erzählt, und man erwähnte immer wieder das Thema, das Sie nun so beunruhigt. In alten Zeiten verschwanden auch die Segelschiffe, die die Ozeane der Erde überquerten, und niemals wieder hörte man von ihnen. Wurde deshalb die Seefahrt aufgegeben? Na also, es konnte eben jedem passieren. Und genauso ist es heute mit den Raumschiffen. Lediglich wissen wir, daß diese Schiffe während des Raumsprunges verschwanden. Und genauso gut wissen wir auch, daß 200 Lichtjahre eine verdammte Strecke sind, wenn man auf ihr ein Schiff suchen wollte. Vielleicht versagt der Antrieb während des Sprunges, und dann hängt man wohl irgendwo in der Mitte und kriecht mit einfacher Lichtgeschwindigkeit seinem Ziel zu, das man nie erreichen kann. In einem solchen Fall würde dann auch wohl die Zeitdilatation wirksam, die beim einfachen Sprung neutralisiert wird. Na, nun rechnen Sie sich einmal selbst aus, wann und wo ein solches Schiff wohl auftauchen soll. Ich glaube fast, in der Hölle.“
Das war eine lange Rede für Günter. Er machte eine unbestimmte Geste mit der Hand und setzte sieh erschöpft in einen Sessel, die dicht vor der gewaltigen Sichtkuppel standen. Mit interessierten Blicken betrachtete er die fremdartigen Sternkonstellationen, die in keiner Weise an das erinnerten, was er von der Erde her gewohnt war.
Maxwell seufzte.
„Ich sehe, auch Sie haben sich bereits Gedanken darüber gemacht. Obwohl ich der Oberzeugung bin, den Zeitpunkt für ein derartiges Gespräch schlecht gewählt zu haben, komme ich nicht davon los. Sie meinen also, die verschwundenen Schiffe befänden sich überall im All und flögen nun mit der einfachen Lichtgeschwindigkeit, der Höchstgeschwindigkeit im einfachen Raum, auf die Erde zu? Nun, dann sind sie so gut wie verloren.“
Günter riß sich von dem Anblick des Weltalls los. Ein wenig geistesabwesend begegnete er dem Blick des Kommandanten.
„Das sind sie allerdings! Wenigstens bei diesen Entfernungen. Sicher, sie werden die Erde vielleicht erreichen, aber nicht mehr die gleiche Erde, die sie verließen. Wenn uns z. B. ein solches Malheur passieren würde, 150 Lichtjahre von der Erde entfernt, würden wir diese in einem oder zwei Jahren erreichen. Aber inzwischen wären fast 150 Jahre vergangen. Was meinen Sie, was meine Braut dazu sagen würde?“
Maxwell ging nicht weiter auf diese Bemerkung ein, da er weder eine Braut besaß noch verheiratet war. Ihn interessierte etwas ganz anderes.
„Das käme einer Zeitreise gleich, mein lieber Günter, einer Reise in die Zukunft. Nur schade, daß man dann niemals mehr zurückkehren kann.“
Zu seiner Überraschung faltete
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