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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Disziplin, die der »Dienst« auf die Kräfte und Leidenschaften starker Naturen ausübt, überhoben, verfiel er einem glänzenden Müßiggange, den er nunmehr mit derselben Konsequenz und Energie wie früher seine soldatischen Tugenden durchführte. Den größten Teil des Tages verbrachte er beim Spiel. Kam er nach Friedersdorf, so war er sicher von seiner »Partie« begleitet. Unter der großen Linde welche hinter dem Hause im Garten steht, hatte er sich eine Laube einrichten lassen. Dort saß er schon am Morgen und spielte. Dann wurde mit großem Aufwande getafelt, viel und gut und lange getrunken, bis der Abend die Beschäftigung des Morgens wieder aufnahm. Er besaß ein höchst wertvolle Bibliothek, die sich jetzt noch im Friedersdorfer Schloß befindet. Alle diese Bücher hatte er, partienweise, dem Quintus Icilius im Spiel abgewonnen und sich dadurch nachträglich und auf dem Wege rechtens in Besitz derselben Bibliothek gesetzt, deren Fortführung aus Schloß Hubertusburg er, als unwürdig eines Marwitz und Obersten der Gensdarmes, verweigert hatte. Dieser Johann Friedrich Adolf, oder der Hubertusburg-Marwitz, wie wir ihn genannt haben, starb 1781. Die Friedersdorfer Kirche bewahrt sein Andenken durch einen Grabstein, auf dem wir die Worte lesen: »Johann Friedrich Adolf. Er sah Friedrichs Heldenzeit und kämpfte mit ihm in allen seinen Kriegen. Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte.«
    Sein jüngerer Bruder war der Hochkirch-Marwitz (Gustav Ludwig). Er diente ebenfalls im Regiment Gensdarmes und focht bei Hochkirch mit solcher Auszeichnung, daß er, unmittelbar nach der Schlacht, vom Rittmeister zum Major anvancierte und den Pour le mérite erhielt. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Quartiermeister von der Marwitz, dessen Name in noch glänzenderer Weise mit der verhängnisvollen Nacht von Hochkirch verwoben ist. Dieser letztere von der Marwitz, mit der Friedersdorfer Linie nur weitläufig verwandt, weigerte sich bekanntlich, das Lager, das einen Überfall gleichsam herauszufordern schien, an der angewiesenen Stelle abzustecken, und erhielt dafür nicht nur keinen Pour le mérite, sondern fiel in Ungnade. Er starb bereits im folgenden Jahre 1759. »Son mérite et ses services seraient oubliés sie ce monument n'en conservait le mémoire«, so schrieb Prinz Heinrich unter den Namen dieses Marwitz (des Quartiermeisters) und reihte denselben unter die Namen ein, die den Sockel des großen Rheinsberger Obelisken in goldner Schrift umziehen. Unser Hochkirch-Marwitz aber stieg von Stufe zu Stufe, kommandierte das altmärkische Kürassierregiment, das zu Salzwedel lag, und starb erst 1797 als Generalleutnant. Die Friedersdorfer Kirche erwähnt seiner nicht.
    Der dritte und jüngste Bruder war der Kammerherr Marwitz (Bernd Friedrich August). Sein Leben verlief ohne historische Momente, ohne Taten nach außen. Kurz vor seinem Tode ward er als interimistischer Intendant an die Spitze der königlichen Schauspiele berufen. Die Memoiren seines Sohnes äußern sich bei dieser Gelegenheit: »Der Ärger über das scheußliche Komödiantenvolk, mit dem er verkehren mußte, vorzüglich aber die unvermeidlichen Erkältungen während der Vorstellungen gaben ihm den letzten Stoß.« Er starb 1793. Seine Gedenktafel in der Friedersdorfer Kirche fügt seinem Namen einfach die Worte hinzu: »Grad, bieder, rechtschaffen.« So war er. Es war ihm nicht gegeben, zum Ruhme seiner Familie durch andere, als durch stille Taten beizusteuern, aber was ihm versagt blieb, wurde seinen drei Söhnen um so reichlicher gewährt. Diese drei Söhne waren: August Ludwig, Alexander und Eberhard. Nur dem Namen des Ältesten begegnen wir in der Friedersdorfer Kirche. Über der Eingangstür, in ziemlicher Höhe, befindet sich ein reicher, in drei Felder geteilter Goldrahmen, in dessen Mittelfeld wir das Bildnis August Ludwigs von der Marwitz, rechts und links aber die Bildnisse seiner beiden Frauen erblicken. Besonders das Bildnis seiner ersten Frau, einer geborenen Gräfin Brühl, zeichnet sich durch einen Ausdruck gewinnender Liebenswürdigkeit aus und prägt sich dem Gedächtnis des Beschauers ein.
    Über den Charakter und reichen Lebensinhalt dieses für die Entwicklungsgeschichte unseres Vaterlandes bedeutungsvollen Mannes spreche ich nunmehr ausführlicher in dem folgenden Kapitel.
     
Friedrich August Ludwig von der Marwitz
     
    Er hats verschmäht sich um den Kranz zu mühen,
    Den unsre Zeit, die feile Modedirne,
    Geschäftig flicht

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