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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Baum in seinem Revier, hatte er doch jeden einzelnen entstehen sehn und ihm als Setzling und Steckling schon seine Sorgfalt und sein Interesse zugewandt. Ein echter und rechter Erzieher, der bei dem Kleinen beginnt! War aber das Gedeihen erst gesichert, so hieß es nun diesem Gedeihenden auch die Form, den Reiz der Erscheinung zu geben. Mit sicherm Blick erkannte der Prinz alles, was gefördert und ans Licht gezogen, aber auch ebenso was beseitigt werden mußte, und mit einer Art Künstlerhand begann er nunmehr den Baum zu bilden und zu gestalten.
    Seine höchsten forstmännischen Triumphe jedoch feierte er nicht als Überwacher und Leiter eines, in der Gesichertheit glücklicher und gesunder Verhältnisse, dementsprechend auch glücklich und gesund aufstrebenden Baumgeschlechts, sondern umgekehrt als Arzt der Armen und Kranken, und eine nicht unbeträchtliche Zahl der jetzt inmitten einer neuen Anlage hoch aufstrebenden Eichen, gehört in die Reihe solcher Geretteten. Es waren diese Geretteten vordem, als der Prinz im Jahre 1859 die Dreilindner Forst an sich brachte, halb verkommene, ja, zum Teil mißgestaltete Bäume, die, weil eingestreut in eine ziemlich dicht stehende Kiefernheide, jeder eigentlichen Entwicklungsmöglichkeit und damit auch aller Gelegenheit zu Wohlgestalt und Schönheit entbehrt hatten. Ihnen Hilfe zu bringen, wurde nunmehr Aufgabe, deren erstes Ziel das war, an die Verwachsenen und Verkrüppelten heranzukommen, ihnen Freiheit, Luft und Licht zu verschaffen. Und so fiel denn zunächst die hemmend und hindernd um sie herstehende Kiefernheide. Jetzt erst konnte der Kliniker und Orthopäde an seine Kranken heran, die, kaum in liebevolle Behandlung genommen, auch schon nicht mehr sie selber waren, und jetzt in voller Pracht und Stattlichkeit das um sie her neu beforstete Terrain überragen.
    Der Vormittag des Prinzen gehörte den verschiedenen Forstbeständen, die wie Klassen, höhere und niedere, gemustert wurden. Um zwölf aber unterbrach er diese Musterung auf eine Stunde, nahm ein zweites Frühstück, ein Lunch, und kehrte erst mit Beginn des Nachmittags in seinen geliebten Wald zurück. Um fünf war dann Diner, das entweder im engsten Kreise der Adjutanten oder aber im weitren einer bestimmten Anzahl von Gästen genommen wurde. Die darauf folgenden Stunden gehörten teils der Korrespondenz, teils der Lektüre. Der Prinz las viel, zog jede Wissenschaft heran, und hatte selbst ein Herz für die belles lettres. Ein glückliches Gedächtnis, das, als ein Hohenzollern-Erbteil, auch ihm geworden, unterstützte ihn bei diesen Studien und erleichterte ihm nicht nur das Eindringen in immer neue Stoffe, sondern auch, im lebendigen Gegenwärtighaben des Gelesenen, einen Ideenaustausch, ein Gespräch darüber. Auf jedem Gebiete bewandert, über das Neueste stets orientiert, war es ihm ein leichtes, und zugleich eine liebe Gewohnheit, im Verkehr mit seinen Gästen in der Sprache dieser zu sprechen. »Suum cuique«. Er hatte eben auch wissenschaftlich einen Blick für und über das Ganze, wenn aber ein Einzelnes sich rühmen darf, mit besondrer Lust in den Kreis seiner Betrachtung gezogen worden zu sein, so wäre hier wohl in erster Reihe das Ethnographische zu nennen, das Länder- und Staatenkundliche, das Völkerpsychologische. Womit zwei seiner Passionen zusammenhingen: die für das Reisen und die für die Marine, Neigungen, in denen er lebhaft an den zu früh geschiedenen Admiral Prinz Adalbert erinnerte, mit dem er auch andre Züge gemein hatte: das Affable, das Einfache, das helfende Mitleid und den ruhigen Mut.
    Ich komme darauf zurück, insonderheit auch auf die bevorzugten Gesprächsthemata des Prinzen, und begnüge mich damit, an dieser Stelle mit einer an die Dreilindner Forstkulturen anknüpfenden Anekdote zu schließen.
    Es war im Frühjahr 1871 als, von Fontainebleau her, wo sich der Prinz nach Abschluß der Friedenspräliminarien aufhielt, Order nach Dreilinden kam »einen bestimmten Schlag zu rajolen und demnächst mit jungen Eichen zu bepflanzen«. Der Befehl lautete strikt genug; aber ihm zu gehorchen, war nicht leicht, denn alles junge Volk stand damals noch in Frankreich. An Arbeitskräften war also Mangel, und so kam es denn, daß, behufs dieser vorzunehmenden Rajol- und Pflanzarbeiten, von dem benachbarten Spandau her ein Trupp französischer Gefangener erbeten wurde, der wirklich am andren Tage schon in Dreilinden eintraf. Mit ihm zugleich die Benachrichtigung, »daß, nach drei

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