Wanderungen durch die Mark Brandenburg
geschehen! Allein, Ihr müßt auch nicht die
Rechnung ohne den Wirt machen, daß nicht die Kos-
ten den Nutzen übersteigen.«
Fromme : »Die Kosten werden den Nutzen gewiß
nicht übersteigen! Denn erstlich können Ihro Majes-
tät sicher darauf rechnen, daß achtzehnhundert Mor-
gen von dem See gewonnen werden; das wären
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sechsunddreißig Kolonisten, jeder zu funfzig Morgen.
Wird nun ein kleiner, leidlicher Zoll auf das Floßholz
gelegt und auf die Schiffe, die den neuen Kanal pas-
sieren, so wird das Kapital sich gut verzinsen.«
König : »Na! sagt es meinem Geheimden Rat Mi-
chaelis! Der Mann versteht's, und ich will Euch raten,
daß Ihr Euch an den Mann wenden sollt in allen Stü-
cken und wenn Ihr wißt, wo Kolonisten anzusetzen
sind. Ich verlange nicht gleich ganze Kolonien; son-
dern wenn's nur zwo oder drei Familien sind, so
könnt Ihr's immer mit dem Mann abmachen!«
Fromme : »Es soll geschehen, Ihro Majestät.«
König : »Kann ich hier nicht Wustrau liegen sehen?«
Fromme : »Ja, Ihro Majestät; hier rechts, das ist's.«
König : »Ist der General zu Hause?«
Fromme : »Ja!«
König : »Woher wißt Ihr das?«
Fromme : »Ihro Majestät, der Rittmeister von
L'Estocq liegt in meinem Dorf auf Grasung, und da
schickten der Herr General gestern einen Brief durch
den Reitknecht an ihn. Da erfuhr ich's.«
König : »Hat der General von Zieten auch bei der
Abgrabung des Luchs gewonnen?«
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Fromme : »O ja; die Meierei hier rechts hat er gebaut und eine Kuhmolkerei angelegt, welches er
nicht gekonnt hätte, wenn das Luch nicht abgegra-
ben wäre.«
König : »Das ist mir lieb! Wie heißt der Beamte zu Alten-Ruppin?«
Fromme : »Honig!«
König : »Wie lang ist er da?«
Fromme : »Seit Trinitatis.«
König : »Seit Trinitatis? Was ist er vorher gewesen?«
Fromme : »Canonicus.«
König : »Canonicus? Canonicus? Wie führt der Teufel zum Beamten den Canonicus?«
Fromme : »Ihro Majestät, er ist ein junger Mensch, der Geld hat und gern die Ehre haben will, Beamter
von Ihro Majestät zu sein.«
König : »Warum ist aber der alte nicht geblieben?«
Fromme : »Ist gestorben.«
König : »So hätte doch die Witwe das Amt behalten können.«
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Fromme : »Ist in Armut geraten!«
König : »Durch Frauenwirtschaft?«
Fromme : »Ihro Majestät verzeihen, sie wirtschaftete gut, allein die vielen Unglücksfälle haben sie zugrunde gerichtet; die können den besten Wirt zurückset-
zen. Ich selber habe vor zwei Jahren das Viehsterben
gehabt und habe keine Remission erhalten; ich kann
auch nicht wieder vorwärtskommen.«
König : »Mein Sohn, heut hab ich Schaden am linken Ohr, ich kann nicht gut hören.«
Fromme : »Das ist schon eben ein Unglück, daß der Geheimde Rat Michaelis den Schaden auch hat!«
(Nun blieb ich ein wenig vom Wagen zurück: ich
glaubte, Ihro Majestät würden die Antwort ungnädig
nehmen.)
König : »Na! Amtmann, vorwärts! Bleibt beim Wa-
gen, aber nehmt Euch in acht, daß Ihr nicht unglücklich seid. Sprecht nur laut, ich verstehe recht gut .«
(Diese mit kursiven Lettern gedruckten Worte wie-
derholten Ihro Majestät wenigstens zehnmal auf der
Reise.) »Sagt mir mal: wie heißt das Dorf da?
rechts.«
Fromme : »Langen.«
König : »Wem gehört's?«
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Fromme : »Ein Drittel Ihro Majestät, unter dem Am-te Alten-Ruppin; ein Drittel dem Herrn von Hagen;
und dann hat der Dom zu Berlin auch Untertanen
darin.«
König : »Ihr irrt Euch, der Dom zu Magdeburg!«
Fromme : »Ihro Majestät halten zu Gnaden, der
Dom zu Berlin.«
König ,: »Es ist aber nicht wahr, der Dom zu Berlin hat keine Untertanen.«
Fromme : »Ihro Majestät halten zu Gnaden, der
Dom zu Berlin hat in meinem Amtsdorfe Karwesee
drei Untertanen.«
König : »Ihr irrt Euch, das ist der Dom zu Magde-
burg.«
Fromme : »Ihro Majestät, ich müßte ein schlechter Beamter sein, wenn ich nicht wüßte, was in meinen
Amtsdörfern für Obrigkeiten sind.«
König : »Ja, dann habt Ihr recht! Sagt mir einmal: hier rechts muß ein Gut liegen, ich kann mich nicht
auf den Namen besinnen; nennt mir die Güter, die
hier rechts liegen.«
Fromme : »Buskow, Radensleben, Sommerfeld,
Beetz, Karwe.«
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König : »Recht! Karwe. Wem gehört das Gut?«
Fromme : »Dem Herrn von Knesebeck.«
König : »Ist er in Diensten gewesen?«
Fromme : »Ja! Lieutenant oder Fähnrich unter der
Garde.«
König : »Unter der Garde?« (An den Fingern zäh-
lend.) »Ihr
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