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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Holland
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beim Komitee.«
    »Wie schön für Sie.«
    »Geben Sie sie mir zurück, oder ich gehe mal gründlich durch Ihre Akten. Ich bin sicher, daß ich irgend etwas finden werde.«
    »Da können Sie lange suchen. Ich bin ein ehrlicher Mensch.«
    Sie sah sich im Laden um. Sie konnte versuchen, die Flöte zu stehlen, aber der Laden lag unter der Erde. Wie sollte sie unbehelligt hier herauskommen? Außerdem war die Glastheke wahrscheinlich verschlossen. Sie konnte sich das Geld leihen und in wöchentlichen Raten zurückzahlen. Vielleicht würde Tony ihr helfen...
    Ein fetter Junge mit schulterlangen, struppigen Haaren trat in den Laden, eine Gitarre auf der Schulter.
    »Warten Sie«, vertrat sie ihm den Weg. »Ich möchte mit Ihnen reden.«
    Der Junge nahm die Gitarre von der Schulter. »Klar. Warum nicht?«
    »Bitte kaufen Sie nichts in diesem Laden. Ein Fixer hat meine Flöte gestohlen und sie hier für einen lächerlichen Preis verkauft, und der Mann weigert sich, sie mir zurückzuverkaufen.«
    Der Junge blickte an ihr vorbei. Sein Hemd war an der rechten Schulter zerrissen. »Okay«, sagte er, wandte sich um und ging wieder hinaus.

    Barrian kam hinter der Theke hervorgestürzt. »Das dürfen Sie nicht tun. Sie können doch nicht...«
    »Wetten daß?« sagte sie lächelnd.
    »Verschwinden Sie!«
    »Gerne.« Sie verließ den Laden und blieb vor der Tür stehen. Ein Mann in einem karierten Hemd wollte das Geschäft betreten. Sie sprach ihn an, sagte ihr Sprüchlein auf, und er ging weiter. Eine halbe Stunde ging sie vor der Tür auf und ab, bis Barrian den Laden schloß.
    Am nächsten Morgen rief sie Michalski an und sagte ihm, was sie vorhatte. Dann hockte sie sich vor die Ladentür und erklärte jedem, der es hören wollte, daß Barrian mit gestohlenen Sachen handele. Die meisten ignorierten sie einfach, andere begannen mit ihr zu diskutieren, aber ein paar machten kehrt. Barrian versuchte mehrmals, sie zu vertreiben. Aber Paula blieb stur. An Chu brachte ihr das Mittagessen.
    Als sie am folgenden Tag wieder Michalski anrief, erklärte er ihr, daß sie für ihr Vorhaben eine Woche unbezahlten Urlaub habe. Diesmal nahm sie sich einen Klappstuhl mit, als sie zu Barrians Laden ging. Ein Reporter interviewte sie. Alle halbe Stunde gossen Barrian oder einer seiner Angestellten ihr einen Eimer Wasser über den Kopf. Sie sprach jeden Menschen an, der den Laden betreten wollte, und bis auf zwei oder drei kehrten alle wieder um.
    Tony hatte kein Mitleid mit ihr. »Du solltest nichts besitzen, was du nicht verlieren kannst. Du bist ein Sklave deines eigenen Besitzes. Eigentum ist Diebstahl.«
    Shaky John war immer noch wütend auf sie, weil sie ihn mit dem Soda geleimt hatte, aber für fünf Dollar hockte er sich vor Barrians Laden, fixte sich fast stündlich mit Morphium, Aspirin, Barbituraten, destilliertem Wasser, Plastik-Blut und Milch, und allein sein Anblick hielt mehr Kunden davon ab, Barrians Laden zu betreten als Paulas intelligente Argumente.
    An diesem Abend gab ihr Barrian ihre Flöte für fünfzig Dollar zurück.
    Der kleine Baum vor ihrem Fenster hatte rosa Blüten bekommen, und sie blickte immer wieder hinaus, um sich an ihnen zu erfreuen.
    Sie aß mit Tony zu Mittag, und später hörten sie einen Vortrag über Aeschylos an der Universität. Danach, als sie in der Campus-Bar saß, erläuterte er ihr, daß das Herzstück der griechischen Tragödie die rituelle Befriedigung sei, und daß kein Anarchist sie jemals wirklich verstehen könne, weil alles Rituelle für ihn keinerlei Bedeutung besäße.
    »Wie kannst du so etwas behaupten?« widersprach Paula.
    »Man kann doch etwas verstehen, ohne sich damit auch zu identifizieren.«
    »Nur mit dem Verstand, Paula, nicht mit dem Herzen.« Er faltete seine Serviette zusammen. »Dir entgeht das Absolute dieses Problems, der selbstzerstörerische Aspekt des Nonkonformismus.«
    Paula stützte das Kinn in die Hand. Sie fragte sich, ob Tony überhaupt an irgend etwas Freude hatte. Ihr fiel ein, daß sie all dies schon öfter von ihm gehört hatte, daß er ihr schon alles gesagt hatte, was er ihr überhaupt zu sagen hatte. Sie stand auf und ging durch den halbdunklen Raum der Bar zur Tür.
    Sie überquerte den Park und ging auf den runden Bau der Biochemie zu. Als Tony ihr nachlief und ihren Namen rief, ging sie noch schneller. Sie vergrub die Hände tief in den Taschen ihrer Jacke. Tony erreichte sie und griff nach ihrem Arm.
    »Entschuldige. Wahrscheinlich bist du schwanger und

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