Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
fiel,

    369
    aber unter Trommelschall und Hurraruf stürzte man
    auf den Feind. Rechts weithin, immer ferner und fer-
    ner, antworteten andere Bataillone des Prinzen sowie
    der Division Horn und des Kleistschen Corps im wil-
    den Echo. Der überraschte Feind floh im wilden
    Durcheinander. Man fand neben den eingestürzten
    Balken der brennenden Häuser die kurz zuvor erst
    aufgesetzten Feldkessel. Einzelne Abteilungen such-
    ten sich hinter Hecken und Gartenmauern zu retten
    und schossen aus ihren Verstecken hervor. Aber zu
    ihrem Unheil. Sie wurden aufgespürt und über den
    Haufen gerannt. Der Mond ging auf und goß seine
    Streiflichter, gemischt mit denen des brennenden
    Dorfs, auf ein kurzes, aber wildes Handgemenge: der
    fliehende Feind, seines Weges unkundig, war ohne
    Wissen und Wollen in unsere Bataillone hineingera-
    ten. Eine Meile weit ging die Verfolgung.
    Nach diesem Tage (9. März) hatte man auf ein ra-
    sches Vorwärts gerechnet. Aber es unterblieb, und
    man ging bis in das Bivouac bei Athies zurück. Erst
    am 18. kam wieder Bewegung in den großen Heer-
    körper. Eine Woche später empfand jeder: nun geht
    es wirklich auf Paris, und am 19. standen die Spitzen unsrer Armeen angesichts der französischen Hauptstadt. Das Yorcksche Corps hatte beim Vormarsch
    die Tête gehabt, die ihm zukam, denn bei ihm war der eigentliche Ernst des Krieges.
    So kam der 30.

    370

    Schlacht vor Paris, 30. März
    Schon um sechs Uhr hörte man Kanonendonner von
    Pantin und Romainville her, und um zehn Uhr stand
    die Avantgarde des Yorckschen Corps in Höhe von Pantin. Eine feindliche, hinter der Meierei Le Rouvray
    stehende Batterie beherrschte die Straße, darauf wir
    anrückten, und unser Musketierbataillon Blücher
    wurde zur Unterstützung der Avantgarde vorgezo-
    gen. Im Laufschritt, um dem Kartätschfeuer der bei
    Le Rouvray feuernden Batterie möglichst zu entge-
    hen, ward eine eiserne, über den Ourcq-Kanal füh-
    rende Brücke passiert und Le Rouvray selbst von
    unserem Bataillon Blücher besetzt, während andre
    Bataillone in Pantin einrückten. Die feindliche Batte-
    rie ging zurück. Mit ihr verschiedene Bataillone, die
    bis dahin die Position gehalten hatten.
    In diesem Augenblick erhielt Major Blücher Befehl,
    dem sich zurückziehenden Feinde zu folgen. Aber
    dieser war minder erschüttert, als man diesseits er-
    wartet hatte, kam zum Stehen und empfing die
    Nachstürmenden mit mehreren Salven. Gleichzeitig
    eröffnete eine jenseit des Kanals aufgefahrene Batte-
    rie ihr Feuer gegen die Unsern, und so in Front und
    Flanke zusammengeschossen, blieben im Nu 210 von
    343 Mann. Fast zwei Drittel also waren tot oder ver-
    wundet. Der Rest, zurückeilend, suchte das schüt-
    zende Vorwerk (Meierei Le Rouvray) zu erreichen.
    Der Feind nach. Da rafften Hauptmann von Rathe-
    now und Lieutenant von Johnston ein paar Gruppen

    371
    Fliehender zusammen, warfen sich den Verfolgern
    entgegen und retteten dadurch die Meierei.2)
    Das andere Bataillon unseres Regiments, Major von
    Borcke, nahm nur mit einem Schützenzuge an den
    mehr nördlich sich hinziehenden Kämpfen teil und
    hatte geringe Verluste.
    Tags darauf, am 31. März, war »Einzug in Paris«.
    Linie und Landwehr blieben bekanntlich davon aus-
    geschlossen. Unsere Bataillone besetzten an diesem
    Tage die Barrièren de l'Étoile und du Bassin.
    Am 30. Mai Friedensschluß. Bald darauf Rückkehr
    der Truppen in die Heimat.

    1. Um diese Zeit fanden innerhalb des Yorck-
    schen Corps überhaupt Neuformationen statt,
    die großenteils durch die voraufgegangenen
    schweren Verluste bedingt waren. Auch die
    8. Brigade, und innerhalb derselben unser
    Regiment, wurde von diesem Wechsel der
    Dinge betroffen. Unser 1. Bataillon, mit dem
    Füsilierbataillon des brandenburgischen Infan-
    terieregiments kombiniert, kam unter den Be-
    fehl des Majors von Borcke, das 2. und
    3. Bataillon (ebenfalls kombiniert) unter das
    Kommando des Majors von Blücher. Wir be-
    gegnen deshalb in der Folge, und zwar bis zur
    Einnahme von Paris am 30. März 1814, im-
    mer nur den Bezeichnungen: Bataillon von

    372
    Borcke und Bataillon von Blücher. [Von den
    vier Stabsoffizieren, die das Regiment bei sei-
    ner Gründung gehabt hatte, waren zwei tot,
    zwei schwer verwundet: Major von der Goltz
    an der Katzbach, Major von Zepelin bei Hoch-
    kirch (4. September) gefallen; Major von Lau-
    rens bei Möckern, Major von Herrmann beim
    Rheinübergang durch Sturz vom Pferde bles-
    siert.]

    2. Bei dem

Weitere Kostenlose Bücher