Wandernde Welten
daß Saba noch schlief. Die Fenster waren verhängt.
Der Draht war in diesem Licht unsichtbar. Sie drückte ihn unter die gerollte Kante des Gürtels.
Sie machte einen Spaziergang in den Wald und verirrte sich. Es wurde dunkel. Sie fand einen Bach und folgte ihm durch dichtes Gestrüpp und mehrere Baumgruppen, aber er führte sie in keine ihr bekannte Gegend. Als sie sich wieder durch ein Gestrüpp kämpfte, stieß sie gegen drei straff gespannte Drähte. Sie blieb stehen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Vor ihr lag ein weites, offenes Feld im fahlblauen Licht der Dombeleuchtung.
Der Bach schimmerte etwas rechts von ihr zwischen Bäumen hindurch. Und weiter entfernt lag eine Gruppe von Gebäuden, die sie wiedererkannte: Halsteads Restaurant. Erleichtert kletterte sie zwischen den Drähten hindurch und überquerte das Feld.
Beide Wagen des Komitees waren auf dem Dachparkplatz abgestellt. Sie trat ins Erdgeschoß. Obwohl es Samstag abend war, wirkte der große, L-förmige Raum fast leer. Farmer kannten kein Wochenende. Kasuk saß an einem der vorderen Tische und spielte Go mit einem älteren Mann im Overall. Zwei oder drei andere Stythen standen an der Bar und tranken. Sie trat hinter Kasuk, um ihm beim Spiel zuzusehen, aber kurz bevor sie den Tisch erreichte, stand der alte Mann auf.
»Ich mache Schluß«, sagte er. »Ich weiß, wenn es keinen Sinn mehr hat.« Er trug kein Hemd, und sein Kinn war voller grauer Stoppeln. »Was soll's sein?«
»Noch ein Bier«, sagte Kasuk. Er entdeckte Paula und sprang auf. »Hallo. Wollen Sie eine Partie spielen?«
Der alte Mann ging zur Bar. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich möchte nach Hause. Sind Sie allein hier?«
»Mein Onkel muß irgendwo sein. Und mein Bruder ist auch da. Ich frage mich, wo sie stecken könnten.«
Paula pflückte Kletten und Dornen aus ihrer Kleidung und aus ihrem Haar. »Bringen Sie mich nach Hause. Sie können dann ja wieder herkommen.«
»Mein Onkel hat den Schlüssel.«
Der alte Mann kam mit drei Literkrügen voll Bier an den Tisch zurück. Paula wollte das für sie bestimmte bezahlen, aber er weigerte sich, von ihr Geld anzunehmen. Sie tranken, während Kasuk die Go-Steine in die Schachtel schichtete.
»Spielen Sie mit mir«, sagte er noch einmal.
»Ich bin müde. Ich hatte mich verlaufen und bin fünf Stunden lang im Wald umhergeirrt.« Sie leckte Bierschaum von ihrer Oberlippe. »Wo ist Tanoujin?«
»Im Haus.«
Sie hob den schweren Krug und tat einen langen Zug. Kasuk faltete das Spielbrett zusammen. Paula dachte nach. Sie wußte, daß Kasuk sie belog. Tanoujin würde seinem behüteten jüngeren Sohn niemals erlauben, allein in eine Bar zu gehen. Also war Tanoujin nicht da.
Kasuk blickte an ihrem Kopf vorbei zur Tür, und sie wandte sich um, weil sie sehen wollte, was ihn so faszinierte. Ein Mädchen in einer ziegelfarbenen Jacke betrat den nur matt erleuchteten Raum und ging zur Bar. »Das ist die Frau, mit der mein Onkel gesprochen hat«, sagte Kasuk.
Der alte Mann setzte seinen Bierkrug ab. »Noch ein Spiel?«; »Klar.«
Paula trank den Rest ihres Biers. »Wenn Saba zurückkommen sollte, halten Sie ihn bitte fest.« Sie ging aus dem Haus und trat in das fahlblaue Domlicht hinaus. In der unmittelbaren Umgebung der drei Gebäude war das Gras kurz geschnitten, aber knapp hundert Fuß weiter wucherte es fast hüfthoch. Sie ging langsam an der Scheune vorbei zum Gästehaus. Ein kühler Wind wehte. Auf einem flachen Hügel hinter dem Restaurant entdeckte sie Saba, Junna und zwei junge Mädchen, die gemeinsam aus einer Knochenpfeife rauchten.
»Ich dachte mir doch, daß ich dich vorhin hineingehen sehen habe«, sagte Saba. »Wo warst du so lange?« Er hatte den Gürtel mit dem Abhörgerät nicht um. Er trug nicht einmal ein Hemd.
»Ich hatte vergessen, daß es hier dunkel wird.« Sie setzte sich neben ihn. Die Mädchen waren mehr in Junnas Alter als in Sabas.
Eins von ihnen reichte ihr die Knochenpfeife. »Mit welchem Wagen bist du gekommen?« Zu ihrer Erleichterung sah sie Hemd und Gürtel neben ihm auf dem Boden liegen.
»Mit dem Dreisitzer.«
»Gib mir den Schlüssel«, sagte sie, »damit Kasuk mich nach Hause bringen kann.« Sie sog an der Pfeife. Sie war ausgegangen.
Sie reichte sie an Junna weiter.
»Ich bringe dich nach Hause.« Saba stand auf und bückte sich nach Hemd und Gürtel.
Eins der beiden Mädchen riß ein Streichholz an. Junna beugte sich über die Flamme und setzte das Haschisch wieder in
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