Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Bekanntschaft... Die Harmonika erhielt seinen ganzen Beifall; auch sprach er von verschiedenen besonderen Versuchen , was ich anfänglich nicht recht faßte. Nur erst seit gestern ist mir vieles natürlich.
Gestern gegen Abend fuhren wir nach seinem Landgute, dessen Einrichtung, besonders aber die des Gartens, außerordentlich schön getroffen ist. Verschiedene Tempel, Grotten, Wasserfälle, labyrinthische Gänge und unterirdische Gewölbe usw. verschaffen dem Auge so viel Mannigfaltigkeit und Abwechslung, daß man davon ganz bezaubert wird. Nur will mir die hohe, dies alles umschließende Mauer nicht gefallen; denn sie raubt dem Auge die herrliche Aussicht. – Ich hatte die Harmonika mit hinausnehmen und Herrn N..z versprechen müssen, auf seinen Wink an einem bestimmten Orte nur wenige Augenblicke zu spielen. Um diesen Augenblick zu erwarten, führte er mich in ein großes Zimmer im Vorderteil des Hauses und verließ mich, wie er sagte, der Anordnung eines Balls und einer Illumination wegen, die beide seine Gegenwart notwendig erforderten. Es war schon spät, und der Schlaf schien mich zu überraschen, als mich die Ankunft einiger Kutschen störte. Ich öffnete das Fenster, erkannte aber nichts Deutliches, noch weniger verstand ich das leise und geheimnisvolle Geflüster der Angekommenen. Kurz nachher bemeisterte sich meiner der Schlaf von neuem; und ich schlief wirklich ein. Etwa eine Stunde mochte ich geschlafen haben, als ich geweckt und von einem Diener, der sich zugleich mein Instrument zu tragen erbot, ersucht ward, ihm zu folgen. Da er sehr eilte, ich ihm aber nur langsam folgte, so entstand daraus die Gelegenheit, daß ich, durch Neugierde getrieben, dem dumpfen Ton einiger Posaunen nachging, der aus der Tiefe des Kellers zu kommen schien.
Denken Sie sich aber mein Erstaunen, als ich die Treppe des Kellers etwa halb hinuntergestiegen war und nunmehr eine Totengruft erblickte, in der man unter Trauermusik einen Leichnam in den Sarg legte und zur Seite einem weißgekleideten, aber ganz mit Blut bespritzten Menschen die Ader am Arme verband. Außer den hilfeleistenden Personen waren die übrigen in langen schwarzen Mänteln vermummt und mit bloßen Degen. Am Eingang der Gruft lagen übereinandergeworfene Totengerippe, und die Erleuchtung geschah durch Lichter, deren Flamme brennendem Weingeist ähnlich kam, wodurch der Anblick desto schauriger wurde. Um meinen Führer nicht zu verlieren, eilte ich zurück. Dieser trat soeben aus dem Garten wieder herein, als ich bei der Türe desselben ankam. Er ergriff mich ungeduldig bei der Hand und zog mich gleichsam mit sich fort.
Sah ich je etwas Feenmärchenähnliches, so war's im Augenblick des Eintritts in den Garten. Alles in grünem Feuer; unzählig flammende Lampen; Gemurmel entfernter Wasserfälle. Nachtigallengesang, Blütenduft, kurz, alles schien überirdisch und die Natur in Zauber aufgelöst zu sein. Man wies mir meinen Platz hinter einer Laube an, deren Inneres reich geschmückt war und wohinein man kurz darauf einen Ohnmächtigen führte, vermutlich den, dem man in der Totengruft die Ader geöffnet hatte. Doch gewiß weiß ich es nicht, weil die Gewänder aller Handelnden jetzt prächtig und reizend von Form und Farbe und mir dadurch wieder ganz neu waren. Sogleich erhielt ich das Zeichen zum Spiele.
Da ich nunmehr genötigt war, mehr auf mich als auf andere achtzugeben, so ging allerdings vieles für mich verloren. Soviel aber nahm ich deutlich wahr, daß sich der Ohnmächtige kaum nach einer Minute des Spielens erholte und mit äußerster Verwunderung fragte: ›Wo bin ich? wessen Stimme höre ich?‹ – Frohlockender Jubel und Trompeten und Pauken war die Antwort. Alles griff zugleich nach den Degen und eilte tiefer in den Garten, wo das Fernere für mich wie verschwunden war.
Ich schreibe Ihnen dieses nach einem kurzen und unruhigen Schlaf. Gewiß, hätte ich nicht noch gestern, ehe ich mich zu Bette legte, diese Szene in meine Schreibtafel aufgezeichnet, ich wäre sehr geneigt, dies alles für einen Traum zu halten. Leben Sie wohl.«
Die vorstehende Schilderung hat uns bereits in eine Gruppe von Ordensverbindungen (oder doch bis an die Grenze derselben) geführt, in denen »Erscheinungen« als Nervenstimulus und dieser wieder als »Mittel zum Zweck« die Hauptsache waren.
Wir wenden uns nunmehr diesen Magiern und ihren Verbindungen zu. Zuvor aber noch eine Bemerkung.
Auch jene Orden, die, was immer ihre Schwächen und Gebrechen sein mochten,
Weitere Kostenlose Bücher