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Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Heckenzaun, und Moll und ich waren wieder allein.
    »Er ist auch nur arm«, sagte mein Philosoph in ernster Betrachtung. »Und dabei neunundsiebzig. Es is doch eigentlich eine traurige Geschichte.«
    »Warum? Er sah ja nicht traurig aus. Ganz und gar nicht. Aber Sie sind ein Mammonsjäger, Moll; Ihr drittes Wort ist immer Geld, und da kann ich schließlich nicht mehr mit. Ich hab Ihnen heute früh recht gegeben, aber Sie gehen ja viel zu weit und vergessen, daß ein Unterschied ist zwischen Pauvresein und Armsein. Armsein ist nicht so schlimm. Achten Sie mal darauf, immer die, denen das Leben das Leben schwer macht das sind die Tüchtigsten und Klügsten. War nicht die pieskowsche Wirtin eine kluge Frau?«
    »Ja, ja.«
    »Nun sehen Sie, so viel Schneid ist immer nur bei der Armut. Die Not lehrt beten, sagt das Sprüchwort, aber sie lehrt auch denken, und wer immer satt ist, der betet nicht viel und denkt nicht viel.«
    »Ich bin aber doch lieber satt.«
    »Ehrlich gestanden, ich auch. Darin stimmen wir nun wieder zusammen. Aber es ist doch auch was mit der Armut, oder wenn man so will, sie hat auch ihre Vorzüge.«
    »Man bloß nich viele...«
    »Nein, viele nicht. Aber doch welche. Sehen Sie, Sie haben viel gelesen und sind eigentlich, wenn es nicht grad Ihre schwache Stelle trifft (Sie wissen schon, welche), für einen gebildeten Fortschritt. Und nun frag ich Sie, wo säßen wir noch und wo wären wir noch, wenn es keine Not in der Welt gäbe. Die Not ist der große Treiber oder der eigentliche ›Motor‹, wie manche sagen, und daß ich hier jetzt mit Ihnen herumkutschiere trotz Ostwind und dieser Stichsonne (fühlen Sie mal, wie mir die Haut schon abschülbert), ist eigentlich auch bloß aus Not.«
    »I nu ja, man kann es auch so sagen. Aber ich bin doch mehr fürs Amöne. Sehen Sie den hübschen Turm da vor uns? Das ist Groß Rietz; da kann man doch wieder ein Glas Bier kriegen und ein Rührei mit Schinken.«
    »Und da finden wir auch was in Schloß oder Kirche. Ja, Sie lachen, Moll, und denken: ›Ach, das sagt er schon den ganzen Tag‹; aber Sie sollen sehen, hier gibt es was. In Groß Rietz nämlich hat der Minister Wöllner gewohnt, freilich erst, als er in Ungnade gefallen war, und ist auch bald nachher gestorben. Wer in Ungnade fällt, heißt es, der lebt nicht mehr lange. Nu, mir könnt es nicht passieren; In-Ungnade-Fallen und Pensioniertwerden ist eigentlich immer mein Ideal gewesen. Aber der eine denkt so und der andre so... Haben Sie schon mal von dem Minister Wöllner gehört?«
    »Nein. Wer war er denn? Ich habe bloß noch von die Manteuffels gehört. Und einer hieß der kleine Manteuffel. Es muß also wohl schon vorher gewesen sein.«
    »O lange vorher. Er war Minister bei Friedrich Wilhelm II. oder, wie die Leute sagen, beim dicken König. Und sie sagen auch, er hätt ihm immer Hokuspokus vorgemacht und Geister und Gespenster, und alles immer mit Weihrauch und Glasharmonika. Na, vielleicht war es nicht so schlimm. Und das können Sie glauben, Moll, er war gescheiter als manche, die jetzt über ihn lachen. Is auch gar nicht zu verwundern. Denn wie ging es denn? Erst war er bloß Hauslehrer und soll auch ein paarmal gepredigt haben, und noch dazu ganz gut; aber zuletzt dacht er doch wohl, ›es käme nicht viel dabei heraus‹, und heiratete lieber ein junges Fräulein von Itzenplitz. Auch die Mutter, heißt es, war ihm nicht unhold. ›Nicht unhold‹ darf man am Ende sagen und ist ein statthafter Ausdruck. Und als er nun das junge Fräulein geheiratet hatte (die Mutter nahm es alles in die Hand), da wurd er Minister und regierte den preußischen Staat. Und das kann doch schließlich nicht all und jeder.«
    Ich hatte hierbei Molls unbedingte Zustimmung erwartet, aber diese blieb aus, und während er es vorzog, hin und her zu diplomatisieren, fuhren wir bereits in Groß Rietz ein und hielten alsbald vor einem Häuschen, das uns als das des Herrn Kantors bezeichnet worden war.
    Ich stieg ein paar Stufen hinauf bis in den Flur und wollte klopfen, aber ein Choral, der eben auf einem kleinen Klavier gespielt wurde, hielt mich davon ab. Endlich schwieg es drin, und ich trat ein.
    Ein alter würdiger Herr empfing mich und hörte wohlwollend, aber verlegen meinem Vortrage zu, was mich schließlich selber verlegen machte. So sehr, daß ich, wie gewöhnlich in solcher Lage, vom Hundertsten aufs Tausendste kam. In diesem Momente höchster Bedrängnis erschien die Frau Kantorin und sah mit dem den Frauen

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