Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Gillehscheiben wandern dann schließlich in die Wohnung, um hier als schwelende Feuerung und zugleich als Heizung für den Backofen zu dienen. Auch das Brot schmeckt deshalb danach. Die Gilleh ist und wird für alle Zeiten hin das spezifische Räucherwerk des Ägypters bleiben und sein Wohlgeruch unzertrennlich vom Dasein des letzten Fellachen sein, der noch heute Lampenöl als eine Delikatesse betrachtet und neben seinem Esel das grüne Gras auf dem Felde mit gierig schlingendem Munde abweidet.«
Dem Besuche des Ammontempels in Luxor folgte der Besuch von Karnak. Ein Eselsritt von zwanzig Minuten. Ganz in der Nähe von Karnak läßt eine Reihe liegender Steinwidder die Spuren der langen Sphinxallee erkennen, welche einst Luxor mit Karnak verband und in nördlicher Richtung nach dem Heiligtum des Ammonsohnes: Chonsu, führte. Der Weg zum Tempel ist nicht zu fehlen. Der Prinz ritt von der Westseite her in den großen Vorhof ein, begrüßt von dem marmornen Standbilde König Sesostris, der wie eine Rolandssäule Wache hält. Die heutige Länge des Tempels von Westen nach Osten beträgt 365 Meter, 113 seine Breite. Das ist die vierfache Länge des Königlichen Schlosses in Berlin. Der weltberühmte Saal hinter der Eingangspforte ist groß genug, die Gesamtanlage von Notre Dame in Paris bequem in sich aufzunehmen. Dies Wunder von Karnak hat eine Länge von 102 Metern und eine Breite von 51 Metern. Einhundertundfünfzig Säulen trugen einst die Decke, die sich, im Mittelgange, 23 Meter über den Fußboden erhob. Zwölf Säulen, zu beiden Seiten des Mitteleinganges, haben einen Umfang von 10 Metern (Durchmesser ungefähr 11 Fuß). Mit einer einzigen Ausnahme stehen alle Säulen wie vor dreiunddreißig Jahrhunderten kerzengerade da.
19. Januar. An diesem Tage besuchte der Prinz die Westseite von Theben (an der linken Seite des Nil), die »Nekropolis« und die beiden Steinriesen, sitzende Königsbilder, eines davon das Bildnis Amenhoteps oder Amenophis III., desselben, der den Ammontempel in Luxor errichtete. Dieses Bildnis, von dem sich während eines Erdbebens im Jahre 27 vor Christo Kopf und Oberteile loslösten, ist die berühmte Memnonssäule.
Am Abend des 19. Januars (der Abschied von Theben, um weiter flußaufwärts zu gehen, stand für den nächsten Tag bevor) wurde durch Konsul Tudrus und seinen Sohn ein Feuerwerk abgebrannt. Aber dabei blieb es nicht. Noch eine andere Aufmerksamkeit stand bevor. Brugsch schreibt: »Eben war alles dunkel geworden, als ich bemerkte, daß vom Dorf her Männer herankamen und auf unser Boot zuschritten. Auf meinen Anruf ›wer da‹ erhielt ich Antwort ›still‹. Es waren Tudrus und sein Sohn, samt einem Knecht, die, so schien es, eine tief in Leinen gehüllte vierte Person führten und mühsam mit aufs Schiff schleppten. Dann legten sie, nach vorgängiger Verständigung, diese vierte Person auf einen zur Seite stehenden Divan nieder. Als Tudrus, samt Sohn und Knecht wieder fort waren, trat ich an die vierte Person heran und entfernte beim matten Schein der Schiffslaterne die Nadeln, die die kleineren Hüllen um Kopf und Hals zusammenhielten. Ein kleines, rundes, liebliches Mädchengesicht von weißestem Teint und mit schwarzem Augenpaar, den Hals mit einem weißen Kollier geschmückt, lächelte mich spukhaft an. Ihr Alter zu bestimmen, war mir unmöglich. Annähernd schätzte ich es mit Kennerblick auf 2400–2700 Jahre. Es war eine thebanische Priesterin des Ammon aus vornehmem Geschlecht. Der wohl einbalsamierte Leib lag in einem buntbemalten Karton. Tudrus hatte das Mädchen von irgendeinem fellachischen Schatzgräber in der Nähe der Memnonien erstanden und sich die Freude vorbehalten, dem Prinzen in nächtlicher Stunde die junge Thebanerin als Geschenk zu übergeben. Von ihrem späteren Schicksal in Dreilinden berichte ich am Schluß.«
20. Januar. Von Theben nach Bellessieh.
21. Januar. Besonders stiller Tag. Als man an einsamster Stelle war, wurde man durch eine Bootsbegegnung überrascht. Flußabwärts schwamm eine Dahabieh heran, auf der sich zwei junge württembergische Offiziere befanden. Ein Zufall wollte es, daß der Prinz vier Wochen später, auf dem Wege von Jaffa nach Jerusalem, abermals eine Begegnung mit Württembergern hatte, und zwar mit »württembergischen Templern«. Wir kamen nachmittags bis Ombos, das schon im Altertum wegen seiner vieler Krokodile berühmt war. Aber kein Krokodil war auf den Sandbänken zu sehen. »Wo sind sie?« fragte der Prinz. »Sie
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