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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Laubhöl-
    zern, endlich die Auswahl der letzteren in be-
    zug auf Wechsel in der Farbe des Laubes je
    nach der Jahreszeit – all das ist das Resultat
    eines geläuterten Geschmacks. Entworfen
    wurde das Ganze von dem verstorbenen Gar-
    tendirektor Meyer aus Berlin, ausgeführt aber
    von Alexander Gentz selbst, der im einzelnen
    auch zu kleinen Änderungen schritt. Ob zum
    Vorteil, stehe dahin. Der Park schließt ab mit
    einer Felsengrotte, zu der mächtige, bis zu
    fünfzig Fuß hohe Felsblöcke verwandt wur-
    den, um deren Wände sich dichter Efeu
    rankt.«

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    3. Die Turmknopf-Urkunde
    Das Niederschreiben einer für den Turmknopf be-
    stimmten Urkunde1), deren Vor- und Nachwort ich
    am Schluß des vorigen Kapitels bereits mitteilte, war
    es, was A. Gentz, nach vorläufigem Abschluß seiner
    Gentzroder Bautätigkeit, einen Winter lang beschäf-
    tigte. Wie mir nicht zweifelhaft ist, zu seiner beson-
    deren Befriedigung. Und eine solche Befriedigung zu
    fühlen, dazu war er, nicht nur aus menschlicher
    Schwachheit (er wollte den Ruppinern etwas anhän-
    gen), sondern auch ästhetisch und künstlerisch an-
    gesehen, vollkommen berechtigt. Ja, was er da nie-
    dergeschrieben hat, zum Teil in einem brillanten Stil,
    ist durchaus eine literarische Tat , und das bekannte, für die fachmäßige Schriftstellerwelt freilich nicht
    allzu schmeichelhafte Wort: »Ein Schriftsteller kann
    jeder sein, der was zu sagen hat«, empfängt aus
    diesen Alexander Gentzschen Aufzeichnungen eine
    neue Bestätigung. Eine literarische Tat, so sagte ich.
    Aber damit ist die Sache noch keineswegs erschöpft;
    der eigentliche Wert dieser Urkunde liegt in ihrer
    lokalhistorischen Bedeutung. Es wird darin ein kleines märkisches Städtebild aus der Mitte des Jahr-
    hunderts gegeben, ein Bild, wie's bis dahin nicht da
    war und auch auf lange hin mutmaßlich nicht wie-
    derkommen wird. Eingelebtsein in alle Verhältnisse,
    scharfe Beobachtung und große Klugheit vereinigten
    sich hier mit angeborner schriftstellerischer Bega-
    bung und ließen ein Werk entstehen, das nun für alle
    die, die dermaleinst märkische Kulturhistorie schreiben wollen, und ebenso für die märkische Novellistik

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    der Zukunft unschätzbar erscheint. Ein Mikrokosmus,
    wie er nicht schöner gedacht werden kann.
    Der ursprüngliche Zweck der Urkunde, »wie Gentz-
    rode ward und wuchs«, wird nie ganz aus dem Auge
    verloren, aber, wie sein eignes, vorzitiertes Schluß-
    wort es auch ausspricht, überall finden wir Exkurse,
    denen sich Portraitierungen gesellen, eine ganze Ga-
    lerie von kleinstädtischen Charakterköpfen.
    Und nun geb ich dem Verfasser selber das Wort, nur
    hier und da, beßren Verständnisses halber, eine kur-
    ze Bemerkung einfügend.
    »... Ich war nun also Mitglied des Magistratskollegi-
    ums, und damit scheint mir der Zeitpunkt da, mich
    über diese Körperschaft oder doch wenigstens die
    Hervorragendsten darin auszusprechen. Eh ich aber
    den einzelnen mich zuwende, muß ich noch meiner
    Einführung als solcher gedenken. Ich meinerseits
    war im Frack erschienen und unterwarf mich eben
    der herkömmlichen Begrüßungsanrede von seiten
    des Bürgermeisters, als ein älteres Mitglied den
    Sprechenden ohne weiteres unterbrach, um ihn dar-
    auf aufmerksam zu machen, ›daß zwei Kollegen oh-
    ne Frack erschienen seien, was gegen die Étiquette
    verstoße und zuvörderst gerügt werden müsse‹. Nun
    erst, nach erteilter Reprimande, konnte der Sprecher
    in seiner Anrede fortfahren.
    Wie sich denken läßt, war das Kollegium, dem ich
    von da ab angehörte, von sehr verschiedener Zu-
    sammensetzung. Da waren zunächst der Ratszim-

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    mermeister Söhnel, Kürschnermeister Emden und
    Buchbindermeister Siecke – gute, treffliche, wohlwol-
    lende Herren, der letztere, vielleicht weil er die Kir-
    chenverwaltung hatte, etwas zu zaghaft. Dann war
    da der Particulier Loof, eng überhaupt, am engsten
    aber in Geldsachen, zumal wenn es seinen eignen
    Beutel anging, in welchem Fall er sich, wo nützlich,
    noch konservativer erwies als in der Politik. Ein fünf-
    ter war Möbelfabrikant König. Er genoß des Vorzugs,
    die beste Ratsherrnfigur zu haben. Auch Kaufmann
    und Gutsbesitzer Windaus hätte gelten können,
    wenn er etwas besser auf dem Posten gewesen wä-
    re. Windaus hatte das Einquartierungswesen, kam
    aber Mobilmachung oder dergleichen, so zog er sich
    auf sein Gut Herzberg zurück und überließ das Nöti-
    ge seinen Deputierten. Particulier

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