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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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alle Klassen der Lateinischen Schule bis Selecta, worin ich ein Jahr saß, durchlief.
    Auf Michaelis 1742 ging ich, einundzwanzig Jahr alt, auf die Universität zu Halle, und verlassen von allem Beistand, stümperte ich mich zwei Jahre durch. Ich informierte des Tisches wegen auf dem Waisenhause.
    1744 ging ich in Condition nach Siegen zu dem Baron von Horst, Chefpräsidenten der Grafschaft Siegen und Teklenburg. Sein dritter Sohn war mein Eleve. Der Vater war cholerisch, sehr scharf in der Kinderzucht; die Mutter war das Gegenteil. Sie verzärtelte den Sohn bis zum Tollwerden. Auch fand ich eine französische Mamsell vor, dies Kreuz aller Hofmeister.
    1747 ging ich nach Halle zurück in dem frommen Vorsatz, mich den Anstalten zu widmen. Allein es war alles verändert, und nach längerem Aufenthalt in Berlin nahm ich auf Ostern 1749 in Uetz eine Stelle als Hofmeister bei dem Junker von Hacke an. Nach sechseinhalb Jahren brachte ich meinen Eleven aufs Ritterkollegium und war willens, mich abermals nach Berlin zu wenden, als mir die Pfarre zu Geltow durch den Herrn Inspektor Lieberkühn angetragen wurde. ›Sie ist freilich schlecht, aber doch besser für Sie als wieder eine Condition.‹
    Auf Michaelis 1756 bezog ich die Pfarre Geltow, verpachtete die Ackerwirtschaft und behielt den Garten und Weinberg zu meiner Beschäftigung. 1759 heiratete ich meine selige Frau, damals Witwe des Bürgermeisters Pauli in Werder, mit welcher ich drei Töchter gezeuget habe.
    Als ich auf die Pfarre Geltow examiniert und ordinieret wurde, war der Herr von Danckelmann Chef des Consistorii. Als wir, es war außer mir noch ein Examinandus, abtraten, sagte er zu den geistlichen Herren: ›Der Moritz hat gut geantwortet und spricht gut Latein.‹ – ›Er ist Schulmann‹, erwiderte Rat Hecker, ›schade, daß Geltow eine so schlechte Pfarre ist.‹
    Mit 1756 begann der lange Krieg, und seine sieben Jahre haben mich wie sieben magere Kühe ganz aufgefressen. Ich hatte verpachtet, empfing bar 200 Taler, und der Preis aller Lebensmittel stieg ungeheuer im Preise; ich lebte recht dürftig. Nach Ende des Krieges bat ich das Consistorium um eine bessere Stelle. Ich wurde angewiesen, mich wieder zu melden; aber in dem Winkel Geltow erfuhr ich nichts oder erfuhr es zu spät.
    Erst 1773 ward ich wieder rege. Der Prediger Schmidt in Fahrland war tödlich krank, die Pfarre in großem Ruf, und meine Freunde lagen mich an, noch diesen Versuch zu tun.
    Den 2. Dezember 1773 starb Herr Schmidt. Schon am andern Tag bekam ich einen Expressen, schleunig nach Potsdam zu kommen, und schon am 4. Dezember wurde die entsprechende Petition dem Könige vorgelegt und mit den gewöhnlichen Formalitäten bewilligt. Das Consistorium akzeptierte die königliche Ordre ohne Widerrede, und der Geheimrat Lamprecht erklärte öffentlich, daß ich die Pfarre verdiene, worauf in der Session vom 9. Dezember die Gastpredigt dekretiert und dem Inspektor Befehl zugeschickt wurde, dieselbe abzuhalten.
    Soweit war alles gut; aber bald darauf veränderte sich mein Horizont; die Menschen verkehrten meine Freude in Traurigkeit.
    In Fahrland entstand Unruhe aus Kabale. Die Bauern sagten: ›Wie lange werden wir den Mann haben, er ist ja schon alt, er ist ja nicht des Herfahrens wert.‹ – Dies war eigentlich nur der Widerhall der Intrigue, die im Pfarrhause geschmiedet ward und deren Bolzen der Küster Kaplitz verschoß. Woltersdorf, Pastor zu Kartzow und Priort, saß auch in diesem Rat und schickte sich recht gut dazu. Der Plan war, den Kandidaten Korthym zur Pfarre zu verhelfen, welcher dann aus Dankbarkeit heiraten sollte. Hier war also eine große Klerisei interessiert: erst die Witwe, dann deren Schwester, die Predigerin in Döberitz, und der Küster, der von meinem Vorgänger zum Kantor präkonisiert worden war, indem er nach abgelegter Singeprobe kurzweg zur Gemeinde sagte: ›Seht hier euren Kantor!‹
    Küster Kaplitz kam nach Geltow herüber, horchte meinen Küster aus, und da er hörte, daß ich die Schule fleißig besuche, fürchtete er sich und dachte mit dem jungen Korthym besser fertig zu werden. Auch meine Armut ward bei diesen Gesprächen nicht vergessen.
    Nach langem Zögern wurde endlich die Gastpredigt auf den 6. Februar 1774 angesetzt. Ich ging nach Worms, wie Luther. Keine lebendige Seele war, der ich mich anvertrauen konnte. Aber so viel achtete ich mich doch, daß ich dem Inspektor (Superintendent), dem Günstling des Pfarrhauses, in der Sakristei

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