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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Hauses eine Kegelbahn entlang, deren kümmerliches und ausgebleichtes Lattenwerk dasteht wie das Skelett eines Vergnügens.
    Auf halbem Wege nach Tegel sind wir endlich bis an die letzten Ausläufer der Stadt gelangt, und eine Tannenheide beginnt, die uns, ziemlich ununterbrochen, bis an den Ort unserer Bestimmung führt. Noch ein weiter freier Platz, der nach links hin einen Blick auf den See und das Dörfchen Tegel gestattet, dann eine Wassermühle, hübsch, wie alle Wassermühlen, und eine Ahorn- und Ulmenallee liegt südlich vor uns, an deren entgegengesetztem Ende wir bereits die hellen Wände von Schloß Tegel schimmern sehen.
     
    Schloß Tegel, ursprünglich ein Jagdschloß des Großen Kurfürsten, kam, wenige Jahre nach dem Hubertusburger Frieden, in Besitz der Familie Humboldt. Alexander Georg von Humboldt, einem adeligen pommerschen Geschlechte angehörig, das im Fürstentum Cammin und im Neustettiner Kreise seine Besitzungen hatte, brachte es im Jahr 1765 durch Kauf an sich. 1) 1767 wurde Wilhelm, 1769 Alexander von Humboldt geboren, aber nicht in Tegel, sondern in Berlin, wo der Vater aller Wahrscheinlichkeit nach in Garnison stand. Nach dem Tode der Eltern wurde Schloß und Rittergut Tegel gemeinschaftliches Eigentum der beiden Brüder und blieb es, bis es im Jahr 1802 in den alleinigen Besitz Wilhelms von Humboldt, der damals Gesandter in Rom war, überging. Alexander von Humboldt hat sich immer nur besuchsweise in Schloß Tegel aufgehalten, und die historische Bedeutung des Orts wurzelt überwiegend in der vieljährigen Anwesenheit Wilhelms von Humboldt daselbst, der die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens (von 1820 bis 1835), zurückgezogen von Hof und Politik, aber in immer wachsender Vertrautheit mit der Muse und den Wissenschaften, auf dieser seiner Besitzung zubrachte.
    Die Kunstschätze, die Schloß Tegel bis diesen Augenblick umschließt, gehören, wie ich bei Aufzählung derselben noch weiter hervorheben werde, nicht unwesentlichen Teils in das Gebiet des Familienportraits. Wilhelm von Humboldt selbst, seine Gemahlin, seine drei Töchter (jüngerer, in Rom verstorbener Kinder zu geschweigen) haben alle, sei es in Stein oder Farbe, eine so mannigfache Darstellung gefunden, daß es nötig sein wird, behufs besserer Orientierung, dem Leser einen kurzen Überblick über die Familienverhältnisse Wilhelms von Humboldt zu geben.
    Wilhelm von Humboldt war mit Karoline Friederike von Dacheröden (geboren am 23. Februar 1766, gestorben am 26. März 1829) vermählt. Aus dieser Ehe wurden ihm, mit Ausschluß der früh verstorbenen Kinder, drei Töchter und zwei Söhne geboren. Die beiden Söhne erhielten die großen oberschlesischen Güter, die Töchter Tegel. Die älteste Tochter, Karoline von Humboldt, blieb unverheiratet und überlebte ihren Vater um kaum zwei Jahre. Die zweite Tochter, Adelheid von Humboldt, war mit dem Generallieutenant von Hedemann vermählt und besaß Schloß Tegel als väterliches Erbteil von 1835 bis zu ihrem Tode 1856. Nach ihrem Tode (sie starb kinderlos) ging Tegel nunmehr auf die dritte Schwester, Gabriele von Humboldt, Witwe des ehemaligen Gesandten in London und Staatsministers von Bülow, über. Das schöne Gut wird aber nicht im Besitz ihrer Deszendenz verbleiben, sondern fällt, nach dem Ableben der Frau von Bülow, an die ältere männliche Linie, will sagen an den Besitzer der schlesischen Herrschaft Ottmachau zurück.
    Wir haben inzwischen die Ahorn- und Ulmenallee durchschritten und stehen nunmehr, rechts einbiegend, unmittelbar vor dem alten Schloß. Die räumlichen Verhältnisse sind so klein und die hellgelben Wände, zumal an der Frontseite, von solcher Schmucklosigkeit, daß man dem Volksmunde recht geben muß, der sich weigert, von » Schloß Tegel « zu sprechen, und diesen Diminutivbau beharrlich »das Schlößchen« nennt. Man erkennt deutlich noch die bescheidenen Umrisse des alten Jagdschlosses, dessen einzig charakteristischer Zug, neben einem größeren Seitenturm, in zwei erkerartig vorspringenden Türmchen oder Ausbuchtungen bestand. Diese Erkertürmchen sind dem Neubau, der 1822 unter Schinkels Leitung begonnen wurde, verblieben, während der große Seitenturm das hübsche Motiv zur Restaurierung des Ganzen abgegeben hat. An den vier Ecken des alten Hauses erheben sich jetzt vier Türme von mäßiger Höhe, die derart eingefügt und untereinander verbunden sind, daß sie im Innern nach allen Seiten hin die Zimmerreihen erweitern,

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