Wanderungen durch die Mark Brandenburg
fiel,
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aber unter Trommelschall und Hurraruf stürzte man
auf den Feind. Rechts weithin, immer ferner und fer-
ner, antworteten andere Bataillone des Prinzen sowie
der Division Horn und des Kleistschen Corps im wil-
den Echo. Der überraschte Feind floh im wilden
Durcheinander. Man fand neben den eingestürzten
Balken der brennenden Häuser die kurz zuvor erst
aufgesetzten Feldkessel. Einzelne Abteilungen such-
ten sich hinter Hecken und Gartenmauern zu retten
und schossen aus ihren Verstecken hervor. Aber zu
ihrem Unheil. Sie wurden aufgespürt und über den
Haufen gerannt. Der Mond ging auf und goß seine
Streiflichter, gemischt mit denen des brennenden
Dorfs, auf ein kurzes, aber wildes Handgemenge: der
fliehende Feind, seines Weges unkundig, war ohne
Wissen und Wollen in unsere Bataillone hineingera-
ten. Eine Meile weit ging die Verfolgung.
Nach diesem Tage (9. März) hatte man auf ein ra-
sches Vorwärts gerechnet. Aber es unterblieb, und
man ging bis in das Bivouac bei Athies zurück. Erst
am 18. kam wieder Bewegung in den großen Heer-
körper. Eine Woche später empfand jeder: nun geht
es wirklich auf Paris, und am 19. standen die Spitzen unsrer Armeen angesichts der französischen Hauptstadt. Das Yorcksche Corps hatte beim Vormarsch
die Tête gehabt, die ihm zukam, denn bei ihm war der eigentliche Ernst des Krieges.
So kam der 30.
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Schlacht vor Paris, 30. März
Schon um sechs Uhr hörte man Kanonendonner von
Pantin und Romainville her, und um zehn Uhr stand
die Avantgarde des Yorckschen Corps in Höhe von Pantin. Eine feindliche, hinter der Meierei Le Rouvray
stehende Batterie beherrschte die Straße, darauf wir
anrückten, und unser Musketierbataillon Blücher
wurde zur Unterstützung der Avantgarde vorgezo-
gen. Im Laufschritt, um dem Kartätschfeuer der bei
Le Rouvray feuernden Batterie möglichst zu entge-
hen, ward eine eiserne, über den Ourcq-Kanal füh-
rende Brücke passiert und Le Rouvray selbst von
unserem Bataillon Blücher besetzt, während andre
Bataillone in Pantin einrückten. Die feindliche Batte-
rie ging zurück. Mit ihr verschiedene Bataillone, die
bis dahin die Position gehalten hatten.
In diesem Augenblick erhielt Major Blücher Befehl,
dem sich zurückziehenden Feinde zu folgen. Aber
dieser war minder erschüttert, als man diesseits er-
wartet hatte, kam zum Stehen und empfing die
Nachstürmenden mit mehreren Salven. Gleichzeitig
eröffnete eine jenseit des Kanals aufgefahrene Batte-
rie ihr Feuer gegen die Unsern, und so in Front und
Flanke zusammengeschossen, blieben im Nu 210 von
343 Mann. Fast zwei Drittel also waren tot oder ver-
wundet. Der Rest, zurückeilend, suchte das schüt-
zende Vorwerk (Meierei Le Rouvray) zu erreichen.
Der Feind nach. Da rafften Hauptmann von Rathe-
now und Lieutenant von Johnston ein paar Gruppen
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Fliehender zusammen, warfen sich den Verfolgern
entgegen und retteten dadurch die Meierei.2)
Das andere Bataillon unseres Regiments, Major von
Borcke, nahm nur mit einem Schützenzuge an den
mehr nördlich sich hinziehenden Kämpfen teil und
hatte geringe Verluste.
Tags darauf, am 31. März, war »Einzug in Paris«.
Linie und Landwehr blieben bekanntlich davon aus-
geschlossen. Unsere Bataillone besetzten an diesem
Tage die Barrièren de l'Étoile und du Bassin.
Am 30. Mai Friedensschluß. Bald darauf Rückkehr
der Truppen in die Heimat.
1. Um diese Zeit fanden innerhalb des Yorck-
schen Corps überhaupt Neuformationen statt,
die großenteils durch die voraufgegangenen
schweren Verluste bedingt waren. Auch die
8. Brigade, und innerhalb derselben unser
Regiment, wurde von diesem Wechsel der
Dinge betroffen. Unser 1. Bataillon, mit dem
Füsilierbataillon des brandenburgischen Infan-
terieregiments kombiniert, kam unter den Be-
fehl des Majors von Borcke, das 2. und
3. Bataillon (ebenfalls kombiniert) unter das
Kommando des Majors von Blücher. Wir be-
gegnen deshalb in der Folge, und zwar bis zur
Einnahme von Paris am 30. März 1814, im-
mer nur den Bezeichnungen: Bataillon von
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Borcke und Bataillon von Blücher. [Von den
vier Stabsoffizieren, die das Regiment bei sei-
ner Gründung gehabt hatte, waren zwei tot,
zwei schwer verwundet: Major von der Goltz
an der Katzbach, Major von Zepelin bei Hoch-
kirch (4. September) gefallen; Major von Lau-
rens bei Möckern, Major von Herrmann beim
Rheinübergang durch Sturz vom Pferde bles-
siert.]
2. Bei dem
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