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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vergessen.« Und zuletzt: »Was mir angenehm ist, ist das, daß Du Reisebeschreibungen zu lesen hast. Suche nur ein hübsches Plätzchen in jenen Regionen aus; ich ziehe mit Dir so weit der Himmel blau ist.« Dein Adalbert
     
Emil von Arnstedt an Adalbert von L.
    Mein lieber Adalbert. Ein ruhiges Plätzchen in jenen Regionen aufzusuchen, ist wohl leicht; doch ob Du mit mir dort Freud und Leid teilen willst, das bedenke. Man verläßt nicht gern ohne Not Eltern, Hab und Gut. Nein, wähle Dir ein hübsches junges Weib, habe Kinder, und wenn ich dann vielleicht aus jenen Regionen ohne Fuß oder Arm zurückkehre, so gewähre dem alten zerschossenen aber gewiß noch fidelen Krüppel ein Plätzchen an Deinem Herd. Doch das liegt in weiter Ferne. Vorläufig nur das, daß ich in der ganzen Welt mein Fortkommen zu finden hoffe, denn wennschon ich nichts als Blut zu vergießen gelernt habe, so braucht man doch Leute, die sich für Geld und gute Worte totschießen lassen, allerorten, sogar bei den Wilden und Negern. Es umarmt Dich
    Dein Vetter Emil
     
Adalbert von L. an Emil von Arnstedt
    Lieber Arnstedt. Noch eins, aber etwas Ernsthaftes. Ich glaube, ja ich bin gewiß, daß wir einander gut sind und uns von Herzen lieben. Versprich mir, so wie ich Dir jetzt hier verspreche, daß wir – – – nein, es ist zu phantastisch; laß den Satz unausgeschrieben. Wenn wir uns lebendig wiedersehn, will ich Dir mündlich sagen, was ich eigentlich wollte. Da dies vielleicht die letzten Briefe sind, die wir wechseln, so noch einen Vorschlag. Wenn Du verurteilt wirst, ist das einzige Mittel, Dich nicht auf das Schaffot bringen zu lassen, Du beißt Dir die Pulsadern durch. Es ist der beste Tod und man soll sanft einschlafen. Wenn Du leben bliebest und wie Du schreibst als Krüppel wiederkämst, so wollt' ich das letzte Stückchen Brot mit Dir teilen. Lebewohl. Dein Adalbert
     

Emil von Arnstedt an Adalbert von L. (Letzter Brief.)
     
    Lieber Adalbert! Dank, tausend Dank für Speis und Trank und für Deine Nachrichten. Aber was meinst Du mit dem, was Du unausgesprochen läßt? Du machst mich neugierig. Freund, was lange währt, wird gut; laß nur sein, und wenn ich 7000 Jahre auf Festung komme, das schadet nichts; dann leben wir doch noch einmal vergnügt zusammen und gedenken vergangener Mißgeschicke.
     
    Zittre nicht, zage nicht,
    Sei nicht ungeduldig,
    Was du nicht bezahlen kannst,
    Bleib' den Leuten schuldig.
     
    Dein Vetter Emil von A.
     
    *
     
    Mit diesem, dem Kommersbuch statt dem Gesangbuch entnommenen Trostesverse ging er aus der Welt: »Was du nicht bezahlen kannst, bleib' den Leuten schuldig.«
    Am liebsten (und dies soll ihm unverdacht sein) wär' er den Leuten seinen Tod schuldig geblieben. Aber es war anders beschlossen und er mußte mit seinem Leben zahlen. Der König, wie schon eingangs hervorgehoben, bestätigte am 14. April das schon am 7. Januar vom Kriegsgericht gefällte Urteil und elf Tage später erfolgte die Hinrichtung. Dem Berichte eines Augenzeugen entnehm' ich darüber das Folgende.
    »Fähnrich von Arnstedt wurde den 25. April 1837, 5 Uhr morgens, auf einen mit zwei Pferden bespannten bäuerlichen Korbwagen gesetzt und begleitet von einer kleinen Abteilung seines Regiments (Leibregiment) in einem raschen Schritttempo nach dem für die Hinrichtung bestimmten Platze hinausgefahren. Ihm gegenüber rückwärts saßen zwei Unteroffiziere. Der Weg war nicht allzu weit und lag auf den Frankfurter Wiesen, dicht
am
sogenannten Meisterwerk.
Am
Ende der hier die Dammvorstadt durchschneidenden Sonnenburger Straße war ein Sandhügel aufgeworfen und vor dem in der Nähe davon aufgestellten Richtblock stand der Scharfrichter. Als Arnstedt all dieser Vorbereitungen von seinem Sitze her ansichtig wurde, gab er sich einen Ruck und sagte zu den Unteroffizieren: ›er werd ihnen zeigen, wie ein preußischer Soldat sterben müsse.‹ Gleich danach angekommen, sprang er rasch vom Wagen, trat an den Scharfrichter heran und fragte diesen ›was er zu tun habe, um ihm sein Amt zu erleichtern.‹ Worauf dieser antwortete, ›daß er den Atem anhalten solle.‹ Nach Verlesung der Order wurde dann das Urteil rasch vollstreckt und der Körper eingesargt und an Ort und Stelle begraben.«
    In einem zweiten Briefe, der von seinem noch lebenden Vetter an mich gerichtet wurde, heißt es: »Als der Zug vorüberkam, lag ich im Fenster meines elterlichen Hauses und empfing ein letztes, freundliches Kopfnicken. Ein mir unvergeßlicher

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