Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
mit ihnen abwechselnd, erhoben sich die Kolossalbauten der Berliner Eiswerke, die halb wie Riesenschuppen einer Fabrikanlage, halb wie die Gradierwände einer Saline dreinschauten. Zu meiner Überraschung erfuhr ich, daß auch zuzeiten Feuer in ihnen ausbricht.
    Eingesprenkelt in diese Meiler und Eiswerke, die auf weithin die Ufer beherrschen und ihnen den Charakter geben, präsentierten sich auch Villenanlagen, die in allen erdenklichen Spielarten, namentlich im italienischen und englischen Kastellstil, zu uns sprachen. Dicke und schlanke Flachtürme, mit Pfeilern, Sims und Balustrade. Alles in allem ein wunderbarer Anblick, der, nach mehr als einer Seite hin, zu denken gibt. Geflissentlich an den unübertroffenen Vorbildern Schinkels und seiner Schule vorübergehend, wie sie die Villenstraßen des Tiergartens aufweisen, gefällt sich der Bourgeois unserer östlichen Stadtreviere darin, seinen »Donjon« und, wenn es sein kann, selbst seinen »Belfroi« zu haben. Und dieser Schiefheit des Gedankens entspricht die Ausführung, die er erfährt. Eine geschäftsbefreundete »Firma«, die ein Ignorieren nicht wohl gestattet, empfängt den Bau in Entreprise, und tot und steif werden nun die Rund- und Spitzbögen aus dem Nürnberger Spielkasten genommen.
    Eben wieder lag ein reichgegliederter »Tudor-Turm«, dessen hochaufgehißtes Banner allem Stolz von York und Lancaster zu trotzen schien, glücklich hinter uns, als die Wasserfläche des Langen Sees sich verbreiterte und unseren Architektur-Unmut, soweit er überhaupt an Bord unseres Schiffes geteilt wurde, in dem Imposanten des landschaftlichen Bildes untergehen ließ. Wir waren in das eigentliche Regattaterrain eingefahren und befanden uns in Nähe jener haffartigen Stelle, wo sich, angesichts der Schmöckwitzer Brücke, vier über Kreuz gestellte Seeflächen: der Lange See, der Seddin-See, die Krampe und der Zeuthener See, ein Rendezvous geben.
    Der Nordwester wuchs, rascher ging die Fahrt, feuchter und erquicklicher wurde die Luft.
    Das Bild nahm uns gefangen: wir waren begierig, es von einer Hochstellung aus besser überblicken zu können. Eine Strickleiter war nicht da, die wir hätten erklettern können; so festigten wir, rechts und links, ein Klammer- und Hakenbrett an die zwischen Mast und Wanten straff gespannten Schrägtaue und nahmen auf diesen Brettern hüben und drüben unseren Stand. Kapitän Backhusen, den Tubus in der Hand, gab nicht nur die Ordres, sondern auch die Informationen. »Das ist die Krampenbaude, das ist Philippshütte, das ist der Schmöckwitzer Turm; hier in Front aber, wo Sie die Rohrinsel schwimmen sehen, das ist ›Robins Eiland‹, wo unser Flaggenschiff an den Regattatagen zu liegen pflegt. Dahinter steigt der Müggelsheimer Forst an, und wo er sich wieder senkt, das ist Kahniswall.«
    »Kahniswall?« fragte ich einigermaßen überrascht.
    »Gewiß, Kahniswall. Kennen Sie es? Eine Kolonistenanlage; früher ein Fischerhaus.«
    »Ja, dann kenn ich es. Nicht von Ansehn, aber aus einer Erzählung. Und Robins Eiland, das dort im Rohrgehege mit den drei Pappelweiden schwimmt, muß dann just die Insel sein, wo meine Robinsonade spielt.«
    Wir stiegen wieder auf Deck, und die Aufforderung erging an mich, zu erzählen, wobei es nicht an Zweifeln und scherzhaften Vorwürfen fehlte, ihnen, »den Halbautochthonen dieser Gegenden«, etwas Neues über die nördliche Wendei verraten zu wollen.
    »Wir wissen hier Bescheid, wie in unserer eigenen Tasche; wir könnten Zivilstandsregister führen und Chroniken schreiben, und nun kommen Sie, um uns auf unserem eigenen Terrain eine Niederlage zu bereiten. Kahniswall, eine Robinsonade; was ist es damit?«
    »Ich habe vor Jahren, als ich Geschichten aus dem Teltow sammelte, durch Güte eines Freundes davon erfahren. Es war eine briefliche Mitteilung und trug die Überschrift: ›Der Fischer von Kahniswall‹.«
    »Nun, so lassen Sie hören.«
    »Gut denn.«
----
    ._.
----

Der Fischer von Kahniswall
    »Fischer Kahnis hielt eine Fähre, da, wo der Bahnsdorfer Spreearm in den Seddin-See eintritt. Das Häuschen, das er bewohnte, war des sumpfigen Untergrundes halber von ihm selber auf einem eigens hergerichteten Damm oder Wall aufgeführt worden, und weil alles damals noch ohne feste Bezeichnung war, erhielt diese Wallstrecke, wo sein Häuschen stand, den Namen Kahniswall. Die Kolonisten von Gosen und Neu Zittau, seine nächsten Nachbarn, vergaßen über diesen Ortsnamen sehr bald den Namen dessen, der Wall und

Weitere Kostenlose Bücher