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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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machen.
    Danckelmann war gestürzt, und Barfus übernahm die
    Leitung der Geschäfte. War es doch eine Zeit, in der
    sich jeder zu jedem fähig glaubte, wenigstens bei
    Hofe. Das bekannte Wort Oxenstiernas wurde wahr
    an jedem neuen Tag, und was als das Erstaunlichste
    gelten mag: die Dinge gingen auch so, gingen zum
    Teil sogar gut .

    1459
    Barfus war Premierminister, noch richtiger Univer-
    sal minister. Er war alles, er tat alles. Auswärtiges, Finanzen, Krieg – jegliches fiel ihm zu. Dazu war er
    Gouverneur von Berlin, Kommandeur der Garde,
    Landeshauptmann der Grafschaft Ruppin, und soviel
    Stellen sich ihm auftaten, soviel Quellen flossen in
    seinen Schatz. Er wurde sehr reich. Als Gouverneur
    von Berlin bezog er ein palastartiges Gebäude, das
    vor ihm der Obermarschall von Grumbkow (der Vater
    des bekannten) besessen hatte. Barfus ließ es um-
    bauen, erweitern und einen Garten nach der Spree
    hin anlegen. Es ist dies dasselbe Gebäude, das wir
    jetzt als »Stadtvogtei« kennen und das, als solches,
    eine so hervorragende, wenn auch freilich wenig po-
    etische Rolle in unserer Stadt- und Staatsgeschichte
    gespielt hat.
    Hans Albrecht war Universal minister, aber er war es nur durch Zulassung und nicht durch eigne Kraft. Die Dohna-Dönhoffs schoben ihn einfach vor, um nicht in
    die durch Danckelmanns Sturz entstandene Günst-
    lingslücke einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren
    Günstling einrücken zu sehn, und unserem Barfus
    fiel es lediglich zu, durch sein bloßes Dasein den Satz zu predigen: Wo ich bin, kann kein anderer sein.
    Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kur-
    fürst, was immer seine Schwächen sein mochten,
    war aus zu feiner Schulung, um an der Haltung eines
    alten Campagnesoldaten, der nicht einmal franzö-
    sisch sprach, auf die Dauer ein Genüge finden zu
    können. Und die Einführung einer Perückensteuer , wodurch Hans Albrecht den Sitten und Finanzen des

    1460
    Landes gleichmäßig aufzuhelfen trachtete, bezeigte
    sich schließlich als der allerschlechteste Weg, die
    schon schwankende Waage zu seinen Gunsten wie-
    derum sinken zu machen. Die neue Sonne: Kolbe-
    Wartenberg, stieg immer höher. Er begann den Ma-
    jordomus zu spielen, und der Danckelmannsche
    Hochmut erschien nun wie Leutseligkeit neben dem
    Ton des neuen Günstlings. Niemand wurde geschont,
    kaum die Königin, am wenigsten die alten Parteien
    des Hofes.
    Aber Barfus, der den Hof überhaupt wie ein Schlacht-
    feld nahm, war ein viel zu guter Soldat, um so ohne
    weiteres an Flucht oder Rückzug zu denken. Er hatte
    den türkischen Großvezier besiegt, warum nicht auch
    den Majordomus von Brandenburg? Die Königin, die
    Dohna-Dönhoffs dachten ähnlich, und so bereitete
    sich jene »große Liga von 1702« vor, die keinen an-
    deren Zweck verfolgte, als den tyrannischen Günst-
    ling zu beseitigen und das Barfussche Interregnum
    von 1697 bis 1699, die Zeit der vereinigten Ministe-rien und der Perückensteuer, wiederherzustellen.
    Aber Kolbe-Wartenberg war glücklicher, als es Dan-
    ckelmann vor ihm gewesen war. Vielleicht weil es die
    Liga in der Person versah, die sie mit Ausführung der
    Hauptrolle betraute. Diese Person war der Hofmar-
    schall von Wense. Graf Otto Dönhoff, als er von der
    Wahl dieses letztgenannten Herrn hörte, zuckte die
    Achseln und setzte gutgelaunt hinzu: »Wohlan denn,
    wir müssen dem Glück einen Ochsen opfern!« Er
    hatte recht gehabt. Nur blieb es nicht bei dem einen Opfer. Alle traf die Ungnade des Königs, und wäh-1461
    rend der Hofmarschall von Wense den Hof mit der
    Festung Küstrin vertauschte, wurde der Rest vom
    Hofe verbannt: die Dohnas, die Dönhoffs und auch
    Barfus.
    Dies war des letzteren letzte Aktion – kein Ruhmes-
    tag von Szlankamen. Der Hof war nicht sein Feld.
    Trösten mocht es ihn, daß auch Gewandtere unterle-
    gen hatten. Unser Feldmarschall aber ging nach
    »Kossenblatt«, wo inzwischen, auf einer Spreeinsel,
    der Frontbau eines Schlosses entstanden war. Mit
    sich nahm er zu allem, was er sonst noch besaß, ein
    Jahrgehalt von 8000, nach Pöllnitz sogar von
    12 000 Talern. Aber er erfreute sich desselben nicht
    lange mehr. Am 27. Dezember 1704 beschloß er sein
    an Kämpfen und Wandlungen reiches Leben.
    In einem schlichten Anbau neben der Kossenblatter
    Kirche hat er seine letzte Ruhestatt gefunden.

    1. In der neueren preußischen Kriegsgeschichte
    bietet vielleicht nur Gneisenau ein ähnliches
    Beispiel verspäteten und dann sehr

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