Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Zurückgehen des Bataillons war Un-
teroffizier Saame, ein ausgezeichneter Soldat,
schwerverwundet liegengeblieben. Man mel-
dete dem Hauptmann von Rathenow, der ihn
ganz besonders schätzte, Saame habe nach
seinem Capitain gerufen und hinzugesetzt:
der werde schon sorgen, daß er nicht in Fein-
deshand falle oder verblute. »Freiwillige vor!«
rief Rathenow. Keiner meldete sich. Da eilte
Rathenow selbst auf den Kampfplatz zurück,
alsbald gefolgt vom Hauptmann von Bis-
marck. Sie fanden den sterbenden Kamera-
den und trugen ihn nach Le Rouvray zurück.
Jetzt vermißte Bismarck seinen Säbel, den er
zwischen den Toten hatte liegenlassen. Das
ging nicht; also nochmals zurück. Mit einer
leichten Schußwunde kam er davon; seinen
Säbel hatte er wieder.
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Das 24. Infanterieregiment
1815
Unser Regiment – damals noch unter seinem alten
Namen: 12. Reserve-Infanterieregiment – war am
8. Juli 1814 in die ihm zugewiesene Garnison Lu-
xemburg eingerückt. Major von Laurens, von seiner
Verwundung hergestellt, übernahm wieder das
Kommando. Nicht eben zum Vorteile des Regiments
wurden viele Rheinländer eingestellt, was sich jetzt,
nachdem sie aus »Muß-Preußen« längst zu loyalen
Alt-Preußen geworden sind, ohne besonderen Anstoß
sagen läßt. Sie wollten damals keine guten Preußen sein.
Die Reorganisation war nur erst oberflächlich been-
det, als eine kurze Meldung das Friedenswerk unter-
brach: »Napoleon zurück von Elba!« Also wieder
Krieg. Am 27. Mai 1815 verließ unser Regiment –
das seit dem 1. Mai letztgenannten Jahres den Na-
men 24. Infanterieregiment führte – Luxemburg und marschierte in die Niederlande hinein, um seine Stellung innerhalb der 1. Brigade des 1. Corps einzu-
nehmen. Die Stärke des Regiments belief sich, alles
in allem, auf etwa 2200 Mann, und zwar: 1. Bataillon
21 Offiziere und 717 Mann, 2. Bataillon 19 Offiziere
und 727 Mann, Füsilierbataillon 20 Offiziere und
694 Mann, Summa 60 Offiziere und 2138 Mann.
Die 1. Brigade, General von Steinmetz, bestand aus
dem brandenburgischen Infanterieregiment (Nr. 12)
und dem 24. Regiment und dem 1. westfälischen
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Landwehrregiment. Dazu das 6. Ulanenregiment und
eine Fußbatterie. Am 7. war Revue der Brigade,
am 8. Vorlesung der Kriegsartikel, am 9. kündigte
sich der Feind an, aber sein Erscheinen verzögerte
sich. Am 14. Aufstellung auf der großen Straße nach
Binche; am 15. fanden bereits einzelne Rencontres
statt. So kam der Tag von Ligny, der auch unserm
Regiment erhebliche Opfer auferlegte.
Ligny, 16. Juni
Napoleon stand bei Fleurus mit vier Corps: Grouchy,
Gérard, Vandamme und den Garden , Blücher eine
Meile weiter nördlich, hart links an der von Fleurus
auf die Chaussee Brüssel-Namur führenden Straße.
Er hatte nur drei Corps zur Hand; das vierte Corps
(Bülow) war noch zurück. Im Vertrauen auf die Un-
terstützung Wellingtons – die später, nach Lage der
Sache, ausbleiben mußte – nahm er die Schlacht an.
Diese hat man sich einigermaßen ähnlich vorzustel-
len wie die Schlacht bei Vionville: drei an einer
Chaussee liegende, stark besetzte Dörfer, gegen die
sich von Süden her drei Angriffskolonnen richten.
Was am 16. August 1870 die Dörfer Mars-la-Tour,
Vionville und Rezonville waren, das waren am
16. Juni 1815 die Dörfer St-Amand, Ligny und
Sombreffe. Gegen die rechten Hügeldörfer geschah
an beiden Tagen nichts Erhebliches; wie sich der
eine Tag bei Mars-la-Tour und Vionville entschied, so der andere bei St-Amand und Ligny.
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St-Amand, Ligny, Sombreffe – so folgten die Dörfer
einander von West nach Ost. Da wir mit Front gegen
Süden standen, von wo Napoleon angriff, so war St-Amand unser rechter, Sombreffe unser linker Flügel;
Ligny Zentrum.
St-Amand war durch das Zietensche, Ligny durch
das 2., Sombreffe durch das Thielemannsche Corps
besetzt.
Um zwei Uhr ging Napoleon vor. Vandamme, franzö-
sischer linker Flügel, gegen St-Amand, Gérard, Zent-
rum, gegen Ligny, Grouchy, französischer rechter
Flügel, gegen Sombreffe. Nach mehrstündigem Hin-
und Herschwanken entschied sich der Kampf da-
durch, daß Napoleon, die Garden zur Unterstützung
Gérards vorziehend, mit diesen unser Zentrum bei
Ligny durchbrach. Blücher, sich an die Spitze einiger
Kavallerieregimenter setzend, suchte die Schlacht
wieder herzustellen. Aber vergeblich. Geworfen, ent-
ging er nur wie durch ein Wunder der Gefangennah-
me.
Soviel über den
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