Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
doch in erster Reihe immer das Prinzip wollten und in Wahrheit ernst und aufrichtig einen geistigen Kern hatten, auch diese bedeutsameren, nicht ephemeren, wirklich zu politischer und sozialer Bedeutung gelangenden Orden glaubten wohl oder übel eines gelegentlichen Operierens mit »Erscheinungen« nicht entbehren zu können. Wir werden darauf ausführlicher zurückkommen und festzustellen suchen, wieviel davon zulässig oder, richtiger, wie groß oder wie gering das Maß der Verschuldung war.
Mit diesen ernsteren Bestrebungen, die sich gelegentlich im Mittel irrten, haben aber, trotz einer gewissen äußeren Ähnlichkeit, jene zu neun Zehntel auf Lug und Trug gestellten Vergesellschaftungen nichts gemein, die nicht einmal das ohnehin gefährliche und fragwürdige: »Der Zweck heiligt die Mittel« für sich geltend machen konnten, sondern einfach, unter prätentiösen Phrasen, ihrem Gewinn oder irdischem Vorteil nachjagten. Es waren Spekulanten und Komödianten. Geister erscheinen lassen war ihr Geschäft und nur ihr Geschäft. Wir machen uns zunächst damit vertraut, wie sie dies Metier betrieben.
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Der betreffende Brief gibt sich das Ansehen, als sei er aus Wien datiert und als habe die ganze Szene auf einem Landgut in der Nähe Wiens gespielt. Wer aber je in Marquardt war und den dortigen Park, den See, die Grotte, das Schloß und seine tiefen Doppelkeller kennengelernt hat, dem wird sich's zunächst aufdrängen, daß hier durchaus Marquardt gemeint sein müsse. Es ist aber trotz alledem nicht der Fall, kann nicht sein, da Marquardt erst 1795 in die Hände Bischofswerders kam. ._.
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Es gab, soweit wir imstande gewesen sind, uns aus den verschiedensten Schriften zu informieren, vier Arten des Betriebes. Kleinere Abweichungen kommen nicht in Betracht. Es waren:
1. Das Schattenbild auf weißer durchsichtiger Fläche. Eine Art Laterna magica. Dies war die plumpeste Art.
2. Das Hohlspiegelbild auf weißer Wandfläche. Ein Verfahren, das, bei Geisterszenen auf der Bühne, auch jetzt noch zu gelegentlicher Anwendung kommt.
3. Das Hohlspiegelbild auf Rauch und Qualm.
4. Bloße Benebelung und Einwirkung auf die Imagination, so daß man Dinge sieht, die gar nicht da sind.
Über diese letztere Art des Verfahrens, die die unglaublichste scheint und, richtig gehandhabt, doch vielleicht die sicherste war, entnehmen wir zeitgenössischen Memoiren das Folgende:
Friedrich II. erfuhr, daß in Halle ein Professor sei, der Geister zitieren könne. Der König ließ ihn kommen. Der Betreffende erschien auch, lehnte es aber ab, Geister erscheinen zu lassen, erklärte vielmehr dem Könige ganz einfach, wie er dabei zu operieren pflege. Er sagte: »Ich benutze dazu ein Räucherwerk. Dies Räucherwerk hat zwei Eigenschaften: 1. den ›Patienten‹ in einen Halbschlaf zu versetzen, welcher leicht genug ist, ihn alles verstehen zu lassen, was man ihm sagt, und tief genug, ihn am Nachdenken zu verhindern; 2. ihm das Gehirn dergestalt zu erhitzen, daß seine Einbildungskraft ihm lebhaft das Bild der Worte, die er hört, abmalt. Er ist in dem Zustande eines Menschen, der nach den leichten Eindrücken, die er im Schlaf empfängt, einen Traum zusammensetzt. Nachdem ich in der Unterredung mit meinem Neugierigen möglichst viele Einzelheiten über die Person, die ihm erscheinen soll, kennengelernt und ihn nach der Form und den Kleidern gefragt habe, in denen er die zu zitierende Person sehen will, lasse ich ihn in das dunkle, mit dem Dunst des Räucherwerks angefüllte Zimmer treten. Dann – nach einiger Zeit – spreche ich zu ihm: ›Sie sehen den und den, so und so gestaltet und gekleidet‹, worauf sich sofort seiner erregten Phantasie die Gestalt abmalt. Hierauf frage ich ihn mit rauher Stimme: ›Was willst du?‹ Er ist überzeugt daß der Geist zu ihm spricht; er antwortet. Ich erwidere; und wenn er Mut hat, so setzt sich die Unterredung fort und schließt mit einer Ohnmacht . Diese letzte Wirkung des Räucherwerks wirft einen mysteriösen Schleier über das, was er zu sehen und zu hören geglaubt hat, und verwischt die kleinen Mängel, deren er sich etwa erinnern könnte.«
Soweit die Enthüllungen des Professors.
Das dritte Verfahren: »das Hohlspiegelbild auf einer Rauchsäule«, wurde, wenn den betreffenden Überlieferungen Glauben zu schenken ist, vorzugsweise durch Johann Georg Schrepfer geübt. Dieser in seiner Art merkwürdige Mann bildete die Inkarnation jenes Lug- und Trugsystems, jener Geheimbündelei, die,
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