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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Gesamtverlust, den unser Regiment an diesem
    Tage erlitt, belief sich auf 14 Offiziere und 340 Mann, die zur Hälfte auf das 2. Bataillon entfielen.

    Belle-Alliance, 18. Juni
    Wie bei Ligny an tapferer Verteidigung, so nahm un-
    ser Regiment bei Belle-Alliance an der siegreichen
    Offensive teil, die die letzten Stunden dieses Tages
    brachten. Es gehörte zu den Truppen, die recht ei-
    gentlich die Schlacht entschieden. Ihr bloßes Er-
    scheinen bedeutete den Sieg.

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    Es war etwa sechs Uhr. als die 1. Brigade von Stein-
    metz auf dem Schlachtfelde eintraf. In diesem Mo-
    ment waren die Engländer im Zurückweichen und
    getrennt vom Bülowschen Corps.
    Die 1. Brigade (und in ihr unser 24. Regiment) stellte
    dadurch, daß sie zum Angriff vorging, den Feind warf
    und die Engländer zu neuem Vorrücken veranlaßte,
    die Verbindung wieder her und entschied auf diese Weise die Niederlage des französischen rechten Flü-
    gels. Auf einer von einem französischen General-
    stabsoffizier herrührenden Zeichenskizze finden wir
    an einer Stelle, wo zwei Bataillone an der Spitze des heranziehenden Zietenschen Corps in den Plan ein-gezeichnet sind, zugleich die Worte: »Arrivée du
    corps du général Zieten, qui decida la défaite de l'aile droite.« Diese »zwei Bataillone« sind die Musketiere
    unseres 24. Regiments.
    Der Feind wich, setzte sich aber noch einmal auf den
    dominierenden Höhen südwestlich von Smohain. Un-
    sere Musketierbataillone, unter Laurens' persönlicher
    Führung, folgten. Sie hatten die französische Garde
    gegenüber, die jetzt mit höchster Anstrengung unse-
    re so gut wie vollzogne Vereinigung mit den Englän-
    dern wieder zu lösen trachtete. Die diesseitige Tirail-
    leurkette wurde verstärkt und wieder verstärkt, bis
    zuletzt die halben Bataillone aufgelöst kämpften.
    Alles umsonst. Der heftige Widerstand der alten Gar-
    de brachte den Angriff ins Stocken; ein Wanken be-
    gann, das ein Weichen zu werden drohte. In diesem
    Augenblick trat Laurens, wie es in den Berichten
    heißt, »mit seiner kräftigen Gegenwart« ein, schob

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    das Füsilierbataillon nach links, um dadurch Verbin-
    dung mit dem rechten Flügel des 4. Corps zu gewin-
    nen, nahm gleichzeitig die Soutiens der Musketierba-
    taillone zusammen und führte sie, durch die Tirail-
    leurschwärme hindurch, zu neuem Angriff vor. Im
    Vorgehen wurde nach rechts hin Verbindung mit den
    Bergschotten ge wonnen, die an dieser Stelle standen und kämpften. Vorwärts! Wohl erkannte man die
    Gefahr, als es so gerad im Sturmschritt auf die alte
    Garde losging (die noch dazu durch eine vorteilhafte
    Stellung begünstigt war), aber siehe da, es gelang.
    Der Feind wurde geworfen. Seit Beginn dieses An-
    griffs war kaum eine halbe Stunde vergangen. Von
    Position zu Position in den Kessel zurückgedrängt,
    zog sich die Garde von Frichermont auf la Belle-
    Alliance zu.
    Der Nebel hatte sich inzwischen gänzlich geteilt.
    Noch einmal sah man die feindliche Kavallerie anrü-
    cken, jedoch bald halt- und kehrtmachen. Endlich
    verschwanden die französischen Kolonnen hinter
    Planchenoit.
    Die prächtigste Sommernacht zog herauf, und ein
    glänzender Vollmond beleuchtete das Schlachtfeld,
    auf welchem die Engländer und Preußen nunmehr als
    Sieger vereint ruhen durften.
    Unser Regiment vereinigte sich bei La Haye-Sainte
    und bezog daselbst ein Bivouac, dicht neben ihm
    einige Bataillone Hochländer. Als man sich einiger-
    maßen eingerichtet hatte, ließ Laurens die Haut-
    boisten und Sänger vor die Mitte des Lagers treten

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    und zuerst »Nun danket alle Gott«, dann »Heil dir im
    Siegerkranz« anstimmen. Als die Hochländer diese
    Melodie hörten, die, wie bekannt, zugleich die der
    englischen Nationalhymne ist, fühlten sie sich freudig
    überrascht, fielen ein und sangen ihr »God save the
    King« mit, indem sie mit tränenvollen Augen ihren
    preußischen Waffengefährten in die Arme stürzten.
    Dann wurde noch lang in die Nacht hinein gejubelt
    und getanzt, obgleich der Boden von dem furchtba-
    ren Regen der vorigen Nacht sehr aufgeweicht und
    durch die Kavallerieattacken gräßlich durchknetet
    war. Vierundzwanziger und Bergschotten im frohsten
    Durcheinander.
    Die Verluste des Regiments waren mit Rücksicht auf
    das große Resultat gering zu nennen1): 137 Mann an
    Toten und Verwundeten, die, wie bei Ligny, so auch
    hier, größerenteils auf die beiden Musketierbataillone
    entfielen.

    1. So verhältnismäßig gering die Verluste

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