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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gegründet worden war, es war jetzt wie
    mitgegründet für sie . Denn sie war auch verwaist, eine verwaiste Mutter, und der Tochter zu folgen der

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    einzige Wunsch noch, der ihr Herz erfüllte. Sie sehn-
    te sich nach Wiedervereinigung mit ihr, und als der
    Todesjahrestag gefeiert werden sollte, sagte sie:
    »Mir ist, als ob wir heut ihren Geburtstag feierten.
    Ich fühle mich fremd und allein hier und möchte sie
    doch nicht wiedersehn auf dieser armen Erde.«
    Von Aufgaben war ihr nur noch eine geblieben: Ausführung alles dessen, was der Tochter einst ein
    Wunsch gewesen. Und sie begann damit. Aber eh ein
    Jahr um war, unterbrach ein neuer Todesfall das e-
    ben erst Begonnene: die verwitwete Gräfin
    Schlabrendorf starb und hinterließ ihr, der Schwäge-
    rin, das Gröbener Erbe. Dies hätte nun unter Um-
    ständen eine Freude sein können, aber es entsprach
    wenig den Frau von Scharnhorstschen Ansprüchen
    und Neigungen, und von dem Augenblick an fast, wo
    sie das Erbe hatte, beschäftigte sie der Wunsch, es
    wieder los zu sein. Sie fühlte sich durch dasselbe
    nicht gefördert und gehoben, sondern nur beengt
    und gebunden in dem , was ihr einzig und allein noch in der Seele lag, und so kam sie zu dem Entschlusse,
    beide Güter zu verkaufen. Aber an wen? »Nur an
    einen Wohlhabenden«, so schrieb sie, »der meinen
    braven Leuten, wenn sie des Beistandes bedürftig
    sind, diesen Beistand auch leisten kann und leisten will – nur an einen wohlhabenden Mann von ehrenwerter und frommer Gesinnung will ich die Güter
    verkaufen, ohne Rücksicht auf einen höheren oder
    geringeren Preis.« Einen solchen Käufer glaubte sie
    schließlich in Herrn von Jagow-Rühstädt, Erbjäger-
    meister der Kurmark Brandenburg, gefunden zu ha-
    ben, der denn auch, nach längeren Unterhandlun-

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    gen, die beiden Güter für die Summe von
    120 000 Talern an sich brachte. Sie selbst erhob nur
    noch den Anspruch: in Gröben das Herrenhaus be-
    ziehen und es auf Lebenszeit als ihren Witwensitz
    ansehen zu dürfen. Diese Bedingung wurde gern
    erfüllt, und im Frühjahr 1860 erfolgte Frau von
    Scharnhorsts Übersiedlung aus dem Herrenhause zu
    Siethen in das zu Gröben. Es wurd ihr sehr schwer,
    dieser Umzug und Ortswechsel, und ich finde dar-
    über in einem mir vorliegenden Schwesternbriefe das
    Folgende: »Frau von S. ließ mich rufen, und wir wa-
    ren nun das letzte Mal in dem traulichen Siethner
    Herrenhause zusammen, in dem sie vierunddreißig
    Jahre lang in Segen gewirkt hatte. Sie war sehr
    ernst, las mit mir das zweiundvierzigste Hauptstück
    aus Thomas a Kempis' ›Nachfolge Christi‹ und rief
    dann ihre Leute herein, um sich von ihnen zu verab-
    schieden. Alles weinte. Danach erhob sie sich, sah
    sich noch einmal in den alten Räumen um und ging
    endlich, meine Hand ergreifend, mit mir nach dem
    Asylhause hinüber. Da legte sie sich nieder, und erst
    als sie wieder Fassung gewonnen hatte, fuhr sie nach
    Gröben, das nun, wider ihren Willen, ihr neues Heim
    geworden war.«
    In diesem lebte sie noch sieben Jahr, all jenen Auf-
    gaben hingegeben, die die schöne Hinterlassenschaft
    ihrer Tochter Johanna bildeten. An die Stelle des al-
    ten Fachwerkhauses in Siethen, das fünf Jahre lang
    und länger als Zufluchts- und Pflegestätte gedient
    hatte, trat ein massiver Neubau, der den Namen
    »Tabea-Haus« erhielt, auf dem Kirchhof ebenda-
    selbst entstand eine Grabkapelle nebst einer daran

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    anschließenden geräumigen Leichenhalle, vor allem
    aber wurd ein Kapital angesammelt und deponiert,
    aus dem, nach Ablauf einer bestimmten Frist, ein
    Pfarrhaus und eine selbständige Siethner Pfarre ge-
    gründet werden sollte. Die Durchführung all dieser
    Pläne bot ihr das, was ihr ein immer einsamer wer-
    dendes Leben überhaupt noch bieten konnte: den
    Trost und die Freude der Arbeit. Ebenso wuchs ihre
    Liebe zu den Kindern, deren Heiterkeit sie suchte,
    wie der Fröstelnde die Sonne sucht.
    Endlich aber war die Stunde da, nach der sie sich seit
    lange gesehnt. »Als ich von Siethen herüberkam und
    ihre Hand faßte, kannte sie mich nicht mehr; sie war
    ohne Bewußtsein. Der Geistliche las ihr, wie sie's in
    gesunden Tagen eigens gewollt hatte, Bibelsprüche
    vor, von denen sie den schönen Glauben unterhielt,
    daß dieselben auch ihren umnachteten Geist durch-
    dringen, ihr Herz erheben und Trost und Heil ihr
    spenden müßten. Und unter diesen schönsten und
    schlichtesten Litaneien schlief sie hinüber.«

    »An geistiger

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