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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wieder vor eine engere Wahl
    gestellt, in der abwechselnd der Baum von größerem
    Holzwert und der von prächtigerer Laubfärbung sei-
    nen Vorzug geltend machte. So wurden Kulturen
    hergestellt, die, schönheitlich den Schöpfungen des
    Fürsten Pückler an die Seite zu stellen, zugleich auch
    als rentabel anzusehen waren und diese Annahme
    rechtfertigten. Für 10 000 Taler Pflanzbäume konn-
    ten in wenigen Jahren aus diesen Anlagen verkauft
    werden, und Kontrakte wurden abgeschlossen, nach
    denen, von Gentzrode her, die Bäume zur Bepflan-
    zung der auf Berlin einmündenden Chausseen gelie-
    fert werden sollten. Es hatte sich nämlich herausge-
    stellt daß die auf dem leichten Boden der »Kahlen-
    berge« gewonnenen Pflanzbäume zu derartigen An-
    lagen vorzugsweise verwendbar waren.
    Soviel über die Waldkulturen , denen unausgesetzt ein großes Interesse gewidmet blieb. Indessen, so
    groß dasselbe war, so stellte sich doch in einer Art
    Gegensatz zu dem ursprünglichen Plan mehr und
    mehr heraus, daß, um das Ganze prosperieren zu
    lassen, auch das Landwirtschaftliche betont und mit Hülfe eines durch die Brennereiabgänge großzuzie-henden Viehstandes der Acker verbessert werden
    müsse. Dies durchzuführen, war es nötig, immer
    neue Menschen heranzuziehen, die, nachdem sie mal
    da waren, auch untergebracht werden mußten. Und
    so entstand in kürzester Frist eine ganze Straße von

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    Arbeiterwohnungen: einundzwanzig Familienhäuser,
    jedes einzelne zu vier Familien.
    Es konnte nicht ausbleiben, daß bei diesem bestän-
    digen Wachsen von Gentzrode das Interesse der Fa-
    milie ganz in dieser Lieblingsschöpfung aufging und
    schließlich dahin führte, wenigstens den Aufenthalt in
    Sommertagen »draußen« zur Hauptsache, den drin-
    nen in der Stadt zur Nebensache zu machen. Es war
    dies eine sehr glückliche Zeit, die zuletzt allseitig den Wunsch entstehen ließ, Gentzrode nicht bloß als Villeggiatur der Familie, sondern als Wohnsitz über-
    haupt anzusehen. Dazu war aber ein Hausbau ganz
    unerläßlich.
    Alexander Gentz selbst hat sehr anschaulich über
    diesen Zeitabschnitt, und wie sich schließlich die
    Notwendigkeit eines Wohnhauses herausstellte, be-
    richtet:
    »Durch eine Reihe von Jahren hin«, so schreibt er,
    »hatten wir uns mit der Stube des Inspektors be-
    gnügt und darin ein gelegentlich mehr als gemütli-
    ches Dasein geführt. Versuchte beispielsweise der
    Inspektor mit seiner schreienden Stimme Wirt-
    schaftsangelegenheiten zu behandeln, so war gewiß
    auch ein Torfmeister da, der mit seinen Berichten
    aus dem Luch dazwischenfuhr. Und damit nicht ge-
    nug. Das Mädchen kam klappernd mit den Tassen in
    die Stube, während meine Frau den Kaffeetisch ar-
    rangierte. Mäntel und Fußsäcke hingen zwischen
    Jagdgewehren und Tabakspfeifen, und die Wirt-
    schaftsmamsell kam mit einem Häckselkasten, darin

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    eben gelegte Eier lagen, oder mit ein paar Stücken
    Butter, die mit nach Ruppin wandern sollten. Und
    nun setzten wir uns an den Kaffeetisch, an dem alles
    herrschte, nur nicht Ruhe, denn entweder kamen
    Tagelöhner und Arbeiter, um die Schlüssel vom
    Schlüsselbrett zu holen, oder ein Polier oder Zim-
    mergeselle trat ein, um Nägel zu fordern oder ir-
    gendwas andres. Alles so primitiv wie möglich. Soviel
    Tassen, soviel Größen und Muster, und kamen dann
    mehrere von unsren Beamten und Angestellten und
    setzten sich mit an denselben Tisch, so wurde der
    Aufgußkaffee immer dünner, und der Kümmel, den
    wir in der Brennerei leidlich zu mischen verstanden,
    mußte aushelfen. Aber demungeachtet waren dies
    glückliche Stunden, und wenn Fremde mit uns he-
    rausgekommen waren, so wählten wir draußen einen
    Platz im Freien und nahmen abends unsre saure
    Milch unter einem Holunderbaum an windgeschützter
    Stelle. Die Kinder waren glücklich, und der Hang,
    dies Idyll zu ändern und mit einem prächtigen Bau
    zu vertauschen, war, vielleicht grade weil wir Gentz-
    rode so liebten, anfänglich höchst gering. Nach und
    nach stellte sich aber doch, und zwar nach aller Mei-
    nung, die Notwendigkeit heraus, diesen primitiven
    Zuständen ein Ende zu machen, und als ich in die
    Lage kam, einen großen, an der Landstraße sich hin-
    ziehenden Speicher bauen zu müssen, entschloß ich
    mich, diesem Speicher einen turmartigen Anbau zu geben, teils um das Straßenbild zu verbessern, teils
    um endlich einige präsentable Wohnräume zu gewin-
    nen. Und nach diesem Entschlusse wurde denn

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