Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Gesamtverlust, den unser Regiment an diesem
Tage erlitt, belief sich auf 14 Offiziere und 340 Mann, die zur Hälfte auf das 2. Bataillon entfielen.
Belle-Alliance, 18. Juni
Wie bei Ligny an tapferer Verteidigung, so nahm un-
ser Regiment bei Belle-Alliance an der siegreichen
Offensive teil, die die letzten Stunden dieses Tages
brachten. Es gehörte zu den Truppen, die recht ei-
gentlich die Schlacht entschieden. Ihr bloßes Er-
scheinen bedeutete den Sieg.
379
Es war etwa sechs Uhr. als die 1. Brigade von Stein-
metz auf dem Schlachtfelde eintraf. In diesem Mo-
ment waren die Engländer im Zurückweichen und
getrennt vom Bülowschen Corps.
Die 1. Brigade (und in ihr unser 24. Regiment) stellte
dadurch, daß sie zum Angriff vorging, den Feind warf
und die Engländer zu neuem Vorrücken veranlaßte,
die Verbindung wieder her und entschied auf diese Weise die Niederlage des französischen rechten Flü-
gels. Auf einer von einem französischen General-
stabsoffizier herrührenden Zeichenskizze finden wir
an einer Stelle, wo zwei Bataillone an der Spitze des heranziehenden Zietenschen Corps in den Plan ein-gezeichnet sind, zugleich die Worte: »Arrivée du
corps du général Zieten, qui decida la défaite de l'aile droite.« Diese »zwei Bataillone« sind die Musketiere
unseres 24. Regiments.
Der Feind wich, setzte sich aber noch einmal auf den
dominierenden Höhen südwestlich von Smohain. Un-
sere Musketierbataillone, unter Laurens' persönlicher
Führung, folgten. Sie hatten die französische Garde
gegenüber, die jetzt mit höchster Anstrengung unse-
re so gut wie vollzogne Vereinigung mit den Englän-
dern wieder zu lösen trachtete. Die diesseitige Tirail-
leurkette wurde verstärkt und wieder verstärkt, bis
zuletzt die halben Bataillone aufgelöst kämpften.
Alles umsonst. Der heftige Widerstand der alten Gar-
de brachte den Angriff ins Stocken; ein Wanken be-
gann, das ein Weichen zu werden drohte. In diesem
Augenblick trat Laurens, wie es in den Berichten
heißt, »mit seiner kräftigen Gegenwart« ein, schob
380
das Füsilierbataillon nach links, um dadurch Verbin-
dung mit dem rechten Flügel des 4. Corps zu gewin-
nen, nahm gleichzeitig die Soutiens der Musketierba-
taillone zusammen und führte sie, durch die Tirail-
leurschwärme hindurch, zu neuem Angriff vor. Im
Vorgehen wurde nach rechts hin Verbindung mit den
Bergschotten ge wonnen, die an dieser Stelle standen und kämpften. Vorwärts! Wohl erkannte man die
Gefahr, als es so gerad im Sturmschritt auf die alte
Garde losging (die noch dazu durch eine vorteilhafte
Stellung begünstigt war), aber siehe da, es gelang.
Der Feind wurde geworfen. Seit Beginn dieses An-
griffs war kaum eine halbe Stunde vergangen. Von
Position zu Position in den Kessel zurückgedrängt,
zog sich die Garde von Frichermont auf la Belle-
Alliance zu.
Der Nebel hatte sich inzwischen gänzlich geteilt.
Noch einmal sah man die feindliche Kavallerie anrü-
cken, jedoch bald halt- und kehrtmachen. Endlich
verschwanden die französischen Kolonnen hinter
Planchenoit.
Die prächtigste Sommernacht zog herauf, und ein
glänzender Vollmond beleuchtete das Schlachtfeld,
auf welchem die Engländer und Preußen nunmehr als
Sieger vereint ruhen durften.
Unser Regiment vereinigte sich bei La Haye-Sainte
und bezog daselbst ein Bivouac, dicht neben ihm
einige Bataillone Hochländer. Als man sich einiger-
maßen eingerichtet hatte, ließ Laurens die Haut-
boisten und Sänger vor die Mitte des Lagers treten
381
und zuerst »Nun danket alle Gott«, dann »Heil dir im
Siegerkranz« anstimmen. Als die Hochländer diese
Melodie hörten, die, wie bekannt, zugleich die der
englischen Nationalhymne ist, fühlten sie sich freudig
überrascht, fielen ein und sangen ihr »God save the
King« mit, indem sie mit tränenvollen Augen ihren
preußischen Waffengefährten in die Arme stürzten.
Dann wurde noch lang in die Nacht hinein gejubelt
und getanzt, obgleich der Boden von dem furchtba-
ren Regen der vorigen Nacht sehr aufgeweicht und
durch die Kavallerieattacken gräßlich durchknetet
war. Vierundzwanziger und Bergschotten im frohsten
Durcheinander.
Die Verluste des Regiments waren mit Rücksicht auf
das große Resultat gering zu nennen1): 137 Mann an
Toten und Verwundeten, die, wie bei Ligny, so auch
hier, größerenteils auf die beiden Musketierbataillone
entfielen.
1. So verhältnismäßig gering die Verluste
Weitere Kostenlose Bücher