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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Vergnügen gehabt, Ihre Frau Tochter in Berlin zu sehen. Ich sah sie aber so flüchtig, daß ich kaum Gelegenheit fand, ihr guten Tag und guten Weg zu wünschen. Dennoch, so kurze Zeit ich sie sah, konnt' es mir nicht entgehen, wie sehr sie sich vor allen anderen Damen des Hofes auszeichnete, und obschon ein ganzer Haufe von Prinzessinnen (une foule de Princesses) zugegen war, die an Glanz sie übertrafen, so verdunkelte Ihre Frau Tochter doch alle durch Schönheit und majestätische Miene, durch Haltung und feine Sitte. Ich war wirklich in einer Tantalus-Lage, immer versucht zu einer so göttlichen Person (à une si divine personne) zu sprechen, und nichtsdestoweniger zum Schweigen verpflichtet. Sie feierte schließlich einen völligen Triumph und alles am Hofe kam überein, daß Frau von Wreech den Preis der Schönheit und feinen Sitte davontrage. Diese Worte müssen Ihnen wohltun, da Sie dieser liebenswürdigsten aller Frauen so nahestehen. Aber seien Sie versichert, Madame, daß Ihre Teilnahme an diesem allen nicht lebhafter sein kann, als meine eigene, der ich alles liebe, was dieser liebenswürdigen Familie zugehört, und immer bin und sein werde Ihr ergebenster Freund, Neffe und Diener Friedrich.«
    Wenn uns dieser Brief von der Feinheit und Grazie der schönen Frau erzählt, so erzählt uns ein anderer Brief von dem Respekt, den ihre Gegenwart einzuflößen verstand. Der Kronprinz schreibt unterm 5. September 1731 an Frau von Wreech selber:
    »Ich würde die härteste Strafe verdienen, in Ihrer Gegenwart eine bêtise wie die gestrige begangen zu haben, wenn ich nicht Entschuldigungen hätte, die glaub' ich einigermaßen stichhaltig sind. Der Graf sagte wirklich Dinge, die mir ganz und gar nicht gefielen, Dinge, deren rasche und ruhige Verdauung über meine Kräfte ging. Dennoch hab' ich nur allzu guten Grund, Ihre Verzeihung für mein albernes Betragen nachzusuchen. Sie werden mir erlauben, meinen letzten Besuch durch einen anderen wieder gutzumachen, wo ich versuchen will, so weit wie möglich den Eindruck meiner gestrigen Torheit zu verwischen.«
    So am 5. September. Aber die aufgefundenen Briefe fügen dem Bilde weitere Züge hinzu und wir sehen Frau von Wreech nicht nur im Besitz von Jugend, Schönheit und einer Respekt erzwingenden Haltung – wir gewinnen auch einen leisen Einblick in ihre geistige Begabung und in die Liebenswürdigkeit ihres Charakters. Am 20. Februar 1732 schreibt der Kronprinz:
    »Ich würde sehr undankbar sein, wenn ich Ihnen nicht meinen Dank aussprechen wollte, einmal darüber, daß Sie überhaupt nach Tamsel kamen, dann über die reizenden Verse, die Sie für mich gemacht hatten. Ich hätte mich einer Sünde schuldig zu machen geglaubt, wenn ich die Verse gleich gelesen und dadurch, wenn auch nur um einen Augenblick, mich um den Zauber Ihrer Unterhaltung gebracht hätte. Gestern, in abendlicher Einsamkeit, fand ich Gelegenheit, alles in ungestörtester Muße zu lesen und zu bewundern. Da haben Sie meine Kritik. Alles, was von Ihnen kommt, entzückt mich durch Geist und Grazie. Doch genug – ich breche ab, seh ich Sie im Geiste doch ohnehin erröten. Ihrer Bescheidenheit aber jedes weitere Verlegenwerden zu ersparen und zugleich von dem Wunsche geleitet, Ihnen einen neuen Beweis meines blinden Gehorsams zu geben, schicke ich Ihnen, was Sie von mir gefordert haben.«
    Das, was der Prinz schickt, was Frau von Wreech von ihm gefordert hat, ist sein Porträt, und er begleitet dasselbe mit einem Abschiedssonett, dessen Liebesgeständnis, eben weil es Abschiedszeilen sind, vielleicht ein gut Teil ernsthafter zu nehmen ist, als alle die andern gereimten Huldigungen, auf die ich später zurückkomme. Das Sonett lautet:
     
    Als mein Gesandter soll mein Bild dich grüßen,
    Und des Gesandten Dolmetsch sei dies Lied,
    Was ich zu sagen dir bisher vermied,
    Ich sag' es nun: Ich liege dir zu Füßen.
     
    Ich trage Fesseln, aber jene süßen,
    Von denen nie ein Herz freiwillig schied, –
    Mit jedem Ringe, jedem neuem Glied
    Wächst nur die Lust zu tragen und zu büßen.
     
    Doch halt, o Lied, verrate nicht zu viel,
    Verberge lieber hinter heitrem Spiel
    Den Schmerz des Abschieds und des Herzens Wunde,
     
    Verberge deiner Wünsche liebstes Ziel,
    Verschweige, daß nur eine dir gefiel,
    Um die du sterben möchtest jede Stunde.
     
    Ich habe die Übersetzung dieses Sonetts mit gutem Vorbedachte hierher gestellt, weil es mir, ganz abgesehen von seinem Wert oder Unwert, einen passenden

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