Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Lüderitz; 12. zu Segeletz,
dessen von Wuthenow; 13. zu Wildberg, dessen von
Woldeck, und noch viele mehr in der Nachbarschaft;
ja, man hat kein Dorf nennen können, da es nicht
gebrannt, wo nicht ganz, so doch halb, und was noch
nicht abgebrannt, das ist niedergerissen und doch
verbrannt worden.
Der Vorrat an Gersten ist alle vom Felde von den Soldaten weggerafft und ausgedreschet worden, so
daß der Landmann nichts davon gekriegt.
Der Roggen ist nicht wieder besäet worden, weshalb die Leute sich an das Kraut haben halten müssen,
was Krankheit und Tod verursacht hat.
Die Obstbäume sind ganz abgehauen worden, wel-
ches die armen Leute sehr beklagt haben; ebenso
auch die Weiden. Die Kirche ist sehr verwüstet worden. Da man fünf oder sechs Feuerstellen in ihr ge-
habt hat, ist kein Stuhl fest geblieben und kein Fens-
ter. Der Kirchboden ist ganz herausgerissen worden,
und der Seiger (die Uhr) ist auch ganz zunichte ge-
macht. Die Wellenwand um den Kirchhof ganz weg-
gebrannt, die Scheune abgebrochen; Summa, es
kann nicht beschrieben werden, wie kläglich es im
Dorfe Gottberg ausgesehen hat in diesem 1638sten
Jahr.
Es stand auch ein klein Eichhölzchen vor diesem Dorf, das auch ganz abgehauen. Die großen Eichen-741
bäume teils abgehauen, teils ganz abgekröpfet, so
daß kein Zweig daran geblieben.
In diesem Jahr ist das Volk armuthalber aus dem
Lande gelaufen, nach Hamburg und Lübeck, allwo sie
geblieben, sonderlich das junge Volk. Und weil die
Pest in diesem Jahre sehr grassieret und die Leute
wegen beständiger Kriegsgefahr in den Dörfern nicht
haben bleiben können, so ist der eine hier- und der
andre dorthin geflogen und ist der eine hier und der
andre dort gestorben. Man kann ausrechnen, daß
aus diesem Dorfe Gottberg, außer sechsundzwanzig
Personen, die hier am Orte starben, fünf in Wuster-
hausen und einunddreißig in Ruppin verstorben sind.
So die Aufzeichnungen in den beiden Kirchenbü-
chern, die, in ihrer ungeschmückten Wiedergabe von
Fakten und Zahlen, eines Eindrucks nicht verfehlen.
Es ist danach glaubhaft, daß, wie Bratring erzählt,
»das Land Ruppin während des Dreißigjährigen Krie-
ges mehr gelitten habe als irgendein anderer Teil der
Mark«.
1. Prediger Schinkel zu Barsikow, der den »Drei-
ßigjährigen Krieg«, soweit er die Grafschaft
berührte, zum Gegenstand eingehender Stu-
dien gemacht hat, schreibt über das Elend je-
ner Tage sehr richtig: »Die Verwüstungen wa-
ren nicht so sehr eine Folge der blutigen
Schlachten, die geschlagen wurden, als viel-
mehr das Resultat einerseits der Pest, andrer-
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seits der Armeeverpflegungsweise, die Wal-
lenstein eingeführt hatte. Von diesem rührte
bekanntlich der Grundsatz her, daß der Krieg
den Krieg ernähren müsse . Wallenstein selbst
war klug genug, um in Anwendung dieses
Satzes nicht weiter zu gehn als nötig; er trug
vielmehr Sorge, daß der Baum nicht ab-
gehauen würde , von dessen Früchten seine
Heere leben sollten; nur das Notwendige wur-
de genommen. So wenigstens war sein Wille.
War es aber schon ihm schwer, diesen Willen
durchzusetzen, so scheiterten seine Nachfol-
ger vollends damit, Personen, die zum Teil
zuwenig einsichtig waren, um auch nur diesen
Willen ernstlich hegen zu können. Wo ein
Heer sich lagerte, fiel es nieder wie ein Heu-
schreckenschwarm, und ob Freund oder
Feind, war gleichgültig.«
Kränzlin
Darum still
Füg ich mich, wie Gott es will.
Und soll ich den Tod erleiden,
Stirbt ein braver Reitersmann.
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Altes, eine halbe Meile von Neuruppin gelegenes Rit-
tergut, jetzt im Besitze der Familien Scherz und Zie-
ten.
Wie beinah alle Güter im Ruppinschen, bestand auch
Kränzlin aus einer ganzen Anzahl von Rittersitzen,
und in den Jahrzehnten, die dem Dreißigjährigen
Kriege vorausgingen, waren hier vier Familien ansäs-
sig: die von Leeste, von der Gröben, von Gühlen und
von Fratz.
Die letzteren kann man als die recht eigentliche
Kränzliner Familie bezeichnen. Schon 1327 werden
die von Fratz genannt, und sie sind es, an die die
alte Sage vom »Räuberberg bei Kränzlin« anknüpft,
die zunächst Feldmann in seinen schriftlichen Auf-
zeichnungen und nach ihm W. Schwartz in seinen
märkischen Sagen erzählt.
Danach lag eine kurze Strecke vor dem Dorfe, rechts
vom Ruppiner Weg, eine Burg, von der übrigens
noch zu Anfang dieses Jahrhunderts Wall und Graben
erkennbar waren. Hier hausten in der
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