Wanderungen durch die Mark Brandenburg
von gebeiztem Eichenholz. So häßlich die Bilder sind und so unfähig, ein künstlerisches Wohlgefallen zu wecken, so wecken sie doch immerhin ein gewisses künstlerisches Interesse. Der Hang zum Charakteristischen ist unverkennbar. In dem einen Zimmer hängen z.B. zwei seiner Judenköpfe nebeneinander. Man sieht deutlich, daß ihm der erste Kopf nicht jüdisch genug erschienen war und daß er sich zum zweiten Male an die Arbeit machte, um den nationalen Typus entschiedener herauszuarbeiten. Einmal ist ihm sogar ein hübscher Kopf geglückt: die Frau seines ersten Kammerdieners. Hübsch cum grano salis.
Außer den Bildern des Königs, die neuerdings, wenn ich nicht irre, nach Königs-Wusterhausen hinübergeschafft worden sind, bewahrt Schloß Kossenblatt auch die Staffelei, worauf die Bilder gemalt wurden. Daneben einen Eichentisch und um den Tisch herum eine Anzahl schwerer Holzstühle nach Art unserer jetzigen Gartensessel. Alles solid und primitiv.
Wir durchschritten endlich auch den Rest des Erdgeschosses und fanden seine Räume, wie wir die des ersten Stockes gefunden hatten: groß, öde, weiß. Dazu hohe Fenster und hohe Kamine. Sie hatten bloß
ein
charakteristisches Zeichen und dieses Zeichen mehrte nur unser Grauen. In jedem Zimmer lag ein toter Vogel, in manchem zwei, auch drei. In Sturmnächten hatten sie Schutz gesucht in den Rauchfängen, und immer tiefer nach unten steigend, waren sie zuletzt wie in eine Vogelfalle hinein geraten.
Und hier vergebens einen Ausweg suchend, hin und her flatternd in dem weiten Gefängnis, waren sie verhungert.
Spät am Abend mahlte sich unser Fuhrwerk wieder durch den Sand zurück. Es war kühl geworden und der Sternenhimmel gab auch dieser Öde einen poetischen Schimmer. Ich sah hinauf und freute mich des Glanzes. Aber in die heitern Bilder, die ich wachzurufen trachtete, drängte sich immer wieder das Bild von Schloß Kossenblatt hinein. Die weißen Wände starrten mich an, ich hörte das gespenstische Türenklappen und in dem letzten Zimmer des linken Flügels flog ein Vögelchen hin und her und stieß mit dem Kopfe an die Scheiben. Sein Zirpen klang wie Hilferuf.
Und inmitten dieses Hilferufs wechselte das Bild und das Schloß stand in Flammen, und unsichtbare Hände trugen es ab und warfen es in das Feuer.
Steinhöfel
Es gab ihm das Geleite 'ne Ehrenkumpanei,
Die Briten-Degen sprachen: »Nun General, good bye«,
Da sprach er: »Kameraden, grüßt Wellington mir schön,
Wer weiß, in Jahr und Tage wir uns mal wiedersehn.«
Scherenberg
Bei Fürstenwalde haben wir auf unserem Rückwege die Spree nach Norden hin passiert und erreichen nach einstündiger Fahrt das von Massowsche Gut Steinhöfel.
Steinhöfel gehörte mehrere Jahrhunderte lang dem Güterkomplex an, den die in eine Tempelbergsche 66 und eine Steinhöfelsche Linie geteilte Familie von Wulffen im Herzen des alten Landes Lebus besaß.
Die Wulffens beider Linien blühten hier mehrere Jahrhunderte lang, bis, wenn die Sage recht hat, zu Anfang des vorigen Jahrhunderts ein Wendepunkt eintrat. Wenigstens mit Rücksicht auf die Steinhöfeler Wulffens.
Und zwar wird folgendes erzählt.
Der alte Wulffen (Balthasar Dietloff), der damals Steinhöfel, Kersdorf, Gölsdorf und Madlitz besaß, war ein passionierter Jäger. Er unterhielt große, eingefriedete Waldstrecken, in denen das Wild gehegt und gepflegt wurde. So weit alles gut. Im Dorfe befand sich aber auch ein alter Schäfer, der ein ebenso leidenschaftlicher Sackpfeifer wie der alte Wulffen ein leidenschaftlicher Jäger war. Es scheint nun, daß der Sackpfeifer mit besonderer Vorliebe gerade dann seine Stücke blies, wenn der alte Wulffen auf die Jagd reiten wollte, so daß die Hirsche jedesmal wußten, was und wen sie zu gewärtigen hatten. Es war für die Hirsche wie Hundeblaff und Büchsenschuß. Oft schon hatte der alte Jäger dem alten Schäfer diese »Meldung in den Wald hinein« verboten. Aber immer wieder vergeblich. Als er ihn eines Tages wieder bei seinem Spiele betraf, schoß er ihn nieder. Damit war es indessen nicht abgetan, die Sache machte großes Aufsehen und König Friedrich Wilhelm I. verurteilte den alten Wulffen zum Verlust seiner Güter. Nur Steinhöfel ward ihm belassen.
So weit die Tradition. Daß etwas Tatsächliches zugrunde liegt, ist nicht unmöglich, andrerseits ist es unzweifelhaft, daß sich die Sache wesentlich anders verhalten haben muß. Einzelne der obengenannten Güter befanden sich nämlich in der
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