Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Wochen, Ablösung dieses Trupps erfolgen werde«. Sonderbares Los für alle die, die sich zu diesem Dienste kommandiert sahen, und doch ward »Eichenpflanzen beim Prinzen« alsbald allgemeines und nur zu begreifliches Begehr, denn der Tagelohn war gut und die Tagesverpflegung noch besser, des sonntäglichen Huhns und der halben Flasche »Roten« ganz zu geschweigen, unter deren gedoppeltem Einfluß schließlich auch der chauvinistischste Chauvinismus erliegen mußte. Wenigstens sind Ausbrüche desselben nie zu verzeichnen gewesen. Im Gegenteil, das Benehmen der Abkommandierten war durch all diese Wochen hin ein gleichmäßig vorzügliches, und stellte der Einsicht, dem Charakter und der guten Lebensart unsrer Feinde das beste Zeugnis aus. Sie waren fleißig, heiter, dankbar, und wenn doch vielleicht (was zu den Möglichkeiten zählt) ein paar halblaute Verwünschungen über die Dreilindner Stecklinge hin ausgesprochen sein sollten, so müssen sie, nach Art aller Flüche die keinen Schuldacker vorfinden, bedeutungslos verklungen sein, denn überall auf dem Territorium des »Bezwingers von Metz« wachsen und gedeihen neben den von deutscher Hand eingesetzten Eichen auch die, die damals von französischen Händen gepflanzt wurden.
5. Kapitel
Wie Prinz Friedrich Karl in Dreilinden Gastlichkeit übte
In einem schon vorzitierten B. Möllhausenschen Gedicht feiert der Dichter den Prinzen als Jagdherrn und Feldherrn, aber im weiteren Verlauf auch als »Gastfreund von Dreilinden« und bringt ihm dadurch eine Huldigung dar, die seinem Liede nicht fehlen durfte. Denn so gewiß die Dreilindner Tage die weid- und forstmännische Signatur trugen, so gewiß auch die gastliche. Ja, der Prinz war ein Gastfreund. Ein eigen Wort, unmodisch und obsolet fast, weil auch das obsolet wurde, was diesem Worte zur Voraussetzung dient: die Gastfreundschaft. Die schöne Gastlichkeitstugend aus Morgenland ist der abendländischen Welt, etwa mit Ausnahme von England und Skandinavien, abhanden gekommen, und wenn dies (wie übrigens kaum anzunehmen) optimistisch bestritten werden sollte, so wird doch das nicht bestritten werden können, daß in Mark Brandenburg und seiner Landeshauptstadt eine der traurigsten Heimstätten alles dessen, was »Gastfreundschaft« heißt, erkannt werden muß. Behufs Beweisführung ist es nur nötig, das eine Wort »Logierbesuch« auszusprechen, das, anscheinend von durchaus unschuldiger Bedeutung, im Ohr aller Eingeweihten als Schreckenswort umgeht.
In der Tat, Mark Brandenburg hat wenig Gastfreundschaft und noch weniger einen »Gastfreund«; im Jagdhause zu Dreilinden aber fanden sich beide. Während der Monate, die der Prinz hier zubrachte, und am ausschließlichsten wohl in den Spätherbstmonaten, war jeden zweiten Tag eine »Dreilindner-Tafelrunde« versammelt, deren Paladine den verschiedensten Lebens- und Berufskreisen, aber doch vorzugsweise dem Kreise der Berliner und Potsdamer Garnison angehörten. Auch Marine, Kriegsministerium und Generalstab stellten ihr Kontingent, das wir glücklich genug sind bis diesen Augenblick in Dreilinden und zwar in einem »Bildersaale der Freundschaft« mustern zu können. Eingefügt in die gotischen Buntglasfenster der »Dreilindner Crypt«, in der von Zeit zu Zeit die Rundgesänge widerhallten, erblicken wir auch heute noch die Medaillonbildnisse vieler dieser Getreuen und Getreuesten, aus deren Hundertzahl ich, unter Verzicht auf Generalität und Subalterne, lediglich aus der Mittelgruppe der Stabsoffiziere die folgenden Namen entnehme.
Die »blanke Waffe« hat, wie herkömmlich, auch hier wieder den Vortritt. Also zunächst von der Kavallerie: Graf Schlieffen, Oberst und Kommandeur des 3. Garde-Ulanenregiments; 47 von Krosigk, Oberst und Kommandeur der Garde- und von Rosenberg, Oberst und Kommandeur der Zieten-Husaren; von Schnackenberg, Oberstleutnant und Kommandeur der Düsseldorfer Ulanen; von Broesigke, Major und Kommandeur der Leibgendarmerie, Flügeladjutant Sr. Majestät des Kaisers; von Dincklage, Major im I. Garde-Ulanenregiment. Von der Infanterie: von Derenthall, Oberst und Kommandeur des I. Garderegiments zu Fuß: von Arnim, Oberst und Kommandeur des Franzregiments; von Lindequist, Oberst und Kommandeur der Schloßgarde-Kompanie, Flügeladjutant Sr. Majestät; von Natzmer, Oberst und Kommandeur des 28. Infanterieregiments, später in Begleitung des Prinzen auf dessen syrisch-ägyptischer Reise; Freiherr von Fircks, Major im Garde-Füsilierregiment,
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