Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
wird durch den alle Kräfte der Erwerbung übersteigenden Luxus und durch das geschwächte Nervensystem der jetzigen Generation (also auch schon 1785!) ungemein befördert. Unsre Großen suchen den Stein der Weisen, um unsterblich zu werden, und erhoffen von den Geheimnissen der Alchimie die Mittel zur Befriedigung ihrer Neigungen.«
Die Reichstagszeitung fährt dann fort: »An keinem Orte der Welt sind mehr Verehrer solcher neuen Wissenschaften anzutreffen als an dem Wohnsitze des Reichstages, in Regensburg selbst. Hier befinden sich: Loyolisten im gestickten Kleid, im Chorgewand und im einfachen Kittel; Gaßnerianer und Mesmerianer; Kabbalisten und Somnambulisten; Magier der verschiedensten Stufen und Namen; Cagliostro-Anhänger, die den Stein der Weisen suchen, und ›Lammsbrüder, die sich vom inneren Stolze nähren‹ – Vereinigungen, die samt und sonders schwarze und weiße Magie treiben, aus Zahlen, Buchstaben und Worten die Geheimnisse der Natur und der Staaten prophezeien, die ewige Jugend suchen, vor allem aber den echtesten Grundsatz aller Schwärmer üben: sich untereinander zu verfolgen.«
So die Reichstagszeitung. Die Orden, die wir vorstehend aufgeführt, wie sie nur einen ganz kleinen Teil der in Regensburg vertretenen, geschweige denn der in ganz Deutschland damals verbreiteten Ordensgesellschaften bildeten, waren andererseits immer noch Grenznachbarn, oft wirkliche Abzweigungen jener zwei großen Körperschaften, der » Aufklärer « und der » Dunkelmänner «, die ihren Kern in der Idee hatten und auf die wir zurückkommen. Es gab aber andere, die sich absolut von jedem ideellen Gehalt entfernt hatten oder das Ideelle doch bloß als ein nervenanregendes Komödienspiel trieben.
Aus der Reihe dieser greifen wir einige Musterbeispiele heraus.
Da war vorerst die » Dukatensozietät «. Sie war schon um 1746 durch den Grafen Karl Ludwig von Wied-Neuwied gestiftet worden. Die Gesellschaft ging aufs Praktische und war deshalb auch in der glücklichen Lage, in betreff aller kirchlichen Dinge das Wort »Toleranz« auf ihre Fahne schreiben zu können.
»Religionsvorurteile können unmöglich bei einer Institution Einfluß haben, die sich auf Tugend und Geselligkeit gründet und die wahre Menschenliebe zu ihrem Wegweiser hat.«
Die » wahre Menschenliebe« lernen wir nun aus Paragraph 7 der Statuten kennen. Es heißt daselbst: »Da jeder monatlich gerne einen Dukaten zur Sozietätskasse zahlen wird, wenn er hoffen darf, nicht nur dieser Bezahlung bald entledigt zu werden, sondern sogar viele Dukaten monatlich zu empfangen , so wird er für das erste anderweite Mitglied, das er seinerseits zum Eintritt engagiert, von der Zahlung befreit; der zweite, den er engagiert, zahlt gleichfalls zur Sozietätskasse; für den dritten aber empfängt er monatlich einen Dukaten für sich ; der vierte zahlet ebenmäßig zur Sozietätskasse; für den fünften hingegen empfängt er wiederum einen Dukaten monatlich für sich; ferner auch für den siebenten, neunten, elften, dreizehnten und so fort für jede ungerade Zahl monatlich einen Dukaten. Wer also die Gelegenheit hat, ein Halbhundert Mitglieder zu dieser Sozietät zu engagieren, der bekommt monatlich eine Revenue von vierundzwanzig Dukaten.« Dies leuchtete vielen sofort ein. Vor Ablauf eines Jahres hatte der Orden bereits 416 Mitglieder, darunter einen Protektor, sieben Seniores, einen Kassierer, einen Secretair, einen Archivar. Die ersten Mitglieder waren fast lauter Offiziere der Garnison Wesel, daran schlossen sich Zivilpersonen aus Neuwied. In kürzester Frist hatte sich der Orden über ganz Deutschland ausgebreitet. Er bestand aber nicht lange. Die Regierungen schritten ein, warnten vor dieser »gefährlichen Sozietät« und verboten dieselbe. In betreff von Vergesellschaftungen, die auf Geld und Geldeswert ausgingen, waren die Regierungen immer am wachsamsten.
Ein anderer Orden, bei dessen Zeremonien die »Harmonika« eine große Rolle spielte und den wir deshalb den »Harmonikaorden« nennen wollen, hatte im Gegensatz zur »Dukatensozietät« etwas sinnbestrickend Theatralisches und operierte mit dem ganzen Apparat einer romantischen Oper. Diesen seltsamen Orden lernt man, in seinem Ritual (im Gegensatz zu den Statuten), aus einer kleinen Broschüre kennen, die 1787 in Berlin erschien und aus der wir folgendes entnehmen.
»Sie verschafften mir«, so schreibt der Held und Harmonikavirtuose 1) , »durch Ihre Adresse an Herrn N. eine sehr interessante
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