Wanderungen durch die Mark Brandenburg
schon erwähnten Gar-
tensalon aus der Prittwitz-Zeit herrschte jene Tafel-
heiterkeit, an der das Herz des Fürsten hing und auf
deren Pflege und Hervorrufung er sich so wohl
verstand. Nun war das Mahl beendet, und Wirt und
Gäste traten auf die Veranda hinaus, die den Blick
hat auf Wiese und Park und Monument. Der alte
Fürst stand wie getroffen – das war der Park nicht
mehr, dessen großen Mittelgang er noch vor Tisch in
lebhaftem Geplauder durchschritten hatte. In der
Tat, der Park war während der Stunden des Diners
ein andrer geworden, ein solcher, wie er jetzt ist, wie er nach des Schwiegersohnes Ansicht werden mußte .
Eine Allee war verschwunden, und wo ein Elsbruch
war, war eine Parkwiese entstanden, an deren Aus-
gang das Wasser des Kanals blitzte. Der Fürst, im
ersten Augenblicke sichtlich unangenehm berührt,
war doch artiger Wirt und guter Schwiegervater ge-
nug, um gute Miene zum bösen Spiele zu machen,
und die jetzigen Besucher mögen sich des Einfalls
freuen. Wir aber entnehmen diesem kleinen Hergang
abermals das Faktum einer längeren oder kürzeren
Anwesenheit des Staatskanzlers auf seinem Neu-
Hardenberger Schlosse.
Gleichviel indes, wie selten oder wie häufig seine
Besuche stattfanden, jedenfalls war von Anfang an
seine Sorgfalt diesem neuen Besitze zugewandt, und
Schloß, Park, Kirche sind in ihrer jetzigen Gestalt
seine Schöpfung.
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Machen wir zuerst einen Rundgang durch die Zimmer
des Schlosses . Wir werden hier einer reichen Anzahl von Kunstschätzen begegnen, die der Aufmerksamkeit des Besuchers wert sind. Das Schloß erinnert
nach dieser Seite hin am meisten an Schloß Tegel,
welches letztere freilich den Vorrang behauptet. Viel-
leicht wäre dies anders, wenn Neu-Hardenberg alle
die Kunstschätze umschlösse, die es umschließen
müßte, wenn nicht eine großmütige Laune des
Staatskanzlers es darum gebracht hätte.
Es hat das folgenden Zusammenhang. Der Staats-
kanzler hatte bereits im Jahre 1804 – also lange be-
vor ihm die Herrschaft Neu-Hardenberg zufiel – das
im lebusischen Kreise gelegene Gut Tempelberg
käuflich an sich gebracht und daselbst ein Schloß
aufgeführt, das, zu anererbtem Hardenbergschen
Familienbesitz, auch noch jene Fülle von Kunstschät-
zen beherbergte, die der kunstliebende Fürst auf
seinen Wanderungen durch Europa an sich gebracht
hatte.1) Es war dies eine außerordentlich wertvolle
Sammlung. Das Beste derselben ging nach der
Schlacht bei Jena verloren. Davoust nämlich, auf
seinem Raub- und Siegeszuge durch die Mark, ließ
vier Wagen voll dieser Kunstschätze nach Paris
schaffen2), und als im Jahre 1814 die Rückgabe alles
dessen erfolgte, was Napoleon in zehn Siegesjahren
mit nach Paris geschleppt hatte, leistete der Fürst-
Staatskanzler auf die Rückforderung des ihm persön-
lich Genommenen Verzicht. Welche Gründe ihn dabei leiteten, ist nicht recht klar. Doch scheint es, daß er in jener vornehmen Feinfühligkeit, die ihm allerdings
eigen war, von seinen eigenen Ansprüchen absah,
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um die Wiedererstattung all dessen, was anderen
(auch dem Staate) genommen worden war, mit um
so mehr Nachdruck, weil mit größerer Unbefangen-
heit, betreiben zu können. So blieb denn der größte
Teil jener Kunstschätze, die einst die Säle von Schloß
Tempelberg geschmückt hatten, in Paris zurück, und
nur die von Davoust übersehenen Reste wurden
1814 von Tempelberg nach Neu-Hardenberg hin-
übergeschafft. Allerdings erfuhr diese Sammlung, bis
zum Tode des Staatskanzlers, durch einzelne Ankäu-
fe und Geschenke eine Erweiterung, aber immerhin
blieb sie nur ein Bruchstück der alten Herrlichkeit.
Wir schreiten nun dazu, diese Bruchstücke, zumal
Portraits und Bilder, in Augenschein zu nehmen.
Im Billardzimmer:
1. Alte Familienportraits des freiherrlichen Hauses
Hardenberg, bis zurück ins sechzehnte Jahrhundert.
Das älteste und deshalb interessanteste dieser Bilder
ist klein, nicht ganz handhoch und zeigt die Jahres-
zahl 1558. Es stellt dar: Eler Hardenberg, seines Al-
ters zweiundsechzig Jahr.
2. Portrait des Staatskanzlers; von dem französi-
schen Maler Quinzon. – Naglers Künstlerlexikon
bringt diesen Namen nicht, auch keinen ähnlich klin-
genden, so daß ich, hinsichtlich der Rechtschreibung,
nicht sicher bin.
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3. Portrait des Sohnes des Staatskanzlers, damals
etwa fünfzehn Jahr alt. Ein sehr hübsches Bild. –
Christian Heinrich August Graf von
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