Wandernde Welten
»Leno, Sie finden immer das richtige Wort«, sagte sie.
Michalski hatte etwas von einer Nachricht gesagt, fiel ihr ein.
Sie ging in den Warteraum, wo Fisher von seinen Helfern umgeben beim Fenster stand. Einer der Männer half ihm in den Mantel, ein anderer reichte ihm seine Aktentasche.
Das Ablegebrett für Nachrichten befand sich gleich neben der Tür.
Paula, falls Du jemals zurückkommen solltest, ich wohne jetzt im Nikolas Building, Zimmer 68, - An Chu.
Sie steckte den Zettel in die Tasche. Die Stythen waren bereits bei den Air-Cars. Als sie zu ihnen trat, startete Leno gerade mit einem Zweisitzer, seinen Zweiten Offizier neben sich. Der Wagen schwebte ein paar Sekunden lang über ihren Köpfen, dann schoß er auf die Domwand zu. Die Sonne war im Untergehen; die Domlichter wurden eingeschaltet. Saba lehnte an der Tür des kleinen gelben Wagens.
»Warum bist du hinausgegangen?« fragte Paula.
»Weil ich Kopfschmerzen hatte.«
»Soll ich mich ans Steuer setzen?«
Tanoujin kam um das Heck herum auf sie zu. »Ich mache das.«
Sie setzten sich in das Air-Car, Tanoujin in der Mitte, und starteten in Richtung Ost-Schleuse. Unter ihnen leuchteten die Lichter der Häuser durch Baumkronen. Die Heizung war abgeschaltet und Paula erschauerte in der Kälte. Saba preßte seinen Kopf in beide Hände.
»Können Sie ihm nicht helfen?« fragte sie Tanoujin.
»Nicht, wenn ich am Steuer sitze.« Er wandte den Kopf und blickte Saba an. »Soll ich irgendwo landen?«
»Es geht schon.« Der große Mann bemühte sich, die Beine auszustrecken, fand keinen Platz für sie und verschränkte sie unter dem Sitz. »Gibt es irgend etwas, das du sehen willst?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie würde An Chu später besuchen und sich dann auch nach Tony erkundigen. Sie erreichten die Schleuse. Die orangefarbene Lampe blinkte. Irgendjemand befand sich in der Kammer. Vielleicht war Leno ihnen zuvorgekom-men.
»Was ist mit deinem Vater?«
»Mein Vater ist tot. Was ist eigentlich los? Willst du mich aus dem Weg haben?«
Tanoujin wandte den Kopf. »Weißt du eigentlich, daß ihr Vater Selbstmord begangen hat?«
Sie starrte wütend aus dem Fenster. »Nein«, sagte Saba. Vor der Frontscheibe wurde die Schleuse jetzt intensiv blau, und weiße Pfeile blinkten. Zweimal stieß Tanoujin gegen die Schleusen-Wand. Saba stöhnte auf, als es zum zweiten Mal passierte.
»Paß doch auf.«
»Lassen Sie mich ans Steuer«, sagte Paula, »dann können Sie Sich um ihn kümmern.«
»Nein«, sagten beide Männer gleichzeitig.
Sie flogen durch die rauchige Nacht. Ein leichter Regen setzte ein, und Tanoujin schaltete die Gebläse an. Die Lichter auf dem Dach des Air-Cars leuchteten weiß durch die ziehenden Schwaden, Saba beugte sich vor und preßte den Kopf in beide Handflächen. Sein Atem ging in keuchenden Stößen. Paulas Muskeln verkrampften sich vor Angst. Tanoujin schüttelte den Kopf. Sie runzelte die Stirn.
»Was ist denn los ?«
»Mein Kopf schmerzt. Können wir hier irgendwo landen?«
»Ja.« Sie beugte sich vor, tastete nach dem Schalter für die Landebeleuchtung und schaltete sie ein. Durch ein kleines Fenster im Boden konnte sie die Erde sehen.
Tanoujin landete das Air-Car auf einer flachen, feuchten Wiese zwischen Schlackehaufen. Die Ebene war von kahlen Hügeln umgeben. Der Regen war stärker geworden, aber der Boden unter den Kufen des Wagens war fest, und sie hatten einen vollen Sauerstofftank dabei. Paula schaltete die Landelichter aus.
»Wir können hier eine Weile bleiben«, sagte sie. »Sogar ein paar Stunden.«
Keiner der beiden Männer antwortete. Sie blickte aus dem Fenster. Der Regen trommelte auf das Dach des Wagens. Sie wollte nicht an ihren Vater denken. Sie war dreizehn Jahre alt gewesen, als er starb. Das Regenwasser rann an den Glasscheiben herab, und sie blickte auf die Kufen, um sich zu überzeugen, daß sie nicht unterspült wurden. Sie dachte an das kleine Abhörgerät in ihrer Jackentasche. Die beiden Männer, mit denen sie beisammen war, standen ihr so nahe wie Brüder, aber vertrauen konnte sie ihnen nicht. Ihrem Vater hatte sie vertraut. Sie fühlte sich plötzlich sehr einsam und starrte lustlos aus dem Fenster.
Tanoujin knuffte sie in die Seite. »Es wird immer schlimmer.
Bringen Sie uns zurück.« Sie tauschte den Platz mit ihm und flog nach New Haven zurück.
Der dünne Draht fühlte sich klebrig an. Sie legte Sabas Gürtel auf die Kommode vor dem Spiegel. So konnte sie sich ständig davon überzeugen,
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