Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Talrand und besetzten das Dorf
Henschhausen, wo demnächst die ganze Brigade sich
sammelte. Das Ersteigen der Höhen war um so be-
schwerlicher, als der Morgen inzwischen Glatteis ge-
bracht hatte. Dies veranlaßte ein häufiges Ausglei-
ten, welches denn auch nicht ohne Folgen blieb: der
interimistische Regimentskommandeur Major von
Herrmann beschädigte sich durch einen unglückli-
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chen Sturz vom Felsen so sehr, daß er zurückbleiben
und später wegen Invalidität seine Verabschiedung
nachsuchen mußte.
Der Marsch der Brigade ging nun zunächst auf Saar-
brücken, das am 7. Januar erreicht wurde, dann ins
Lothringische hinein. Am 11. stand man bei St-Avold,
am 18. aber überschritt man bei Pont-à-Mousson die
Mosel und wurde den zur Einschließung von Metz
bestimmten Truppen vorläufig zugeteilt. Das
1. Bataillon kam nach Moulins-les-Metz und Longevil-
le, das 2. und 3. Bataillon in die Nähe von Plappevil-
le, Namen, die seitdem wieder in unserem Ohr und
Herzen lebendig geworden sind.
Der Aufenthalt vor Metz dauerte nur kurze Zeit;
schon am 26. trafen russische Truppen als Ablösung
ein. »Die Unseren wurden dadurch von einem Dienst
befreit, der, infolge naßkalter Witterung und von Bi-
vouacs im halbgeschmolzenen Schnee, zahlreiche
Verluste herbeigeführt hatte.« Aufgabe war gewe-
sen, das formidable Metz womöglich einzunehmen, was beim Yorckschen Corps, das bekanntlich eine
schonungslose Kritik gegen alle Anordnungen des
Blücherschen Hauptquartiers übte, vielleicht nicht
ohne Grund die »Champagner-Disposition« genannt wurde.
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Am 26. Januar brachen unsere Bataillone auf und
marschierten auf St-Mihiel. Von dort aus auf Com-
merey, Ligny, St-Dizier, Vitry, also hart an der jetzi-
gen Straßburg-Pariser Eisenbahnlinie hin. Am
3. Februar standen die Brigaden des Yorckschen
Corps vor Vitry.
Am folgenden Tage wurde die Bewegung auf
Châlons-sur-Marne fortgesetzt. Die 8. Brigade langte
gegen Mittag vor der Festung an, und schon sollte
zum Sturm geschritten werden, als General Yorck
von jedem Vorgehen der Art Abstand nahm und die
Stadt mit Granaten zu bewerfen begann.
Bald sah man Feuer aufgehen. Einige Zeit später ließ
sich eine von einem französischen Offizier begleitete
Deputation der Bürgerschaft melden, welche der Ge-
neral von Yorck auch empfing. Alles harrte neugierig
des Ausgangs der Unterredung.
Endlich kam es zur Kapitulation, und speziell unsere
Brigade, die jetzt vom Prinzen Wilhelm geführt wur-
de1), rückte tags darauf in die Reimser Vorstadt ein,
wo man (wie am Abend vorher in der Vorstadt St-
Mihiel) volle Champagnerkeller fand und die schäumende Flüssigkeit, die man für Weißbier hielt, gierig hinunterstürzte . Die Folgen blieben nicht aus, und unter einem wilden Gejauchze drang man endlich in
die Stadt selber ein.
Am 6. Februar sollte der Marsch in der Richtung auf
Montmirail fortgesetzt werden. Die 8. Brigade blieb
in Châlons. Mit ihr unser Regiment. Hier sollte nun-
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mehr dem Champagnerrausch eine sehr unange-
nehme Ernüchterung folgen. General von Yorck ließ
nämlich um zehn Uhr vormittags Generalmarsch
schlagen und die Truppen bis nach eingetretener
Dunkelheit beim ärgsten Regen unter dem Gewehr
stehen .
Mitte Februars war die ganze Blüchersche Armee im
»Lager von Châlons« vereinigt; sie zählte jetzt,
nachdem auch General von Bülow eingetroffen war,
vier Corps. Am 18. brach man auf. Es ging auf Paris.
Unter Gefechten wurde Laon erreicht. Am 9. März
früh nahmen die Corps der Blücherschen Armee die
durch das Terrain gebotene Aufstellung, das Yorck-
sche Corps in zwei Treffen. Man hörte die Schlacht
auf dem rechten Flügel, dem Yorckschen Corps ge-
genüber aber zeigte sich kein Feind. Endlich nach-
mittags vier Uhr erschien Marschall Marmont auf der
Straße von Reims. Die Batterien begannen ihr Spiel,
und gegen Abend kam Befehl zum Angriff. Prinz Wil-
helm, der jetzt eine Division führte, ging im Sturm-
schritt gegen das brennende Dorf Athies vor, das
Bataillon Borcke mit seinen Schützen in der Front. Es
ward immer finsterer; nur das flammende Athies, die
auflodernden Bivouacfeuer, die brennenden Lunten
bei den in Position gebliebenen feindlichen Kanonen
und die Sterne leuchteten. Unser Bataillon Blücher
folgte links dem Bataillon Borcke; beide drangen in
die nordwestliche Ecke des Dorfes ein, stießen erst
auf Tirailleure, dann auf Massen. Kein Schuß
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