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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ein

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    Hautrelief zu einer vollen, plastischen Figur verhält,
    steckt zu größerem Teil in der Kirchenwand drin und
    bildet eigentlich bloß eine Mausoleums front .
    Das Innere der Kirche – an den Berliner Dom erin-
    nernd und in der Tat um dieselbe Zeit aufge-
    führt (1817), in der Schinkel die Restaurierung des
    Domes leitete – ist hell, geräumig, lichtvoll, ein we-
    nig nüchtern. Das Ganze mehr ein Betsaal als ein
    Kirchenschiff. Eigentümlich ist der Altar. Hinter dem-
    selben, die Kirche chorartig schließend, erhebt sich
    eine hohe Nischenwand, deren halbkreisförmige Flä-
    che durch gemalte Säulen in fünf Felder geteilt wird.
    Aus dem Mittelfelde springt die Kanzel hervor, nach
    rechts und links hin von je zwei Feldern frankiert. In
    diesen befinden sich die Kolossalfiguren der vier E-
    vangelisten, und zwar Johannes und Lukas zur Lin-
    ken, Matthäus und Markus zur Rechten der Kanzel.
    Die Bilder sind von ungleichem Wert: Matthäus, Jo-
    hannes, Lukas lassen viel zu wünschen übrig; der
    Markus aber ist im ganzen genommen vorzüglich.
    Sie rühren von einem gewissen Bertini her, den der
    Staatskanzler – bekanntlich ein Mäzen der schönen
    Künste – nach Italien schickte, um diese Bilder nach
    den Vorbildern großer Meister zu fertigen. Trotz ihrer
    Mängel bilden alle vier einen Bilderschmuck, wie er
    derart in märkischen Dorfkirchen schwerlich zum zweiten Male gefunden wird.
    Der Altar der Kirche weist noch eine andere Sehens-
    würdigkeit auf: das Herz des Fürsten-Staatskanzlers.
    Auf einem Kissen ruht es, von einer Glasglocke um-

    1068
    schlossen. Der Schrein aber, der das Ganze birgt,
    trägt an seiner Außenseite folgende Strophe:
    Des Fürsten Herz , das liebend treu geschlagen
    Für seinen König und fürs Vaterland,
    Das – in den schweren, blut'gen Kampfestagen,
    Wo vielen auch die letzte Hoffnung schwand –,
    Durch Mut und Weisheit stark, in kühnem Wagen
    Des Vaterlandes Ruhm und Rettung fand
    Und, nach vollbrachtem Werk, gebaut dem heil'gen
    Worte
    Des Herrn den Tempel hier – das ruht an diesem Orte.
    Diese Strophe, die dem Andenken des Fürsten eine
    maßvolle und wohlverdiente Huldigung darbringt,
    böte eine schickliche Gelegenheit, wenigstens den
    Versuch einer Charakteristik zu wagen. Ich nehme
    aber Abstand davon. Was ich sagen könnte, ist oft
    gesagt; Neues, Schärferes, Zutreffenderes kann nur
    von denen erbracht werden, die im Vollbesitz des
    Materiales sind. Eine solche Charakteristik des Fürs-
    ten gehört der Zukunft an. Eines aber möge schon
    heute hier seinen Ausdruck finden, die Überzeugung,
    daß Hardenberg ein auserwählter Mann war, dem,
    nach dem Willen Gottes, die Aufgabe zufiel, die Ret-
    tung unseres Vaterlandes glücklich durchzuführen.
    Selbst seine Schwächen leisteten dieser Aufgabe
    Vorschub . Ein bloßer sans peur et sans reproche –
    etwa wie Stein oder Marwitz, zu denen wir freilich
    freudiger und gehobener aufblicken – hätte es mut-
    maßlich nicht vermocht. Der Fürst war kein sans re-1069
    proche, seine Fehler liegen klar zutage, und man
    braucht, wie einer seiner Biographen sich ausdrückt,
    »kein moralischer Herschel zu sein, um diese Fehler
    mühlos zu entdecken«. Aber diese Mischung von
    Edlem und minder Edlem, von Schlauheit und Offen-
    heit, von Nachgiebigkeit und Festigkeit, war genau
    das , was die Situation erheischte. Eigensinn und Prinzipienreiterei hätten uns verdorben. Sein Leben,
    Vorbild oder nicht, hat uns gerettet. Wie er selber in
    Bescheidenheit hinzusetzen würde: »durch die Gna-
    de Gottes «.

    1. Es war dies eine Fülle von Dingen. Vieles,
    namentlich Bilder und Stiche, hatte er in frü-
    heren Jahren in England gekauft andres rühr-
    te aus der Zeit seiner Ansbach-Bayreuther
    Verwaltung her. Es ist bekannt, mit welchem
    Eifer er die Archive jener Landesteile durch-
    forschen ließ; von allem nahm er Abschrift.
    Eins der wichtigsten Resultate dieser Untersu-
    chungen war die Auffindung der »Memoiren
    der Markgräfin von Bayreuth«. Ein feiner, lite-
    rarisch-ästhetischer Sinn, ein Sinn für das
    Sammeln historischer Erinnerungsstücke oder
    auch bloßer Kuriositäten, begleitete ihn
    durchs Leben. In sehr charakteristischer Wei-
    se zeigte sich dies im Jahre 1786, unmittelbar
    nach dem Tode Friedrichs des Großen, als er
    das in Braunschweig deponierte Testament
    des Königs nach Berlin brachte und sich als
    Belohnung lediglich eines der Windspiele des

    1070
    großen Königs erbat.

    2. Davoust

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