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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mehr. Die prustenden
    Pferde warfen den Schaum nach hinten, und Acker,
    Sand und Schonung – immer schattenhafter kamen
    und schwanden sie. Jetzt ein Steindamm, jetzt lange

    530
    Pappelreihen, und nun auch jener wärmere Luft-
    strom, der uns die Nähe menschlicher Wohnungen
    bedeutete. Noch eine Biegung, zwischen den Bäu-
    men hindurch schimmerte Licht, und – unser Wagen
    hielt.
    Eine halbe Stunde später, und der hohe Kamin sah
    uns im Halbzirkel um seine Flamme versammelt. Die
    Scheite, echte Kinder der Menzer Forst, brannten
    hoch auf, auf uns hernieder aber sahen die Ahnen
    des weitverzweigten Hauses: die Neales, die Oettin-
    ger und La Roche-Aymon, und zwischen ihnen das
    leuchtende Bild des »Saalfelder Prinzen«.
    Die Rede ging von alter und neuer Zeit. Märchenhaft
    verschwamm uns Jüngsterlebtes mit Längstvergan-
    genem, und während wir eben noch über den
    Rheinsberger See hinglitten und das Gekicher schö-
    ner Frauen zu hören glaubten, weitete sich plötzlich
    das stille Wasserbecken und bildete Strudel und
    Trichter, und der Hahn, der unten auf dem Grunde
    des Großen Stechlin sitzt, stieg herauf und krähte,
    seinen roten Kamm schüttelnd, über den See hin.
    Mitternacht war heran, die Scheite verglimmten, und
    nur ein Flackerschein spielte noch um die Bilder. Es
    war, als lächelten sie.

    531
    An Rhin und Dosse
    Das Wustrauer Luch

    Es schien das Abendrot
    Auf diese Sumpf gewordne Urwaldstätte,
    Wo ungestört das Leben mit dem Tod
    Jahrtausendlang gekämpfet um die Wette.
    Lenau

    Der Rhin, dessen Bekanntschaft wir in einem vorauf-
    gehenden Kapitel machten, nimmt auf der ersten
    Hälfte seines Weges seine Richtung von Nord nach
    Süd, bis er, nach Passierung des großen Ruppiner
    Sees, beinah plötzlich seinen Lauf ändert und,
    rechtwinklig weiterfließend, ziemlich genau die Süd-
    grenze der Grafschaft zieht. Auf dieser zweiten Hälfte
    seines Laufs, Richtung von Ost nach West, gedenken
    wir ihn in diesem und den nächsten Kapiteln zu be-
    gleiten, dabei weniger ihm selbst als seinen Dörfern
    unsre Aufmerksamkeit schenkend.
    Das erste unter diesen Dörfern ist Wustrau, das wir
    bereits kennen. Nicht aber kennen wir das gleichnamige Luch , das der Rhin hier, unmittelbar nach seinem Austritt aus dem See, auf Meilen hin bildet, und
    diesem »Wustrauer Luch« gilt nunmehr unsre heuti-
    ge Wandrung.

    532
    Wir beginnen sie vom Zentrum des Fehrbelliner
    Schlachtfeldes, von dem hoch gelegenen Hakenber-
    ger Kirchhofe aus und steigen, nach einem vorgängigen Überblick über die Torf- und Wiesenlandschaft,
    an die Rhinufer nieder. Kahnfahrten werden uns
    aushelfen, wo Wasser und Sumpf jede Fußwande-
    rung zur Unmöglichkeit machen. Unser nächstes Ziel
    aber ist eine zwischen den Dörfern Wustrau und
    Langen gelegene »Faktorei«, deren rotes Dach hell in
    der Sonne blitzt.
    Es war ein heißer Tag, und der blaue Himmel begann
    bereits kleine grauweiße Wölkchen zu zeigen, die nur
    verschwanden, um an anderer Stelle wiederzukeh-
    ren. Auf einem schmalen Damme, der wenig mehr
    als die Breite einer Wagenspur haben mochte, schrit-
    ten wir hin. Alles mahnt hier an Torf. Ein feiner,
    schnupftabakfarbener Staub durchdrang die Luft und
    selbst die Sträucher, die zwischen den Gräben und
    Torfpyramiden standen, sahen braun aus, als hätten
    sie sich gehorsamst in die Farben ihrer Herrschaft
    gekleidet. Das Ganze machte den Eindruck eines
    plötzlich ans Licht geförderten Bergwerks, und ehe
    zehn Minuten um waren, sahen wir aus wie die Vete-
    ranen einer Knappschaft.
    Wir mochten eine halbe Stunde gewandert sein, als
    wir bei der vorgenannten »Faktorei« mit dem roten
    Dache ankamen. Ich weiß nicht, ob diese Etablisse-
    ments, deren wohl zehn oder zwölf im Wustrauer
    und Linumschen Luche sein mögen, wirklich den
    Namen »Faktorei« führen oder ob sie sich noch im-
    mer mit der alten Bezeichnung Torfhütte behelfen 533
    müssen. Jedenfalls sind es Faktoreien und drückt dieses Wort am besten die Beschaffenheit einer solchen Luchkolonie aus.
    Die Faktorei, vor der wir uns jetzt befanden, lag wie
    auf einer Insel, die durch drei oder vier hier zusam-
    mentreffende Kanäle gebildet wurde. Sie bestand
    aus einem Wohnhaus, aus sich herumgruppierenden
    Stall- und Wirtschaftsgebäuden und endlich aus einer
    Reihe von Strohhütten, die sich, etwa zwanzig an der
    Zahl, an dem Hauptgraben entlangzogen. Nach
    flüchtiger Begrüßung des Obermanns schritten wir
    zunächst diesen Hütten zu.
    Sie bilden,

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