Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Quitzow-Zeit,
und auch vorher und nachher, die von Fratz. Von der
Burg aus ging eine Leitung nach der Brücke des na-
hen Kränzliner Damms hinüber, und zwar ein Draht,
der jedesmal, wenn ein Wagen über die Brücke fuhr,
eine Alarmglocke innerhalb der Burg in Bewegung
setzte. Sowie diese Glocke anschlug, warf sich alles
zu Pferde und griff die Reisenden an. Auf die Klagen,
die seitens der so Beraubten bei dem regierenden
Grafen (der, wie wir wissen, in Alten-Ruppin residier-
te) anhängig gemacht wurden, drohte dieser dem
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Fratz, »er werd ihm die Burg anzünden, wenn er das
Unwesen weiter treibe«. Der Kränzliner Burgherr
schlug aber die Warnung in den Wind, mocht auch
wohl glauben, ein »Steinchen im Brette« zu haben.
Er irrte jedoch. Eines Tages, als der Fratz in Ruppin
war, schickte der Graf seine Leute hinaus, die die
Kränzliner Burg ersteigen und brechen mußten. Nach
einer andern Lesart hätte der Graf, verräterischer-
weise, den Fratz zu Gaste geladen und ihm schließ-
lich, vom Turme des Alt-Ruppiner Schlosses aus,
seine derweilen in Brand gesteckte Burg gezeigt.
Diese zweite Lesart ist aber neueren Datums und
wahrscheinlich erst entstanden, nachdem an der al-
ten Burgstelle Holzkohlen und abgebrannte Balken
entdeckt worden waren.
Die Familie Fratz besaß Anteile von Kränzlin bis ins
siebzehnte Jahrhundert hinein. Um diese Zeit waren
es fromme Leute, die zu ihrem Doktor Luther hielten
und Patenen und Abendmahlskelche schenkten. Ein
solcher ist der Kirche erhalten geblieben. Die In-
schrift desselben lautet: »Diesen Kelch hat Wolf
Fratz und seine Hausfrau Maria Riben zu Gottes Ehre
geben.« Dazu ein aufgelötetes Kruzifix und die Jah-
reszahl 1600. Vier Wappenbilder sind eingegraben:
ein Pfau, dazu W. F. (Wolf Fratz); ein Fisch oder eine
Otter, dazu M. R. (Maria Riben). Von den zwei an-
dern Wappen scheint eins das Zietensche zu sein. An
einigen Stellen des Kelches ist das Gold abgekratzt.
Ich hörte dabei, daß die Dorfbewohner, wenn einer
der Ihren schwer krank ist sich gern an den Prediger
wenden und etwas Gold vom Abendmahlskelch für
ihren Kranken erbitten. Sie mischen es dann in die
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Medizin und glauben fest, wenn noch etwas helfen
kann, so hilft das .
Das idyllisch gelegene, hinter Gartenbäumen anmu-
tig versteckte Predigerhaus zu Kränzlin war, von Jugend an, ein Lieblingsaufenthalt Schinkels. Seine
ältere Schwester Sophie war daselbst an den Predi-
ger Wagner verheiratet. In seinen Knabenjahren hat-
te Schinkel ein Giebelzimmer des Hauses ganz mit
Bildern ausgemalt. Aus dieser oder (nach Wolzogen)
aus einer etwas späteren Zeit stammt auch ein Spie-
gelportrait, das S. damals von sich selbst anfertigte.
Es ist in großen Umrissen, skizzenhaft, mit dem Blei-
stift entworfen; die schärferen Striche mit Tinte da-
zwischengezogen. Das Bildnis befindet sich jetzt im
Besitz Fräulein Rosa Wagners in Ruppin, einer Nichte
Schinkels. Es ist zugleich eine Erinnerung an die
Kränzliner Pfarre.
Bis Anfang der zwanziger Jahre pflegte Schinkel das
ihm teure Dorf alljährlich während der Sommermo-
nate zu besuchen.
Die Kirche, ein alter gotischer Bau mit hoher Schin-
delspitze, hat in den letzten Jahren eine Renovation
erfahren, die von den früheren Monumenten das
meiste entfernte1), dagegen in die Lage kam, neue
Gedenktafeln einfügen zu müssen.
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Beide Tafeln befinden sich in der Mitte der Kirche.
Die eine, bronzen und in gotischen Formen ausge-
führt, trägt folgende Inschrift: »Mit Gott für König
und Vaterland. Ernst Hermann Scherz, geboren den
8. September 1848 zu Kränzlin, Einjährig-Freiwilliger
im brandenburgischen Husarenregiment Nr. 3 (Zie-
ten-Husaren), fiel am 26. Dezember 1870 bei Olivet,
südlich Orléans.«
Die Inschrift der schwarzen Marmortafel gegenüber
lautet wie folgt: »Für König und Vaterland starb im
Kriege gegen Frankreich am 26. August 1870 zu Vi-
onville, infolge seiner in der Schlacht bei Mars-la-
Tour erhaltenen Verwundung, Rudolph Hartmann.
Einjährig-Freiwilliger im 4. brandenburgischen Infan-
terieregiment Nr. 24, im Alter von einundzwanzig
Jahren.«
Die lapidare Kürze der Inschriften verrät nichts von
dem Weh, das die Todesfälle dieser beiden Jünglinge
schufen. Beide zu Kränzlin geboren, beide gleichen
Alters, beide Einjährig-Freiwillige, standen sie im
selben Armeecorps gegen denselben Feind. Mit ihnen
waren dreiunddreißig andere Kränzliner in den
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