Wanderungen durch die Mark Brandenburg
die Gunst des
Moments zu nutzen. Graf Souches selbst lag tot auf
der Walstatt.
1456
Nur das Zentrum stand noch. Barfus erkannte die
volle Bedeutung des Augenblicks. Was der rechte
Hügel nicht mehr konnte, das konnte das Zentrum.
Nur noch das Zentrum. Die Aufgabe jenes war auf dieses übergegangen. Barfus rückte vor, und siegreich, wie vor Buda, stieg er die Höhen hinauf. Ein
rasendes Gemetzel begann. Was nicht in Stücke
gehauen wurde, warf sich in die Donau und ertrank.
Der Großvezier Köprülü, der Stolz und Abgott der
Türken, der Janitscharen-Aga, achtzehn Paschas,
funfzehn Torbaschis der Janitscharen und
20 000 Gemeine bedeckten das Schlachtfeld. Die
Heeresfahne des Großveziers von grüner Farbe mit
Gold, 145 Kanonen, die Kriegskasse, 10 000 Zelte
etc. waren erbeutet, und wohl mochte Markgraf
Ludwig berichten, »daß diese Schlacht die schärfste
und blutigste in diesem Säculo gewesen, maßen die
Türken wie verzweifelte Leut gefochten und mehr als
eine Stunde den Sieg in Händen gehabt hätten«. Der
Verlust des Christenheeres betrug 7300 Mann, dar-
unter 1000 Brandenburger.
Der Sieg bei Szlankamen, seiner allgemeinen Bedeu-
tung zu geschweigen, war auch von einer sonderli-
chen Bedeutung für das Haus Brandenburg. Markgraf
Ludwig schrieb an den Kurfürsten und drückte sich
über die Mitwirkung der brandenburgischen Hülfsvöl-
ker in folgenden Worten aus: »Ich kann Euer Kur-
fürstlichen Durchlaucht den außerordentlichen Valor
und das gute Benehmen von Dero Generallieutenant
Barfus sowie Ihrer braven Truppen nicht genug rüh-
men, und ihnen allein hat der Kaiser den Sieg und
die Vernichtung der Türken zu danken.«
1457
Eine ähnliche komplimentenreiche Sprache war zwar
damals an der Tagesordnung und verfolgte den leicht
begreiflichen Zweck, durch freigebig gespendetes
Lob die verschiedenen Reichsfürsten und ihre Trup-
penbefehlshaber bei guter Laune zu erhalten. Im
vorliegenden Fall indes drückten diese Worte mehr
als ein bloßes Kompliment und in der Tat eine wohl-
verdiente Anerkennung aus. Dies ergibt sich zum Teil
aus der Schlachtbeschreibung selbst, am meisten
aber aus der nachfolgenden, überaus gnädigen Hal-
tung des Wiener Hofes. Brandenburg, als es nach der
Königswürde zu streben begann, verabsäumte nicht,
auf seine siegreiche Mitwirkung am Tage von Szlan-
kamen immer wieder und wieder zurückzukommen,
und so mögen denn die Barfuse nicht ganz unrecht
haben, wenn sie später noch den stolzen Ausspruch
wagten: »ihr Ahnherr, Hans Albrecht, habe, auf dem
Felde von Szlankamen, die preußische Königskrone
mit erobern helfen«.
Im Jahre 1692 kehrte Barfus mit seinem Hülfscorps
nach Berlin zurück. Hier häuften sich jetzt die Ehren
auf seinem Haupt. Ohne hofmännische Schulung, ja
vielleicht selbst ohne den Ehrgeiz, sie haben zu wollen , trat er nichtsdestoweniger in das Parteigetriebe des Hofes ein. Was eigenes Verdienst ihm nicht erwarb, erwarb ihm die Coterie, der er angehörte. »Ei-
ne Hand wusch die andere« wie nicht zum zweiten-
mal in unserer Geschichte. Er hielt sich von Anfang
an zur »Fraktion Dohna-Dönhoff«, und es gereicht
ihm zur Ehre, in einer Zeit voll zynisch egoistischen
Undanks in Treue bei der einmal erwählten Partei
ausgehalten zu haben. Es kam freilich hinzu, daß er
1458
seit 1693 mit Gräfin Eleonore von Dönhoff vermählt
und dadurch an die Interessen dieser Familie gefes-
selt war. 1695, ohne daß inzwischen neue Kriegsta-
ten ihm neuen Kriegsruhm erworben hätten, ward er
Feldmarschall-Lieutenant und das Jahr darauf Feld-
marschall . Wie sein Rang und sein Ansehen, so
wuchs sein Vermögen. Er erstand die Quittainen-
schen Güter in Ostpreußen, die bis dahin dem Feld-
marschall Derfflinger gehört hatten, und endlich auch
»Schloß Kossenblatt an der Spree«, seinen Lieb-
lingsbesitz, von dem wir in dem nächsten Kapitel
ausführlicher zu sprechen haben werden.
Aber erst das Jahr 1697 bezeichnet den Höhenpunkt
seines Ruhms. Im November dieses Jahres ward E-
berhard von Danckelmann, der bis dahin allmächtig
geglaubte Minister, durch die Dohna-Dönhoffsche
Fraktion gestürzt, und unserem Hans Albrecht fiel
der Gewinn eines Spieles zu, daran sein persönlicher
Einsatz, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein nur gerin-
ger gewesen war. Seine Hand war zu schwer zur
Einfädelung einer Intrigue. Er gab das Gewicht sei-
nes Namens her und ließ dann die andern
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