Wandernde Welten
wobei sie sich gegenseitig stützten.
Paula betrat die Bar. Overwood stand jetzt neben der Nische, in der er gesessen hatte, und bezahlte seine Rechnung. Sie drängte sich durch die Menge, die vor den Pinball-Maschinen stand, und trat auf ihn zu.
»Overwood!«
Er blickte auf und schob eine Handvoll Kleingeld in die Tasche.
»Ich muß mit Ihnen reden.«
»So? Wo ist denn Ihr Begleiter?«
»Über den wollte ich ja mit Ihnen sprechen. Ich lade Sie auf ein Bier ein.«
Overwood ließ sich zu einem Bier einladen, und auch zu einem zweiten, und sogar noch zu einem dritten. Sie versuchte ihm klar-zumachen, daß es besser wäre, wenn er nur mit ihr verhandelte, und nicht mit Bunker, selbst wenn Bunker das Geld habe. Sie fragte ihn, ob irgendjemand in Saturn-Keda die lingua franca beherrsche, und schließlich überredete sie ihn dazu, sie zu begleiten und ihr den kürzesten Weg aus der Altstadt zu zeigen. Er ging mit ihr die Straße hinab, direkt an seinem Laden vorbei, und zeigte ihr drei Fußwege, die vom Hügel in die Wüste führten.
»Aber passen Sie auf. Wenn Sie stürzen, können Sie die ganze Nacht über da draußen liegen, bevor jemand Sie findet.« Er grinste. »Von den Coyoten wollen wir da gar nicht reden.«
»Ich mag Hunde.« Über seine Schulter hinweg sah sie Bunker die Straße herunterkommen.
Overwood lachte dröhnend. »Ich glaube nicht, daß Sie Coyoten mögen.«
Sie blickte zum Dom hinüber. Mehrere Lichtkreise auf dem Boden der Wüste zogen ihre Blicke auf sich. »Was machen sie dort?«
fragte sie. Jeder Lichtkreis schien aus einem Dutzend kleiner Feuer zu bestehen.
»Trance-Kreise«, sagte Overwood. »Sie sitzen um die Feuer, starren in die Flammen und versinken in Trance. Junge Leute, Gammler und so weiter.«
»Warum nehmen sie nicht einfach Drogen?«
»Das wäre zu einfach.«
»Vielleicht sollte ich es auch einmal versuchen«, sagte sie. »Vielen Dank für die Begleitung.« Sie wandte sich um und begann den nächsten der Wege, die er ihr gezeigt hatte, hinabzusteigen.
Die Flanke des Hügels war ziemlich steil. In einer kleinen Schlucht verfing sich ihr Kleid an einem Gebüsch. Bunker holte sie ein und befreite sie.
»Was haben Sie gefunden?« erkundigte sie sich.
»Nichts.«
Sie gingen weiter. Paula blickte den Mann an ihrer Seite prüfend an. Er starrte zu Boden. Voraus wurde der Pfad wieder breiter.
»Überhaupt nichts? Ich glaube Ihnen nicht.«
»Ich sage die Wahrheit. Er ist ein schlauer Hund. Keine Notizen, nichts Schriftliches.«
»Ich glaube Ihnen trotzdem nicht.«
»Das ist mir völlig schnurz, Junior.«
»Warum nennen Sie mich Junior?«
Er steckte die Hände in die Taschen und grinste sie an. »Gefällt Ihnen nicht, wie?«
»Nein.«
»Sie müssen noch eine Menge lernen, Junior«, sagte er.
Paula nahm den Mitternachtszug nach New York. Als sie den Wagengang entlangging, sah sie Bunker auf einem der vorderen Plätze am Fenster sitzen. Nach kurzem Zögern setzte sie sich ihm gegenüber. Der Zug war fast leer. Die Lichter flackerten, und der Sitz unter ihr vibrierte, als der Zug anfuhr. Sie hielt sich fest, als der Zug kurz darauf wieder anhielt, sich nach einem Aufenthalt von knapp einer Minute wieder in Bewegung setzte. Sie fuhren in das Dunkel hinein.
Die fensterlosen Wände des Wagens waren mit obszönen In-schriften beschmiert. Der Zug wurde schneller, und der Wagen schwankte. Los Angeles war zweieinhalb Stunden von New York entfernt. Es würde fast hell sein, wenn sie zu Hause eintraf. Bunker blickte an ihr vorbei und beachtete sie überhaupt nicht. Er war mittelgroß und schlank und trug das wellige Haar kurz geschnitten. Er mochte vierzig Jahre alt sein, vielleicht auch schon fünfzig.
»Die Stythen wissen von uns auch nicht viel«, sagte sie.
»Nicht, wenn sie sich nur für unser Militär interessieren.«
Der Zug fuhr eine langgestreckte Kurve. Sie hielt sich mit beiden Armen an den Lehnen fest. Er starrte an die gegenüberliegende Wand. Offensichtlich hatte er keine Lust, sich mit ihr zu unterhalten. Sie schloß die Augen.
Die Flöte war verschwunden. Sie wußte genau, daß sie unter dem Bett gelegen hatte. Sonst war in dem Raum nichts berührt worden, und sie wußte genau, wer ihre Flöte genommen hatte.
Sie ging ins Nebenzimmer. »An Chu. Shaky John hat wieder mal meine Flöte geklaut.«
An Chu blickte auf. »Bist du sicher, daß er es war?«
»Das werde ich gleich feststellen.« Sie öffnete An Chus Nähkasten, leerte eines der kleinen
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