Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
vielfach verkannten und unterschätzten Mannes dermaleinst zu schreiben gedenkt, wird an diesen Groß-Rietzer Bildnissen nicht vorübergehen dürfen. Sie lehren uns manches in seinem Leben und Charakter verstehn.
Inzwischen war die Sonne gesunken, und als wir jetzt aus dem Saal auf die große Freitreppe hinaustreten, stand der Vollmond bereits in aller Klarheit am Himmel. Ihn als Leuchte zur Seite, gingen wir auf die nah gelegene Kirche zu, hinter deren Fenstern ich ein paar Epitaphien und Trophäen in ihrem flimmernden Schmucke von Waffen und Goldbuchstaben erkannte. Dieser flimmernde Schmuck aber war nicht das, was meine Schritte hierher gelenkt hatte, vielmehr hielt ich mich jetzt auf die Mitte des Kirchhofs zu, wo, von einer Gruppe von Ahornplatanen umstellt, ein großer Granit, ein Doppel grabstein lag, auf dem einfach die Namen standen: »J. C. von Wöllner und C. A. C. von Wöllner, geborne von Itzenplitz«. Sonst nichts, weder Spruch noch Inschrift. Um die Stätte her war braunes Laub hoch zusammengefegt und predigte wie der Stein selber von der Vergänglichkeit irdischer Dinge.
Moll war uns auf den Kirchhof gefolgt. Er schien einen Augenblick zu Reflexionen in dem eben angedeuteten Sinne geneigt, gab es aber doch auf und begnügte sich schließlich mit einer einfachen Wetterbetrachtung: »Ich dachte, der Wind würd uns einen Regen zusammenfegen. Aber es is nichts. Sehen Sie sich bloß den Mond an; er hat nich mal 'nen Hof und steht so blank da wie 'n Zehnmarkstück.«
»Es is richtig. Aber Moll, warum sagen Sie bloß Zehn markstück?«
»Jott, ich dachte, vor die Gegend...«
Und damit gingen wir auf das Gasthaus zu, wo mein Mammon- und Adelsfreund schon ein Zimmer für mich, und zwar »auf der rechten Giebelseite«, bestellt hatte.
»Gott, Moll, das ist ja die Mondseite.«
»Na, denn tauschen wir. Ich hab es gern, wenn er mir so prall aufs Deckbett scheint.«
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4. Blossin
In aller Frühe brachen wir auf und machten den Weg vom Tage vorher wieder zurück, einzig und allein mit dem Unterschiede, daß wir, statt um die Nordspitze des Schermützel, um seine Südspitze herumfuhren.
Es waren dieselben Bilder, und Wagen und Gespräche mahlten ruhig und unverändert weiter. Aus der Reihe der letztern war eins über Zahnweh unbedingt das wichtigste, weil Moll ein Mittel angab, wie diesem Urfeinde der Menschheit beizukommen sei. Man müsse sich nämlich alle Morgen beim Waschen erst die Hände trocknen und dann das Gesicht; das sei probat, und er wenigstens habe seitdem Ruhe.
Gegen Mittag erreichten wir Storkow, eine der beiden Hauptstädte dieser Gegenden, und fuhren eine Stunde später um den großen Wolziger See herum, an dessen Westufer ich in einiger Entfernung unser eigentliches Reiseziel erkannte: Dorf Blossin.
Dieses, trotzdem es nur klein und bloßes Filial zu Friedersdorf ist, ist doch nichtsdestoweniger als der Punkt im Beeskow-Storkowschen anzusehn, dem der Ruhm einer eminent historischen Örtlichkeit in erster Reihe zukommt. Es wohnten hier nämlich die Queiße, von deren Schloß oder Herrnhaus aus die berühmte Fehde des Nickel Minckwitz ihren Ursprung nahm, eine Fehde, die mit der derselben Epoche zugehörigen des Michel Kohlhaas eine gewisse Verwandtschaft hat.
Ich schildre nunmehr diese Minckwitz-Fehde nach den Aufzeichnungen Wohlbrücks und Engels.
Ursach der Fehde.
Heinrich Queiß auf Plössin (jetzt Blossin) führt Beschwer über seinen Schäfer und erhält kein Recht
Der beinah achtzigjährige Heinrich von Queiß, Gerichtsherr zu Plössin und Lehnsträger des Bischofes von Lebus, war aus einem unbekannt gebliebenen Grunde mit seinem Schäfer in Streit geraten, so daß dieser letztre sich an seines Guts- und Gerichtsherrn Familie tätlich vergriff. Aber nicht genug damit, er ging in seiner Rache weiter, überfiel – nachdem er vorher die Flucht ergriffen und in Friedersdorf und Dolgenbrodt einen Bauernhaufen um sich versammelt hatte – Dorf und Feldmark Plössin und trieb seines Herren Schafe fort. Heinrich von Queiß verklagte nunmehr den Aufrührer bei dem Bischofe von Lebus, der denn auch seinem zu Storkow ansässigen Amtshauptmann Ordre zugehen ließ, nicht nur die weggetriebenen Schafe wieder herbei-, sondern auch den Schäfer selbst vor seines Grundherrn Gericht zu schaffen. Der Amtshauptmann aber erwies sich als säumig in seiner Pflicht, und da mittlerweile von seiten des rachsüchtigen Schäfers wiederholentlich versucht worden war, Plössin in Feuer
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