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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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hinbringen?«
    Fromme : »Weizen!«
    König : »Na! so bleibt beim Weizen! Eure Untertanen müssen recht gut im Stande sein?«
    Fromme : »Ja, Ihro Majestät! Ich kann aus dem Hy-
    pothekenbuche beweisen, daß sie an funfzigtausend
    Taler Kapital haben.«
    König : »Das ist gut!«
    Fromme : »Vor drei Jahren starb ein Bauer, der hat-te eilftausend Taler in der Bank.«
    König : »Wieviel?«
    Fromme : »Eilftausend Taler.«
    König : »So müßt Ihr sie auch immer erhalten!«
    Fromme : »Ja! es ist recht gut, Ihro Majestät, daß der Untertan Geld hat; aber er wird auch übermütig,
    wie die hiesigen Untertanen, welche mich schon sie-

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    benmal bei Ihro Majestät verklagt haben, um vom
    Hofedienst frei zu sein.«
    König : »Sie werden auch wohl Ursach dazu gehabt
    haben.«
    Fromme : »Sie werden gnädigst verzeihen: es ist
    eine Untersuchung gewesen und ist befunden, daß
    ich die Untertanen nicht gedrückt, sondern immer
    recht gehabt und sie nur zu ihrer Schuldigkeit an-
    gehalten habe! Dennoch bleibt die Sache, wie sie ist:
    die Bauern werden nicht bestraft; Ihro Majestät ge-
    ben den Untertanen immer recht, und der arme Be-
    amte muß unrecht haben!«
    König : »Ja! daß Ihr recht bekommt, mein Sohn, das glaub ich wohl: Ihr werdet Euerm Departementsrat
    brav viel Butter, Kapaunen und Puters schicken.«
    Fromme : »Nein, Ihro Majestät, das kann man nicht; das Getreide gilt nichts. Wenn man für andre Sachen
    nicht einen Groschen Geld einnähme, wovon sollte
    man die Pacht bezahlen?«
    König : »Wohin verkauft Ihr Eure Butter, Kapaunen und Puters?«
    Fromme : »Nach Berlin.«
    König : »Warum nicht nach Ruppin?«

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    Fromme : »Die mehrsten Bürger halten Kühe, soviel, als sie zu ihrem Aufwand brauchen! Der Soldat ißt
    alte Butter; der kann die frische nicht bezahlen!«
    König : »Was bekommt Ihr für die Butter in Berlin?«
    Fromme : »Vier Groschen für das Pfund. Der ruppi-
    nische Soldat aber kauft die alte Butter für zwei das
    Pfund.«
    König : »Aber Eure Kapaunen und Puter könnt Ihr
    doch nach Ruppin bringen?«
    Fromme : »Beim ganzen Regiment sind nur vier
    Stabsoffiziere, die gebrauchen nicht viel; und die
    Bürger leben nicht delikat; die danken Gott, wenn sie
    Schweinefleisch haben.«
    König : »Ja, da habt Ihr recht! Die Berliner essen gern was Delikates. – Na! macht mit den Untertanen, was Ihr wollt; nur drückt sie nicht!«
    Fromme : »Ihro Majestät, das wird mir nicht einfallen und keinem rechtschaffnen Beamten.«
    König : »Sagt mir einmal: wo liegt hier Stölln?«
    Fromme : »Stölln können Ihro Majestät nicht sehen.
    Die großen Berge dort links sind die Berge bei Stölln,
    auf welchen Ihro Majestät alle Kolonien übersehen
    können!«

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    König : »So? das ist gut! Dann reitet mit bis dahin.«
    Nun kamen Ihro Majestät an eine Menge Bauern,
    die Roggen mäheten, zwei Glieder machten, die
    Sensen strichen und Ihro Majestät so durchfahren
    ließen!
    König : »Was Teufel wollen die Leute? Die wollen
    wohl gar Geld von mir haben?«
    Fromme : »O nein, Ihro Majestät! Sie sind voll Freuden, daß Sie so gnädig sind und die hiesige Gegend
    bereisen.«
    König : »Ich werd ihnen auch nichts geben! Wie
    heißt das Dorf hier vorn?«
    Fromme : »Barsikow.«
    König : »Wem gehört's?«
    Fromme : »Dem Herrn von Mütschefall.«
    König : »Was ist das für ein Mütschefall?«
    Fromme : »Er ist Major gewesen unter dem Re-
    giment, das Ihro Majestät als Kronprinz gehabt ha-
    ben.«
    König : »Mein Gott! lebt er noch?«

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    Fromme : »Nein; er ist tot, die Tochter hat das
    Gut.«
    Nun kamen wir ins Dorf Barsikow, wo der Edelhof
    eingefallen ist.
    König : »Hört! Ist das der Edelhof?«
    Fromme : »Ja!«
    König : »Das sieht ja elend aus! – Hört einmal: den Leuten geht's hier wohl nicht gut?«
    Fromme : »Recht schlecht, Ihro Majestät! Es ist die größte Armut.«
    König : »Das ist mir leid! – Sagt mir doch: es wohnte hier vor diesem ein Landrat. Er hatte viel Kinder;
    könnt Ihr Euch nicht auf ihn besinnen?«
    Fromme : »Es wird der Landrat von Jürgaß zu Gan-
    zer gewesen sein.«
    König : »Ja, ja! der ist's gewesen. Ist er schon tot?«
    Fromme : »Ja, Ihro Majestät. Er ist 1771 gestorben, und es war was Besondres damit: in vierzehn Tagen
    starb er, seine Frau, die Fräulein und vier Söhne. Die
    andern vier Söhne mußten dieselbe Krankheit aus-
    stehen, die wie ein hitzig Fieber war, und obwohl die
    Söhne, weil sie in Diensten waren, in

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